Leitsatz (amtlich)
Kostenfestsetzung: Erteilt eine ausländische Partei einem ausländischen Verkehrsanwalt Mandat, ist dieser im Regelfall gehalten, einen inländischen Prozessbevollmächtigten am Sitz des Prozessgerichts zu beauftragen. Reisekosten des inländischen Prozessbevollmächtigten am "Dritten Ort" sind nicht erstattungsfähig.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1, § § 103 ff.; RVG-VV Nr. 3400
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 18.12.2008; Aktenzeichen 19 O 273/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin beim LG Stuttgart vom 18.12.2008, betreffend die Erstattung von Kosten des Streithelfers der Beklagten durch die Klägerin, dahin abgeändert, dass von der Klägerin an den Streithelfer der Beklagten auf Grund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des LG Stuttgart vom 14.3.2008 EUR 5222,08 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 18.8.2008 zu erstatten sind.
II. Die weitergehende Beschwerde der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten hat die Klägerin 9/10, der Beklagte 1/10 zu tragen.
Beschwerdewert: 2094,10 EUR.
Gründe
1. Im vorliegenden Rechtsstreit haben die Parteien über den Umfang von Werklohnansprüchen für die Erstellung eines Industriebaus gestritten. Der Streithelfer der Beklagten war von dieser mit Planungsarbeiten beauftragt gewesen. Der Rechtsstreit endete durch Urteil vom 14.3.2008, auf Grund dessen die Klägerin die Hälfte der Kosten des Streithelfers der Beklagten zu tragen hat. Für den Streithelfer waren Anwälte mit Sitz in Colmar als Verkehrsanwälte tätig, die ihrerseits Anwälte mit Sitz in Freiburg als Prozessbevollmächtigte beauftragten.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 14./18.8.2008 hat der Streithelfer seine Kosten wie folgt geltend gemacht: Kosten der Prozessbevollmächtigten in Höhe einer 1,3 Verfahrensgebühr und einer 1,2 Terminsgebühr jeweils aus einem Gegenstandswert von 400.000 EUR, sowie Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld für die Wahrnehmung von zwei Terminen beim LG Stuttgart i.H.v. insgesamt 369,04 EUR; außerdem Kosten des französischen Vertreters i.H.v. 2392 EUR und Übersetzungskosten i.H.v. 1427,16 EUR.
Die Rechtspflegerin hat die geltend gemachten Kosten in vollem Umfang in den Kostenausgleich einbezogen.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 22.12.2008 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 30.12.2008 sofortige Beschwerde eingelegt.
Mit ihrem Rechtsmittel wendet sie sich gegen die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des Hauptbevollmächtigten von Freiburg nach Stuttgart sowie der Kosten des Verkehrsanwalts und der Übersetzungskosten.
Der Streithelfer ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteivertreter Bezug genommen.
Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2. Die gem. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff. ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache nur geringen Erfolg, da die Rechtspflegerin im Wesentlichen zurecht und mit zutreffender Begründung die geltend gemachten Gebühren als erstattungsfähig angesehen hat.
a) Die Vergütung des ausländischen Verkehrsanwalts ist gem. §§ 91 Abs. 1, 103 Abs. 1 ZPO in Höhe der Gebühren eines deutschen Rechtsanwalts erstattungsfähig.
Die ausländische Partei darf nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2005, 1373) einem ausländischen Verkehrsanwalt Mandat erteilen, der seinerseits einen inländischen Hauptbevollmächtigten beauftragen kann. Der Entscheidung des BGH vom 8.3.2005 lag ein Beschluss des 8. Zivilsenats des OLG Stuttgart vom 20.4.2004 (8 W 234/03; veröffentlicht in NJW-RR 2004, 1581) zugrunde, in dem dieser, auch insoweit vom Rechtsbeschwerdegericht unbeanstandet, ausgeführt hat, dass es nach gefestigter Senatsrechtsprechung für eine ausländische Partei in einem Rechtsstreit vor einem deutschen Gericht regelmäßig als notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 anzuerkennen sei, dass sie sich in jeder Instanz der Unterstützung eines Verkehrsanwalts bedient, wobei sie die Wahl hat zwischen einem Anwalt im Ausland oder einem deutschen Anwalt (OLGReport 2008, 74; JurBüro 1981, 870; JurBüro 1984, 593; ähnlich z.B. OLG Hamburg MDR 2000, 664; OLG Dresden, JurBüro 1998, 144; vgl. auch Zöller/Herget ZPO, 27. Aufl. 2009, § 91 Rz. 13 "Ausländer"). Die Entscheidung des Senats vom 19.9.2002 (8 W 220/02 FamRZ 2003, 1400) steht hierzu nicht im Widerspruch, da auch mit dieser Entscheidung nicht in Frage gestellt wird, dass die ausländische Partei grundsätzlich berechtigt ist, einen in- oder ausländischen Verkehrsanwalt zu beauftragen. Eine Modifizierung der bisherigen Rechtsprechung erfolgte nur auf Grund des Wegfalls der Postulationsbeschränkungen auswärtiger Anwälte zum 1.1.2000 für den Fall, dass die Partei sogleich einen inländischen, nicht am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Recht...