Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 17.11.2021; Aktenzeichen 3 O 500/20) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17.11.2021, Az. 3 O 500/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Klagepartei verfolgt gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Fahrzeugs, das mit einem Dieselmotor ausgestattet ist.
Die Klagepartei erwarb am 02.02.2017 von einem Autohaus das streitgegenständliche Fahrzeug Opel Insignia 2.0 CDTI. Der Kaufpreis betrug 21.635 Euro, der Kilometerstand beim Kauf 25.007. Das Fahrzeug ist nach Euro 6 homologiert.
Das Fahrzeug über ein SCR-System, bei dem Abgas eine Harnstofflösung ("AdBlue") beigemischt wird, um den Ausstoß an Stickoxiden durch die damit ausgelösten chemischen Reaktionen zu reduzieren. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) beanstandete bei dem Fahrzeugtyp das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung und ordnete deren Entfernung gegenüber der A. O. AG an. Diese entwickelte ein Update der Motorsteuerung, das vom KBA mit Bescheid vom 21.02.2017 freigegeben und danach auch im Fahrzeug des Klägers aufgespielt wurde. Am 20.07.2021 veräußerte der Kläger das Fahrzeug mit einem Kilometerstand von 124.326 zum Preis von EUR 8.000,00 an ein Autohaus.
Die Klagepartei beantragt im Berufungsverfahren zuletzt: Schriftsatz vom 04.03.2024
I. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger einen Betrag in Höhe von 10.434,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
II. Hilfsweise wird beantragt die Beklagte zu verurteilen an den Kläger einen Betrag in Höhe von 15 % des damaligen Kaufpreises, mithin 3.245,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen
Die Beklagte beantragt,
Zurückweisung der Berufung.
II. Der Senat ist der einstimmigen Auffassung, dass die Berufung der Klagepartei gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen ist, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Weder besteht ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 826, 31, 831 BGB noch auf Ersatz des zuletzt nur noch geltend gemachten Differenzschadens auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 26.06.2023 (VIa ZR 335/21, juris) gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV besteht.
Das Landgericht hat zutreffend darauf aufgestellt, dass Ansprüche wegen der Verhaltensänderung seitens der Beklagten schon vor Erwerb der Klägerseite nicht in Betracht kommen.
Das Thermofenster selbst ist keine prüfstandsbezogene Abschalteinrichtung, da es auch im Realbetrieb zum Einsatz kommt; auf das Thermofenster kann daher nach st. Rspr. des BGH (z.B. BGH Urteil vom 28.10.2021 - III ZR 261/20 -) kein Anspruch aus § 826 BGB gestützt werden.
Die Beklagte hatte zum Zeitpunkt des Erwerbs der Klagepartei am 02.02.2017 jedenfalls bereits ihr Verhalten geändert.
Wegen des späten Erwerbszeitpunkts ist die Erwerbskausalität insgesamt zu verneinen.
1. Die Beklagte hat ausführlich dargestellt, dass sie am 15.12.2015, also noch vor Erwerb des Klägers, erstmals an die Öffentlichkeit getreten ist und angekündigt hat, an verbesserten Lösungen zur Wirksamkeit des Abgasreinigungssystems bei Euro 6-Dieselmotoren mit SCR-Technologie zu arbeiten, um bereits früh einen ersten Schritt in Richtung der (zum damaligen Zeitpunkt) zukünftigen RDE-Anforderungen zu machen. Die Beklagte kündigte bereits unter ausdrücklicher Bezugnahme u.a. auf den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp an, dass die Verbesserung sowohl bei der Produktion neuer Fahrzeuge als auch im Rahmen einer freiwilligen Service-Aktion in Form eines Software-Updates für bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge zur Anwendung kommen werde, um so die Fortschritte hinsichtlich der künftigen RDE-Richtlinien auch für Bestandsfahrzeuge nutzbar zu machen (Pressemitteilung der Beklagten vom 15. Dezember 2015, Anlage B-6).
Im Frühjahr 2016 stellte die Beklagte das Software-Update dem Kraftfahrt-Bundesamt zur Prüfung und Genehmigung vor. Dabei legte sie alle Informationen über die sog. Standard-Emissionsstrategien (BES) und zusätzlichen Emissionsstr...