Verfahrensgang
LG Ravensburg (Urteil vom 02.12.2021; Aktenzeichen 6 O 32/21) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 02.12.2021, Az. 6 O 32/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Klagepartei verfolgt gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Fahrzeugs, das mit einem Dieselmotor ausgestattet ist.
Die Klagepartei schloss am 24.05.2017 mit ... einen Kaufvertrag über das Fahrzeug Opel Zafira Tourer mit der Fahrzeugidentifikationsnummer W0L... zu einem Kaufpreis von 21.500,00 EUR. Bei Übergabe und Übereignung wies das Fahrzeug eine Laufleistung von 24.500 km auf. Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung betrug die Laufleistung 80.516 km, der aktuelle Kilometerstand beläuft sich auf 106.577. Das Fahrzeug ist nach Euro 6 homologiert.
Die Klagepartei beantragt im Berufungsverfahren zuletzt (siehe Schriftsatz vom 02.02.2024):
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 15.094,72 EUR sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 05.01.2021 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges Opel Zafira Tourer mit der Fahrzeugidentifikationsnummer W0L....
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 3.225,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
Zurückweisung der Berufung.
II. Der Senat ist der einstimmigen Auffassung, dass die Berufung der Klagepartei gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen ist, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
A. Der Klagepartei steht kein Anspruch aus §§ 826, 31, 831 BGB beziehungsweise § 823 Abs. 2 i.V.m. mit einem Schutzgesetz auf Zahlung des großen Schadensersatzes gegen die beklagte Motorenherstellerin ... zu.
1. Eine Haftung der Beklagten gem. §§ 826, 31 BGB kommt nicht in Betracht, da der Beklagten im maßgeblichen Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs kein sittenwidriges Verhalten (mehr) vorzuwerfen ist. Aufgrund der Verhaltensänderung seitens der Beklagten ist bei der bei der Bewertung eines Verhaltens als objektiv sittenwidrig gebotenen Gesamtschau zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erwerbs der Klagepartei nicht (mehr) von einem sittenwidrigen Verhalten auszugehen (vgl. BGH Urteil vom 30.07.2020 - VI ZR 5/20 -; Urteil vom 13.04.2021 - VI ZR 276/20 -; BGH Urteil vom 08.12.2020 - VI 244/20 -).
Die Beklagte hatte zum Zeitpunkt des Erwerbs der Klagepartei am 24.05.2017 jedenfalls bereits ihr Verhalten geändert..
Die Beklagte hat ausführlich dargestellt, dass sie am 15.12.2015, also noch vor Erwerb des Klägers, erstmals an die Öffentlichkeit getreten ist und angekündigt hat, an verbesserten Lösungen zur Wirksamkeit des Abgasreinigungssystems bei Euro 6-Dieselmotoren mit SCR-Technologie zu arbeiten, um bereits früh einen ersten Schritt in Richtung der (zum damaligen Zeitpunkt) zukünftigen RDE-Anforderungen zu machen. Die Beklagte kündigte bereits unter ausdrücklicher Bezugnahme u.a. auf den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp an, dass die Verbesserung sowohl bei der Produktion neuer Fahrzeuge als auch im Rahmen einer freiwilligen Service-Aktion in Form eines Software-Updates für bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge zur Anwendung kommen werde, um so die Fortschritte hinsichtlich der künftigen RDE-Richtlinien auch für Bestandsfahrzeuge nutzbar zu machen (Pressemitteilung der Beklagten vom 15. Dezember 2015, Anlagen B-5 bis B 7 und Anlage B 10).
Im Frühjahr 2016 stellte die Beklagte das Software-Update dem Kraftfahrt-Bundesamt zur Prüfung und Genehmigung vor (vgl. bereits Klageerwiderung, Rz. 32). Dabei legte sie alle Informationen über die sog. Standard-Emissionsstrategien (BES) und zusätzlichen Emissionsstrategien (AES) zur Überprüfung durch das Kraftfahrt-Bundesamt offen. In der Folge führte die Beklagte zusammen mit dem T. und dem Kraftfahrt-Bundesamt intensive Prüfungen des Software-Updates durch.
Ebenfalls im Frühjahr 2016 informierte die Beklagte sowohl das Händlernetz als auch erneut die Öffentlichkeit über die geplante und sich in der Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt befindliche Service...