Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Urteil vom 27.10.2003; Aktenzeichen 3 O 371/02) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27.10.2003 verkündete Urteil des LG Neubrandenburg, Az.: 3 O 371/02, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 82.461,15 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.1.2002 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von - der Höhe nach unstreitigen - 82.461,15 EUR nebst Zinsen aus den Unfallzusatzversicherungsverträgen Nr. 4753345 und 5325670 in Anspruch. Diese Verträge hatte der in der Nacht vom 29.9.2001 zum 30.9.2001 verstorbene Ehemann der Klägerin (nachfolgend: Versicherter) mit der Beklagten abgeschlossen und jeweils die Klägerin als Bezugsberechtigte für den Todesfall benannt. Nach § 3 Abs. 2d) der Vertragsbestandteil gewordenen Bedingungen für die Unfallzusatzversicherung sind Unfälle infolge von Geistes- oder Bewusstseinsstörungen ausgeschlossen, und zwar auch dann, wenn sie durch Trunkenheit verursacht worden sind. Die Leistungspflicht der Beklagten besteht jedoch, wenn solche Anfälle oder Störungen durch ein unter die Versicherung fallendes Unfallereignis hervorgerufen wurden.
Hinsichtlich des Sachverhaltes, der dem Ableben des Versicherten und seinem Auffinden zugrunde liegt, wird auf den Tatbestand des am 27.10.2003 verkündeten Urteils des LG Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Eine Leistungspflicht der Beklagten sei gem. § 3 Abs. 2d) der Bedingungen der Unfallzusatzversicherung ausgeschlosssen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme halte das LG es für erwiesen, dass der Versicherte wegen einer plötzlichen Miktionssynkope und der damit verbundenen Bewusstlosigkeit und nicht aus anderen Gründen nach hinten fallend auf den Hinterkopf stürzte und sodann ins Wasser geglitten sei. Infolge der durch den Sturz auf den Hinterkopf verursachten Hirnprellung und einer daraus resultierenden Bewusstseinseintrübung oder eines Bewusstseinsverlustes sei er ertrunken. Der Sachverständige Prof. Dr. L. habe ausgeführt, dass nach den festgestellten Umständen alles für eine Miktionssynkope als Ursache für den Tod des Versicherten durch Ertrinken spreche. Eine solche Miktionssynkope, eine plötzliche und kurzfristige Ohnmacht beim Wasserlassen bei voller Harnblase und nächtlichem Aufstehen infolge einer Kreislaufregulationsstörung, sei eine Bewusstseinsstörung i.S.v. § 3 Abs. 2d) der Bedingungen der Unfallzusatzversicherung. Das Vorliegen einer solchen Miktionssynkope habe der Sachverständige überzeugend aus folgenden - unstreitigen - Umständen geschlussfolgert: Die Harnblase des Versicherten wies bei der Obduktion mit 700 ml Urin einen extremen Füllungszustand auf. Bei Auffinden des Versicherten im Wasser war dessen Hose geöffnet und sein Glied befand sich außerhalb des geöffneten Hosenverschlusses. Bei der Obduktion der Leiche des Versicherten wurde u.a. an dessen Hinterkopf eine kräftige Unterblutung in den tiefen Abschnitten der Kopfschwarte festgestellt. Nach dem Ergebnis des Sektionsgutachtens ist der Versicherte ertrunken.
Ursache des Ertrinkens sei gewesen, dass der Versicherte beim Eintauchen in das Wasser orientierungs- bzw. bewusstlos war. Denn wäre dies nicht der Fall gewesen, hätte sich der 1.88 m große Versicherte bei einer Wassertiefe von lediglich 1,50 m nur hinzustellen brauchen, um deutlich aus dem Wasser zu ragen. Die Ursache für den Sturz auf den Hinterkopf sei schließlich nach allen festgestellten Umständen eine Miktionssynkope. Der Versicherte sei nach dem Schlafen beim bzw. unmittelbar im Zusammenhang mit dem Wasserlassen auf den Hinterkopf gestürzt. Es seien keine Verletzungen festgestellt worden, die auf eine Abwehrreaktion zum Abfangen des Sturzes schließen lassen würden. So spreche alles dafür, dass der Versicherte beim Sturz unfähig war zu reagieren, also bewusstlos war. Andere Ursachen für den Sturz seien nicht festgestellt worden.
Gegen das Urteil richtet sich die form- und fristgerechte Berufung der Klägerin. Sie meint wie bereits in der ersten Instanz, die Leistungspflicht der Beklagten sei nicht nach § 3 Abs. 2d) der Bedingungen der Unfallzusatzversicherung ausgeschlossen. Eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung des Versicherten habe nicht vorgelegen. Selbst wenn man annehmen würde, dem Unfall ginge eine Miktionssynkope voraus, rechtfertige dies nicht eine Verneinung der Leistungspflicht der Beklagten. Denn bloße vorübergehende Schwindelanfälle, die auf momentaner Überanstrengung oder Kreislaufbelastung beruhen, könnten nicht als Bewusstseinsstörungen angesehen werden.
Die Klägerin beantragt, nachdem sie den weiter gehenden Zinsantrag zurückgenommen hat,...