Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatsachverständigen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Vortrag eines fachkundigen Auftragnehmers im Kostenfestsetzungsverfahren, er habe einen Privatsachverständigen beauftragt, um die Zulassung eines Bauteils zu klären, genügt nicht, um die Erforderlichkeit der Beauftragung und damit die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Privatsachverständigen zu begründen.

2. Die Kosten eines Privatsachverständigen, der in einem "zur Erörterung des weiteren Vorgehens" anberaumten Termin - neben dem gerichtlichen Sachverständigen - zugezogen wird, sind bei der gebotenen ex ante Betrachtung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung einer fachkundigen Partei nicht notwendig und damit nicht erstattungsfähig.

3. Die Kosten eines Privatsachverständigen, der zugezogen wird, um das Ergebnis eines zuvor beauftragten Privatsachverständigen derselben Partei zu überprüfen, sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, § 104

 

Verfahrensgang

LG Ellwangen (Beschluss vom 02.10.2017; Aktenzeichen 10 O 105/13)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Ellwangen (Jagst) vom 02.10.2017, Az. 10 O 105/13, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.654,82 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin wendet sich mit ihrer am 02.11.2017 per Fax eingegangenen Beschwerde gegen den ihr über ihren Prozessbevollmächtigten am 25.10.2017 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss vom 02.10.2017, in welchem geltend gemachten Kosten für zwei Privatgutachter nicht festgesetzt worden sind.

Am 12.11.2013 hatte die Klägerin ihre Klage wegen restlichem Werklohn aus einem VOB-Bauvertrag eingereicht. Am 20.02.2014 fand ein erster Verhandlungstermin statt, in dem ein Vergleich angeregt wurde. Mit Schriftsatz vom 30.05.2014 ließ die Klägerin zu einem Schriftsatz der Gegenseite Stellung nehmen und bezog sich hierbei auf ein dreiseitiges Schreiben eines von ihr hinzugezogenen Sachverständigen Jansen vom 26.05.2014, welches sie als Anlage K53 vorlegte.

Nach einem weiteren Verhandlungstermin wurde am 25.07.2014 ein Beweisbeschluss erlassen, der - entsprechend der Vereinbarung mit den Parteien während der vorangegangenen Verhandlung - die Einholung lediglich eines schriftlichen Kurzgutachtens anordnet (Bl. 148 d.A.). Nachdem dieses vorlag, hat die Klägerin Einwendungen erheben lassen und hierzu auf eine Rückfrage beim Hersteller verwiesen, die sie hat vorlegen lassen. Zudem hat sie dann mit Dipl. Ing. Walter einen anderen Privatgutachter beauftragt, das gerichtliche Kurzgutachten zu überprüfen. In der Folge ließ die Klägerin sodann eine Stellungnahme X vom 13.04.2015 (Bl. 238 d.A.) und eine solche des Sachverständigen Jansen vom 21.04.2015 (Anlage K 68) einreichen. In dem darauf folgenden Termin am 24.04.2015 wurde der gerichtlich bestellte Sachverständige Dipl. Ing. Lehner vernommen. Der Termin endete mit der Anordnung der Einholung eines ausführlichen schriftlichen Gutachtens nach Zahlung des zeitgleich angeforderten Auslagenvorschusses (Bl. 242 d.A.).

Nachdem der gerichtlich bestellte Sachverständige um rechtliche Hinweise bat, das Gericht dann am 10.11.2015 eine ausführliche Verfügung (Bl. 272f d.A.) erließ und diese zu Diskussionen und Einwendungen führte, hat das Gericht mit Verfügung vom 13.05.2016 einen neuerlichen Verhandlungstermin anberaumt, der ausdrücklich zur Erörterung des weiteren Vorgehens bestimmt wurde und zu dem der Sachverständige zur Unterstützung des Gerichts geladen wurde (Bl. 299 d.A.). An diesem Termin, der letztlich am 22.09.2016, 15.30 Uhr, stattfand, erschien der Vertreter der Klägerin erstmals auch in Begleitung des Privatgutachters Jansen.

Nach diesem Termin verständigten sich die Parteien auf den mit Beschluss vom 26.01.2017 (Bl. 340ff d.A.) gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich. Unter Ziffer 4 einigten sie sich dahingehend, dass die Kosten des Rechtsstreits zu 27 % von der Klägerin und zu 73 % von der Beklagten getragen werden.

Unter dem 15.02.2017 (Bl. 352 ff d.A.) beantragte die Klägerin sodann die Festsetzung der ihr entstandenen Kosten und stellte dabei eine Kostenrechnung des Privatgutachters Jansen in Höhe von netto 3.708,70 EUR und eine weitere des Privatgutachters Walter in Höhe von netto 1.297,90 EUR ein. Auf den Inhalt dieser beiden geltend gemachten Rechnungen (Anlage 353, hinter Bl. 352 d.A.) wird ausdrücklich und vollumfänglich Bezug genommen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, es handele sich insoweit um notwendige und daher gemäß der im Vergleich vereinbarten Kostenquote erstattungsfähige Kosten im Sinne des § 91 ZPO. Zur Begründung hat sie zunächst lediglich geltend gemacht, ihre Fachkenntnisse hätten nicht ausgereicht, um das gerichtliche Gutachten zu erschüttern. Die prozessbezogene Tätigkeit der Privatgutachter ergebe sich aus den vorgelegten Rechnungen. Die Zuziehung des Privatgutachters Jansen zum Termin am 2...

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