Leitsatz (amtlich)
Für Personen, die auf Grund eines Europäischen Haftbefehles ausgeliefert sind, steht der Spezialitätsgrundsatz dem Erlass eines weiteren Haftbefehls wegen einer anderen Tat, deren Verfolgung der ersuchte Mitgliedstaat (noch) nicht zugestimmt hat, nicht entgegen. Überhaft darf aber wegen eines solchen Haftbefehls nicht angeordnet werden (§§ 83h Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 IRG).
Normenkette
IRG § 83h Abs. 1, 2 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Entscheidung vom 07.01.2015; Aktenzeichen 5 Qs 60/14) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Beschuldigten wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 7. Januar 2015
abgeändert.
Der Haftbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 21. Oktober 2014 wird
- im Fall 3. (Tat vom 1. April 2010) aufgehoben,
- im Übrigen außer Vollzug gesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird als unbegründet
verworfen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
I.
Mit seiner weiteren Beschwerde wendet sich der Beschuldigte gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 21. Oktober 2014. Er rügt insbesondere die Verletzung des Spezialitätsgrundsatzes.
Der Beschuldigte hat die Staatsangehörigkeit der Republik Moldau. Dazuhin ist er sehr wahrscheinlich rumänischer Staatsangehöriger, was er allerdings bestreitet. Er wurde am 18. September 2013 aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft Bamberg vom 13. August 2012 (2110 Js 19779/12), der Bezug nimmt auf den Haftbefehl des Amtsgerichts Bamberg vom 8. August 2012, und des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom 5. August 2013 (802 Js 17206/13), dem der Haftbefehl des Amtsgerichts Nürnberg vom 5. August 2013 zugrunde liegt, in Rumänien festgenommen. Mit dem Haftbefehl des Amtsgerichts Bamberg wurden dem Beschuldigten 13 im Zeitraum 13. Oktober 2011 bis 5. November 2011 begangene Verbrechen des schweren Bandendiebstahls, in demjenigen des Amtsgerichts Nürnberg zwei Verbrechen des schweren Bandendiebstahls zur Last gelegt. Das Berufungsgericht Iasi/Rumänien verfügte mit Strafurteil vom 30. September 2013 wegen der in den beiden Haftbefehlen genannten Diebstahlstaten die Übergabe des Beschuldigten an die deutschen Gerichte unter der Bedingung, dass der Spezialitätsgrundsatz einzuhalten sei. Der Beschuldigte hat seiner Auslieferung zugestimmt, jedoch auf die Beachtung des Spezialitätsgrundsatzes nicht verzichtet.
Am 8. Oktober 2013 wurde der Beschuldigte an Deutschland ausgeliefert und am folgenden Tag dem Haftrichter des Amtsgerichts Frankfurt am Main zur Eröffnung der Haftbefehle der Amtsgerichte Nürnberg und Bamberg sowie eines Haftbefehls des Amtsgerichts Stuttgart vom 9. März 2012, mit dem dem Beschuldigten weitere 19 vollendete und zwei versuchte Verbrechen des schweren Bandendiebstahls, begangen im Zeitraum 13. März 2010 bis 6. Oktober 2011, zur Last gelegt wurden, vorgeführt. Der Beschuldigte wurde aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Stuttgart in Untersuchungshaft genommen. Für die Haftbefehle der Amtsgerichte Nürnberg und Bamberg wurde Überhaft notiert. Nachdem der Haftbefehl des Amtsgerichts Stuttgart auf Antrag der Staatsanwaltschaft Stuttgart aufgehoben worden war, wurde ab dem 19. November 2013 Untersuchungshaft aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bamberg vollzogen. Am 15. April 2014 verurteilte das Amtsgericht Nürnberg den Beschuldigten wegen schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen - Taten die der Auslieferungsbewilligung zugrunde lagen - zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren acht Monaten. Diese Strafe verbüßt der Beschuldigte derzeit in der Justizvollzugsanstalt S.. Zwei Drittel der Strafe wird der Beschuldigte am 12. Mai 2016 verbüßt haben. Die Endstrafe ist auf den 2. August 2017 notiert.
Am 21. Oktober 2014 erließ das Amtsgericht Stuttgart gegen den Beschuldigten einen Haftbefehl, mit dem diesem zwei am 13./14. März 2010 bzw. 24./25. März 2010 begangene Verbrechen des schweren Bandendiebstahls sowie ein am 1. April 2010 begangenes versuchtes Verbrechen des schweren Bandendiebstahls zur Last gelegt werden. Am 18. November 2014 ordnete das Amtsgericht Stuttgart gemäß § 119 StPO Beschränkungen in der Untersuchungshaft an. Der Haftrichter des Amtsgerichts Bayreuth eröffnete dem Beschuldigten diesen Haftbefehl am 21. November 2014 und verkündete den Beschluss: "Der Haftbefehl bleibt aufrechterhalten. Untersuchungshaft wird angeordnet." Für den Haftbefehl vom 21. Oktober 2014 ist Überhaft notiert (§ 116b StPO).
Auf der Grundlage des Haftbefehls vom 21. Oktober 2014 hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart am 6. November 2014 einen Europäischen Haftbefehl erlassen. Sie betreibt das Verfahren zur Einholung der Zustimmung der Republik Rumänien zur Strafverfolgung wegen dieser Taten. Eine Erweiterung der Auslieferungsbewilligung liegt derzeit noch nicht vor.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 27. November 2014 legte der Beschuldigte Beschwerde gegen den Haftbefehl ein und rügte die Verletzung des Spezialitätsgrundsatzes. Diese Beschwerde verwarf das Landger...