Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstückskauf in seinen sichtbaren Grenzen
Leitsatz (amtlich)
1. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs erstreckt sich auch auf die Eintragungen im Bestandsverzeichnis, aus denen sich in Verbindung mit der dort in Bezug genommenen Katasterkarte ersehen lässt, auf welchen Teil der Erdoberfläche sich das Eigentum bezieht (Anschluss an BGH, Urt. v. 02.12.2005, V ZR 11/05, NJW-RR 2006, 662; BGH, Urt. v. 12.10.2012, V ZR 187/11, NJW-RR 2013, 789).
2. Grundsätzlich ist daher davon auszugehen, dass Kaufvertragsparteien, wenn sie das Grundstück nach dem Grundbuch bezeichnen, dieses mit dem sich aus dem Grundbuch und dem Liegenschaftskataster ersichtlichen Zuschnitt und Umfang übereignen wollen.
3. Anders ist es jedoch, wenn die Vertragsparteien das Grundstück so veräußern wollen, wie es sich ihnen nach seiner Umgrenzung in der Natur darstellt.
4. Von einer versehentlichen Falschbezeichnung ist in der Regel auszugehen, wenn ein Grundstück auf Grund einer Besichtigung des Objekts veräußert wird, bei der dem Erwerbsinteressenten auf Grund der tatsächlichen Situation klar vor Augen tritt, welche Flächen Teil des Nachbargrundstücks sind (Anschluss an BGH, Urt. v. 12.10.2012, V ZR 187/11, NJW-RR 2013, 789).
Verfahrensgang
LG Schwerin (Aktenzeichen 3 O 247/15) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 13.09.2017 - AZ.: 3 O 247/15 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1. des Tenors genannte Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem jeweiligen Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Herausgabe einer teilweise bebauten Grundstücksfläche, von welcher die Klägerin der Ansicht ist, dass sie deren Eigentümerin ist und welche die Beklagte nutzt.
Das Landgericht Schwerin hat mit Urteil vom 13.09.2017 die Klage abgewiesen. Wegen der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen und der Entscheidungsgründe nimmt der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf das Urteil Bezug.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter.
Das im Streit stehende Flurstück ... habe die Klägerin mit notariellem Kaufvertrag vom 27.05.2005 vom Insolvenzverwalter des damals im Grundbuch eingetragenen Eigentümers K.-H. Z., Rechtsanwalt W., erworben. Im Kaufvertrag sei die Anschrift der Flurstücke ... und ... der Flur ... mit ... in P. angegeben worden.
Die Grenzpunkte zwischen den Flurstücken ... und ... seien bis zur amtlichen Grenzfeststellung im Februar 2015 nicht sichtbar gewesen. Sie hätten verdeckt unter der Erde gelegen.
Da die Klägerin sich mit Bauabsichten getragen habe, habe sie eine Grenzfeststellung durchführen lassen. Der amtlich bestellte Vermesser H. habe im Grenztermin vom 28.04.2015 u.a. auch die Grenzpunkte zwischen den Flurstücken ... und ... festgestellt und diese in das Protokoll aufgenommen. Der Eigentümer des Flurstücks ..., R. Z., habe gegen diese Feststellungen keine Einwendungen erhoben. Der Vermesser habe dabei keine Grenzveränderungen vorgenommen, sondern lediglich die im Kataster vermerkten Grenzpunkte in der Natur aufgezeigt bzw. wieder sichtbar gemacht. Eine Veränderung im Kataster oder eine Neubezeichnung der Flurstücke sei nicht erfolgt. Die festgestellten Grenzpunkte stimmten auch mit den Eintragungen in alten Flurkarten überein.
Die Beklagte berufe sich für ihr Besitzrecht auf ein Mietverhältnis mit R. Z. Dieser habe ihr gegenüber behauptet, Eigentümer der streitgegenständlichen Fläche und damit zur Vermietung berechtigt zu sein. Er habe diese mit Kaufvertrag über die Flurstücke ... und ... mit K.-H. Z. 1999 erworben.
Weder enthielten der Kaufvertrag noch die Auflassung Hinweise darauf, dass diese Fläche mitveräußert worden wäre. Auch eine Eintragung im Grundbuch sei nicht erfolgt.
Im Verfahren 1 O 321/15 vor dem Landgericht Schwerin habe die Klägerin eine Klage auf Feststellung ihres Eigentums am Flurstück ... erhoben, welches dort das streitgegenständliche Flurstück im Rahmen einer von Herrn R. Z., also dem Vermieter, gegen sie erhobenen Besitzschutzklage dargestellt habe. Die Feststellungsklage sei in dem Verfahren mangels Rechtsschutzinteresse abgewiesen worden, weil unstreitig sei, dass die Klägerin Eigentümerin des Flurstücks 280 sei. Das Urteil sei in der Berufungsinstanz vom OLG Rostock bestätigt worden (AZ: 3 U 60/16). Gleichwohl basiere das angefochtene Urteil darauf, dass die Klägerin nicht Eigentümerin der streitbefangenen Fläche sei.
Unstreitig bestünden zwischen den Parteien keine Nutzungsvereinbarungen. Die Beklagte sei daher mit Schreiben vom 05.10.2015 zur Räumung aufgefordert worden, nachdem sie gegenüber der Klägerin ei...