Leitsatz (amtlich)
1. Maßgeblich für die Beurteilung der unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung ist im Rahmen des § 133 Abs. 2 InsO nicht die Leistung des Schuldners für sich genommen, sondern der Inhalt des abgeschlossenen Vertrages. Somit kommt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nur in Betracht, wenn sich im Vertrag nicht ausgewogene Leistungen beider Parteien gegenüberstehen, der Schuldner also verpflichtet wird, mehr zu leisten, als er erhält.
2. In Abgrenzung zur Unentgeltlichkeit, die eine Vermögensaufgabe ohne Gegenleistung bedeutet, ist auch das zinslose Darlehen als entgeltliches Vertragsverhältnis zu qualifizieren.
Verfahrensgang
LG Schwerin (Urteil vom 15.09.2006; Aktenzeichen 1 O 69/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Schwerin vom 15.9.2006 (Az.: 1 O 69/06) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gegenstandswert der Berufung: 20.000 EUR.
Gründe
I. Der Kläger macht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter gegen die Beklagten einen Rückforderungsanspruch gem. § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO geltend. Er wurde nach Stellung eines Eigenantrages vom 30.10.2003 mit Beschluss vom 29.12.2003 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des B. S. (nachfolgend Schuldner) bestellt. Der Beklagte zu 1) ist der Sohn des Schuldners. Er gründete am 15.7.2002 die E. E. GmbH, bei der es sich um die Beklagte zu 2) handelt, welche zwischenzeitlich mehrfach umfirmierte.
Der Schuldner als Inhaber der Fa.E. E. S., beantragte im September 2002 ein Konsolidierungsdarlehen des Landesförderinstituts M.-V. über 200.000 EUR mit der Zweckbestimmung "Bezahlung von Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung", welches im Februar 2003 valutiert wurde. Zur Sicherung des Kredits hatte die Beklagte zu 2) eine Forderung auf Investitionszulage abgetreten.
Am 14.2.2003 überwies der Schuldner auf das Konto der Beklagten zu 2) von seinem Geschäftskonto 20.000 EUR. Auf dem Überweisungsträger wurde angegeben:
"Überweisung an D. S. Privateinlage zurück".
Mit Schreiben vom 20.10.2005 (K6) forderte der Kläger von dem Beklagten zu 1) unter Hinweis auf die Anfechtbarkeit des Geschäftes diese Zahlung zurück.
Der Kläger will die Beklagten als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen. Er meint, die Zahlung an die Beklagte zu 2) sei ohne Rechtsgrund erfolgt und stelle eine unentgeltliche Leistung dar. Der Beklagte zu 1) sei zudem zur Rückzahlung verpflichtet, da er als eine dem Schuldner nahestehende Person hafte.
Die Beklagten wandten ein, der Beklagte zu 1) habe mit dem Schuldner am 15.1.2003 einen Darlehensvertrag geschlossen, da dieser kurzfristig Mittel benötigt habe, um ausstehende Zahlungen zu begleichen. Der Beklagte zu 1) habe, um dem Schuldner das Darlehen gewähren zu können, seinerseits ein Gesellschaftsdarlehen von der Beklagten zu 2) erhalten, welches bis Ende Februar 2003 an diese zurückgezahlt werden sollte. Mit der im Streit stehenden Zahlung habe der Schuldner den Darlehensvertrag erfüllt.
Mit Urteil vom 15.9.2006 (1 O 69/06) wies das LG Schwerin die Klage ab. Nach Anhörung des Zeugen B. S. gelangte es zu der Überzeugung, dass dieser Rückzahlung des Darlehens habe verlangen können. Eine unentgeltliche Leistung des Schuldners i.S.d. § 134 InsO scheide daher aus. Für eine Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO fehle es an einer Benachteiligungsabsicht des Schuldners. In der Rückzahlung des Darlehens liege ein kongruentes Geschäft. Gegen die Beklagte zu 2) bestehe kein Anspruch, da sie nicht eine Leistung ohne Rechtsgrund erhalten habe. Vielmehr habe der Schuldner - wie vom Beklagten zu 1) bestimmt - für diesen in Erfüllung des Gesellschaftsdarlehensverhältnisses an die Beklagte zu 2) geleistet. Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhaltes und der Entscheidungsgründe nimmt der Senat auf das angefochtene Urteil Bezug.
Mit seiner Berufung greift der Kläger das Urteil in vollem Umfang an.
Zur Begründung trägt er vor, der Anfechtungsgrund nach § 133 Abs. 2 InsO habe selbst dann vorgelegen, wenn man das vom Kläger weiter bestrittene Darlehen annehme. Schon die Bezeichnung im Überweisungsträger spreche gegen ein solches Darlehen. In der Buchhaltung des Schuldners sei ein Zahlungseingang von 20.000 EUR als Privateinlage verbucht worden. Ein Zahlungseingang mit dem Zahlungsgrund "Darlehen" sei bei dem Schuldner nicht feststellbar. Unabhängig davon sei der Beklagte zu 1) durch die Zahlung vom 14.2.2003 von seiner ggü. der Beklagten zu 2) bestehenden Verbindlichkeit befreit worden und daher Anfechtungsschuldner. Er sei eine dem Schuldner nahestehende Person, der der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners bekannt gewesen sei.
Dem Schuldner habe im Zeitpunkt seiner Leistung die Zahlungsunfähigkeit gedroht. Ende Dezember 2002 hätten die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ca. 216.000 EUR, Ende Januar 2003 215.000 EUR betragen, das Konsolidierungsdarlehen sei aber nur für 200.000 EUR zugesagt worden. Der Schuldner habe im Januar 2003 bereits für drei Monate die Sozialversicherungsbeit...