Leitsatz (amtlich)

Hat die Staatsanwaltschaft aus rechtlichen Gründen (wegen Strafklageverbrauch) nach einer Strafanzeige keinerlei Ermittlungen ausgeführt, so kann sie durch gerichtliche Entscheidung nach §§ 172 ff StPO nur zur Durchführung der erforderlichen Ermittlungen angewiewsen werden. Das Klageerzwingungsverfahren wird in diesen Fällen zum Ermittlungserzwingungsverfahren. Insoweit hat der Antragsteller in tatsächlicher Hinsicht darzulegen, dass das Verfahrenshindernis des Strafklageverbrauchs nicht gegeben ist.

 

Normenkette

StPO § 172

 

Tenor

Der Antrag der Anzeigeerstatter auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Generalbundesanwalts vom 2. Februar 2015 wird als unzulässig

verworfen.

 

Gründe

I.

1. Die Anzeigeerstatter bezichtigten die Beschuldigten, an der Ermordung des Generalbundesanwalts Buback und dessen Begleiter Georg Wurster und Wolfgang Göbel am 7. April 1977 in Karlsruhe beteiligt gewesen zu sein.

2. S: H: und R: M: waren am 30. November 1976 gemeinsam festgenommen worden und befanden sich ab diesem Zeitpunkt bis 1987 (H.) bzw. 1988 (M.) durchgängig zunächst in Untersuchungs- und anschließend in Strafhaft. Sie wurden durch Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 (5 - 1 StE 3/77) wegen Raubes mit Waffen in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Bandenraub, Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer, Diebstahls in zwei Fällen, Urkundenfälschung und mit unerlaubtem Führen von Schusswaffen zu Gesamtfreiheitsstrafen von 14 Jahren (H.) bzw. 12 Jahren (M.) rechtskräftig verurteilt. Der Generalbundesanwalt führte gegen die Beschuldigten wegen des Verdachts der Begehung einer Straftat nach § 129a StGB nach ihrer Inhaftierung noch mehrere Ermittlungsverfahren; zur Erhebung einer Anklage kam es insoweit nicht.

3. Hinsichtlich der Beteiligung an dem Anschlag vom 7. April 1977 sind bislang folgende Verurteilungen ergangen mit den - auch für diese Anzeigesache maßgeblichen - folgenden Feststellungen:

a. Durch Urteil des 2. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart (2 - 1 StE 5/79) vom 31. Juli 1980 wurde gegen K. F. u.a. wegen des Anschlags vom 7. April 1977 eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt. Der 2. Strafsenat hat insoweit Folgendes festgestellt:

"I. Der Anschlag in Karlsruhe

(...) 1. Die Tat wurde von mindestens drei Personen, unter denen sich der Angeklagte und G. S. befanden, nach vorgefasstem Plan gemeinsam als "Aktion der RAF" ausgeführt (...) Ob der Angeklagte auf dem Motorrad saß oder mit dem Pkw wartete, ließ sich nicht feststellen. Sicher ist, dass er das eine oder das andere tat.

2. Auch bei der Vorbereitung der Tat waren mindestens drei Personen, unter ihnen der Angeklagte und G. S., beteiligt:

Zur Beschaffung des Motorrades fuhren am 1. April 1977 der Angeklagte, G. S. und eine weitere, unbekannt gebliebene Person mit einem Pkw nach Mönchengladbach und sprachen dort im Motorradgeschäft W. vor, um eine Suzuki GS 750 anzumieten. (...).

Am 2. April 1977 wurde der später zur Flucht benützte Pkw Alfa Romeo mit dem amtlichen Kennzeichen GER-AM 25, bei A. M. in Germersheim gekauft.(...). Mit diesem Fahrzeug wurden an den folgenden Tagen - auch zur Erkundung des Tatortes und des Fluchtweges - Fahrten im Karlsruher Raum ausgeführt, wobei bis zu drei Personen im Fahrzeug waren: So (...) am 4. und 5. April 1977 jeweils in Karlsruhe der Angeklagte, am 5. April 1977 am Bahnhof Bietigheim-Bissingen der Angeklagte, G. S. und eine weitere Person, (...), am 5. und 6. April 1977 jeweils am Bahnübergang Kleinglattbach der Angeklagte mit zwei anderen Personen und am 6. April 1977 in Mundelsheim der Angeklagte mit zwei anderen Personen.(...)."

b. Am 2. April 1985 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart (5 - 1 StE 1/83) B. M. und C. K. u.a. auch wegen des Anschlags vom 7. April 1977 schuldig gesprochen und insoweit u.a. folgende Feststellungen getroffen:

"G. Der Anschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback sowie dessen Begleiter Wolfgang Göbel und Georg Wurster.

Planung und Vorbereitung

(..) Den Plänen entsprechend, die die Mitglieder der "RAF" einschließlich der Angeklagten entwarfen, trachteten sie dem Generalbundesanwalt auf der Fahrt von seiner Wohnung zu seinen Dienstsitz aufzulauern. (...)

Die unmittelbare Tatausführung übernahmen neben dem Angeklagten K. die ihm seit langem verbundenen "RAF"-Mitglieder S. und F., da diese drei in Karlsruhe gelebt hatten, Stadt und Umgebung demnach genau kannten.

Bandenmitglieder, darunter die Genannten, spähten die tägliche Fahrtstrecke und die Fahrgewohnheiten des Generalbundesanwalts einschließlich der für ihn getroffenen Sicherheitsmaßnahmen eingehend aus.(...).

Im Rahmen der Beschaffungshandlungen sprachen F. und S. am 1. April 1977 in Motorradfachgeschäft W. in Mönchengladbach vor, um dort eine Suzuki 750 GS, die damals schnellste Serienmaschine, anzumieten.(...). Mit dem Motorrad unternahm der Angeklagte K. in den Tagen vor der Tat Übungs- und Aufklärungsfahrten.

Am 2. April kaufte ein nicht iden...

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