Leitsatz (amtlich)

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde ist beim Beschwerdegericht einzureichen, sobald das Untergericht nach Durchführung des Abhilfeverfahrens durch Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss die Sache an das Beschwerdegericht abgegeben hat, wodurch das Ausgangsgericht damit nicht mehr befasst ist (Devolutiveffekt).

 

Normenkette

ZPO § 234 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, §§ 237, 569 Abs. 1 S. 1, § 572 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hechingen (Beschluss vom 25.01.2008; Aktenzeichen 1 O 208/07 i.V.m. 1 O 209/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des LG Hechingen vom 25.1.2008 - 1 O 208/07, wird als unzulässig verworfen.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist wird der Klägerin nicht gewährt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 13.255 EUR.

 

Gründe

1. Die Klägerin hatte gegen die Beklagten jeweils ein Mahnverfahren eingeleitet mit einem Gegenstandswert von 1.091.413,57 EUR. Nach Widerspruch der Beklagten ging die Klägerin ins streitige Verfahren lediglich mit einem Teilbetrag von 50.000 EUR und erwirkte beim LG Hechingen nach Verbindung der beiden Rechtsstreitigkeiten in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2007 gegen die beiden Beklagten als Gesamtschuldner ein Versäumnisurteil des selben Tages über die Hauptforderung von 50.000 EUR. Die Kosten des Rechtsstreits wurden den Beklagten auferlegt.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 13.11.2007 verlangte die Klägerin von den Beklagten die Erstattung von 19.292,52 EUR einschließlich der Verfahrensgebühren für die Mahnverfahren.

Der Rechtspfleger hat unter Hinweis darauf, dass die Kostengrundentscheidung im Versäumnisurteil nur die Kosten aus dem Wert des streitigen Verfahrens von 50.000 EUR erfasse, den Erstattungsbetrag entsprechend reduziert auf 6.067,52 EUR.

Diese Entscheidung wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 2.4.2008 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 14.4.2008, eingegangen beim LG am 17.4.2008, erhob dieser wegen der nicht berücksichtigten Verfahrensgebühren der Mahnverfahren sofortige Beschwerde.

Mit Vorlagebeschluss vom 23.5.2008 hat der Rechtspfleger dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und auf die Begründung des Kostenfestsetzungsbeschlusses verwiesen.

Nach Eingang beim OLG wurde der Klägerin mit Verfügung vom 11.6.2008 mitgeteilt, dass die sofortige Beschwerde verspätet am 17.4.2008 beim LG Hechingen eingegangen ist. Diese Verfügung wurde dem Klägervertreter am 12.6.2008 zugestellt. Am 30.6.2008 ging beim OLG ein Schriftsatz des Klägervertreters vom 26.6.2008 ein, mit dem zur Kenntnisnahme ein Schriftsatz des selben Tages an das LG Hechingen in Kopie (ohne Unterschrift) übersandt wurde. Durch diesen wurde beim LG Hechingen erneut sofortige Beschwerde eingelegt verbunden mit einem Wiedereinsetzungsgesuch wegen der Versäumung der Beschwerdefrist.

2.a) Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht fristgerecht eingelegt wurde (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff. ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG).

Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.1.2008 wurde dem Klägervertreter am 2.4.2008 zugestellt. Die sofortige Beschwerde ging am 17.4.2008 beim LG Hechingen ein, nachdem die zweiwöchige Notfrist des § 569 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO bereits am 16.4.2008 abgelaufen war.

b) Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Beschwerdeeinlegung ging beim OLG innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist nicht ein.

Mit Verfügung vom 11.6.2008, zugestellt am 12.6.2008, wurde der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, dass die sofortige Beschwerde verspätet am 17.4.2008 beim LG Hechingen eingegangen war. Mit Zugang der Verfügung war der Klägerin bzw. ihrem Bevollmächtigten bekannt, dass die fristgebundene Prozesshandlung versäumt war. Mit diesem Zeitpunkt begann die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist zu laufen und endete am 26.6.2008 (§ 234 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 234 Rz. 5 m.w.N.).

Ein Wiedereinsetzungsantrag wurde beim OLG nicht gestellt.

c) Die Einreichung des Wiedereinsetzungsgesuchs verbunden mit der erneuten Einlegung der sofortigen Beschwerde, dessen Eingang innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist dem Senat nicht bekannt ist, erfolgte nicht beim OLG, sondern beim LG Hechingen, bei dem eine Empfangszuständigkeit nicht mehr gegeben ist.

§ 237 ZPO regelt die Entscheidungszuständigkeit für das Wiedereinsetzungsgesuch, die von der Empfangszuständigkeit zu unterscheiden ist (Gehrlein in MünchKomm/ZPO, Band 1, §§ 1-510c, 3. Aufl. 2008, § 237 Rz. 2).

Die sofortige Beschwerde kann gem. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO sowohl bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird (Untergericht, iudex a quo), oder bei dem Beschwerdegericht (iudex ad quem) eingelegt werden (Empfangszuständigkeit). Letzteres darf jedoch nicht sofort selbst entsc...

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