Entscheidungsstichwort (Thema)
Vortrags- und Beweislast bei bestrittener Mängelbeseitigung, Temperaturüberschreitung als Mangel
Leitsatz (amtlich)
1. Die zum Betrieb eines Modegeschäftes vermieteten Räume müssen ein Raumklima und eine Innentemperatur der Mieträume aufweisen, die für den Betrieb eines solchen Geschäftes, in dem Mitarbeiter beschäftigt sind und Kunden Bekleidungsstücke auswählen und anprobieren, sowohl erforderlich als auch üblich sind. Hierzu gehört es, dass Raumtemperaturen von 26 °C nicht überschritten und 20 ° nicht unterschritten werden.
2. Steht fest, dass ein Mangel vorhanden war, der Vermieter behauptet, diesen beseitigt zu haben und der Mieter dies bestreitet, trifft den Vermieter die Vortrags- und Beweislast für die behauptete Beseitigung des Mangels. Der Mieter kann sich auf ein Bestreiten der Mangelbeseitigung beschränken und braucht dieses nur dann substantiieren, wenn auch der Vermieter die Mangelbeseitigung und ihren Erfolg mit Substanz vorträgt.
Verfahrensgang
LG Rostock (Urteil vom 16.06.2016; Aktenzeichen 100337/14 (1)) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 16.06.2016 abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 189.478,45 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zu weiteren Mietzahlungen.
Die Beklagte verband zunächst ein Mietvertrag vom 25/30.09.2003 mit den Eheleuten K. Diese veräußerten das Mietobjekt an die G. Die Klägerin erwarb das Mietobjekt von dieser und setzte aufgrund Eigentumsübergangs zum 01.06.2012 das Mietverhältnis fort. Bei Eintritt der Klägerin betrug die Miete 42.613,90 EUR monatlich, nach einer Mieterhöhung zum 01.12.2012 insgesamt 45.494,95 EUR monatlich. Laut Anlage K 3 waren hierin Betriebskostenvorauszahlungen für das Erdgeschoss von 1.764,00 EUR, für das 1. Obergeschoss 1.674,00 EUR und für das 2. Obergeschoss 432,00 EUR sowie die Umsatzsteuer enthalten.
Bereits bei Übernahme des Mietverhältnisses durch die Klägerin am 01.06.2012 minderte die Beklagte die Miete wegen fehlerhafter Funktionsfähigkeit der Be- und Entlüftungsanlage und damit verbundenen Temperaturüber- und -unterschreitungen. Die Klägerin nahm diese Minderungen jedenfalls für die Zeit von Juni bis November 2012 unbeanstandet hin. Die Funktionsfähigkeit der Klimaanlage war bereits Gegenstand in einem Rechtsstreit betreffend Gewährleistungsansprüche aus einem
Grundstückskaufvertrag der Eheleute K. mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der G., im Prozess 10 0 209/10 vor dem Landgericht Rostock, welcher durch Vergleich beendet wurde. Gegenstand war u.a. der Ersatz eines Schadens, der der dortigen Klägerin aufgrund einer Mietminderung der Beklagten wegen überhöhter und zu geringer Raumtemperaturen aufgrund einer fehlerhaften Klima-, Heiz*- und Be- und Entlüftungsanlage entstanden sei.
Die Klägerin führte in der Folgezeit nach Eigentumsübergang Arbeiten zur Herstellung der ordnungsgemäßen Funktion der Klimaanlage aus. Sie hat behauptet, diese Arbeiten seien im November 2012 abgeschlossen worden und die Klimaanlage habe zu dieser Zeit ordnungsgemäß funktioniert. Es seien nur noch Einstellungen vorzunehmen gewesen, die im Februar 2013 erledigt gewesen seien.
Die Beklagte zahlte:
- 01/201322.396,82 EUR
- 02/2013 bis 08/2013 monatlich 35.272,05 EUR
- 09/201331.117,59EUR
- 10/2013 16.439,41 EUR
- 11/201335.705,32 EUR
- 12/2013 bis 04/2014 monatlich 35.272,54 EUR
Die Nebenkostenabrechnung für 2012 ergab einen Guthabenbetrag von 10.025,21 EUR.
Die Klägerin hat vorgetragen, die Lüftungs- und Klimaanlage funktioniere ordnungsgemäß. Sämtliche Mängel an der Anlage, die der Sachverständige S. im Verfahren 10 0 209/10 aufgezeigt habe, seien beseitigt und seien dies auch bereits im Dezember 2012 gewesen.
Die Beklagte hat sich auf eine Minderung wegen fehlender bzw. fehlerhafter Funktionsweise der Be- und Entlüftungsanlagen berufen. Sie hat behauptet, die Mängelbeseitigungsarbeiten an der Lüftungs- und Klimaanlage seien erst im Februar 2013 beendet worden. Bereits im März 2013 sei es wieder zu Ausfällen gekommen.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. S. vom 12.02.2015, Ergänzungsgutachten vom 14.07.2015 und 03.12.2015.
Mit Urteil vom 16.06.2016 hat das Landgericht Rostock die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 189.478,45 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Wegen der weitergehenden erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen, der Darstellung der gestellten Parteianträge und der Entscheidungsgründe nimmt der Senat auf das angefochtene Urteil Bezug.
Die Beklagte begehrt mit ihrer Berufung weiterhin die Abweisung de...