Leitsatz (amtlich)

1. Auskunftsanspruch zur Vorbereitung einer güterrechtlichen Auseinandersetzung nach türkischem Recht.

2. Zur Verjährung des Genugtuungsanspruchs nach Art. 143 Abs. 2 + ZGB.

 

Normenkette

türkisches ZGB § 143; türkisches ZGB § 186

 

Verfahrensgang

AG Göppingen (Beschluss vom 30.05.2000; Aktenzeichen 2 F 289/00)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Göppingen – FamG – vom 30.5.2000 (2 F 289/00) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das AG hat der Antragstellerin zu Recht Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg verweigert (§ 114 ZPO).

1. Auskunftsstufenklage (Anträge Ziff. 1–5)

Die Parteien, beide türkische Staatsangehörige, sind seit 24.3.1995 rechtskräftig geschieden. Während der bestehenden Ehe hatte der Antragsgegner einen Lebensversicherungsvertrag bei der Volksfürsorge, 2 Bausparverträge bei der Landesbausparkasse sowie 3 Aussteuerversicherungen für die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder abgeschlossen. Die Parteien unterhielten ein gemeinsames Girokonto, auf dem ihre beiderseitigen Erwerbseinkünfte gutgeschrieben wurden und von dem die Prämienleistungen für die abgeschlossenen Versicherungen abgebucht wurden. Den Bausparverträgen flossen die vermögenswirksamen Leistungen von beiden Ehegatten zu. Die Antragstellerin verlangt mit der vorliegenden Klage, für die sie Prozesskostenhilfe begehrt, in der 1. Stufe Auskunft von ihrem geschiedenen Ehemann über den Bestand sämtlicher Verträge im Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages am 5.9.1994.

Bei dem von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch handelt es sich um einen Anspruch aus dem Güterrecht, da mit ihm Auskunft über während der Ehe der Parteien geschaffenes Vermögen verlangt wird. Die güterrechtlichen Wirkungen der (geschiedenen) Ehe der Parteien unterliegen gem. Art. 220 Abs. 3 S. 2, 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB dem gemeinsamen Heimatrecht, somit dem türkischen Recht. Dieses ist nicht nur für die Auseinandersetzung des Vermögens selbst, sondern auch für die vorausgehende Auskunftsverpflichtung der geschiedenen Ehegatten untereinander berufen (Palandt/Heldrich, 60. Aufl., Art. 15 EGBGB, Rz. 25).

Für die Ehe der Parteien galt der Güterstand der Gütertrennung (Art. 170 türk. ZGB), da sie eine anderweitige Vereinbarung nicht abgeschlossen hatten. Im Falle der Scheidung erhält jeder Ehegatte nach Art. 146 türk. ZGB sein persönliches Vermögen zurück. Hierzu gehört alles, was er in die Ehe eingebracht oder während der Ehe erworben hat. Während die Antragstellerin während der Ehe eine Wohnung in der Türkei zu Alleineigentum erworben hat, war Versicherungsnehmer der abgeschlossenen Kapital-Lebensversicherung und der Aussteuerversicherungen für die Kinder ausschließlich der Antragsgegner; ebenso war ausschließlich er Vertragspartner der mit der Bausparkasse abgeschlossenen Bausparverträge. Die hierdurch geschaffenen Vermögenswerte fallen in das Vermögen des Antragsgegners, da der Antragstellerin keine Ansprüche aus den abgeschlossenen Verträgen zustehen. Die beiden Bausparguthaben sowie die Ansprüche auf Auszahlung der Versicherungsleistungen unterliegen daher als alleiniges Vermögen des Antragsgegners bei der bestehenden Gütertrennung keiner güterrechtlichen Auseinandersetzung mit der Folge, dass der Antragsgegner hierüber auch nicht rechenschaftspflichtig ist.

Soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde rügt, es entspreche nicht der Billigkeit, wenn der Antragsgegner bei Beendigung der Ehe über ein wesentlich größeres Vermögen, welches auch mit ihren Erwerbseinkünften geschaffen worden sei, verfüge als sie, hat sie nicht dargetan, dass das auch insoweit anwendbare türkische Recht (vgl. OLG Hamm v. 14.4.1994 – 4 UF 109/93, FamRZ 1994, 1260) bei vorliegender Fallgestaltung ihr einen Ausgleichsanspruch zugestehen würde – vergleichbar der Rechtsprechung bei Anwendung deutschen Güterrechts zum Wegfall der Geschäftsgrundlage bei unbenannten (ehebedingten) Zuwendungen zwischen Ehegatten im Falle der Gütertrennung (BGH v. 27.1.1988 – IVb ZR 82/86, MDR 1988, 655 = FamRZ 1988, 482).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegen die Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch auch nicht nach Art. 186 Abs. 2 türk. ZGB vor. Eine Auskunftsverpflichtung des Antragsgegners nach dieser Vorschrift würde voraussetzen, dass ihm die Antragstellerin „die Verwaltung ihrer Güter übertragen hat”. Hiermit ist eine ausdrückliche Vermögensverwaltung gemeint, und nicht der Fall, dass die Eheleute von einem gemeinsamen Konto, auf das ihre Erwerbseinkünfte fließen und von dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, auch Beträge zur Vermögensbildung (hier: Lebensversicherungsvertrag und Bausparverträge) abzweigen. Der vom OLG Köln entschiedene Fall (OLG Köln v. 19.12.1997 – 19 U 143/97, OLGReport Köln 1998, 181 = FamRZ 1999, 298), auf den sich die Antragstellerin beruft, betrifft eine andere Fallgestaltung: In ...

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