Leitsatz (amtlich)

Eine Verlängerung der Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG ist nicht zulässig und rechtfertigt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist (§ 19 FamFG). 2. Eine mit der Beschwerde anfechtbare Zwischenverfügung in einer Registersache gem. § 382 Abs. 4 FamFG kann nur zur Beseitigung eines behebbaren Hindernisses erlassen werden. Anderenfalls ist vor der endgültigen Antragszurückweisung lediglich ein rechtlicher Hinweis möglich. 3. In Anlehnung an § 19 Abs. 5 GmbHG regelt § 27 Abs. 4 AktG erstmals das sog. Hin- und Her-zahlen. Die Privilegierung nach § 27 Abs. 4 Satz 1 AktG erfordert entsprechend dem Wortlaut des § 27 Abs. 4 Satz 2 AktG die Offenlegung der Vereinbarung gegenüber dem Registergericht bei der Erstanmeldung bzw. der Anmeldung über die Kapitalerhöhung. Die Nachholung einer unterlassenen Offenlegung ist allenfalls möglich, solange die AG bzw. die Kapitalerhöhung noch nicht in das Handelsregister eingetragen ist.

 

Normenkette

FamFG § 63 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Stuttgart (Aktenzeichen HRB 733937)

 

Tenor

1. Die Vorlage mit Schreiben vom 22.8.2011 durch das AG - Registergericht - Stuttgart wird aufgehoben und die Sache dem AG - Registergericht - Stuttgart zur erneuten Behandlung und Entscheidung zurückgegeben.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Mit Schreiben vom 28.6.2011 hat das AG - Registergericht - Stuttgart dem Beteiligten Ziff. 2 mitgeteilt, dass die mit notariell beglaubigter Urkunde vom 9.5.2011 gegenüber dem Registergericht vorgenommene nachträgliche Offenlegung des Hin- und Herzahlens analog § 27 Abs. 4 Satz 2 AktG unzulässig sei, da sie nicht mit der Erstanmeldung bzw. der Anmeldung über die Kapitalerhöhung verbunden sei. Es wurde deswegen der Antragstellerin Gelegenheit gegeben, den Antrag binnen einer Frist von vier Wochen zurückzunehmen, anderenfalls dieser kostenpflichtig zurückgewiesen werde. Zugleich wurde darüber belehrt, dass gegen die Verfügung die Beschwerde zulässig sei, die binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Verfügung beim Registergericht schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen sei.

Gegen das am 4./5.7.2011 zugestellte Schreiben hat die Antragstellerin durch den bevollmächtigten Notar am 18.8.2011 Beschwerde eingelegt. Zuvor hatte der Beteiligte Ziff. 2 um Fristverlängerung bis 1.9.2011 zur Beantwortung des Schreibens gebeten. Diese wurde ihm telefonisch bewilligt und zugleich darauf hingewiesen, dass auch die Rechtsmittelfrist erst am 1.9.2011 ablaufe. Eine schriftliche Bestätigung erfolgte ebenfalls.

Mit Schreiben vom 22.8.2011 hat das Registergericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II.1. Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist statthaft und auch sonst zulässig.

a) Zwar wurde die Beschwerdefrist von einem Monat, die mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten beginnt (§ 63 Abs. 1 und 3 Satz 1 FamFG), versäumt. Denn auch wenn die Beschwerdefrist nicht als Notfrist bezeichnet ist, scheidet eine Abkürzung oder Verlängerung der Frist durch Verfügung des Gerichts oder durch Vereinbarung der Beteiligten aus (arg. aus § 16 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 224 Abs. 2 letzter Halbsatz ZPO; Sternal in Keidel, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 63 FamFG Rz. 9 m.w.N.).

Dies ist nicht anders zu beurteilen im Hinblick auf die zulässige Verlängerung der Frist zur Behebung des durch eine Zwischenverfügung festgestellten Hindernisses, selbst wenn die gesetzliche Beschwerdefrist dadurch kürzer ist als die richterliche Frist zur Hindernisbeseitigung. In diesem Falle müsste die Beschwerde vorsorglich zur Fristwahrung eingelegt werden.

Der Antragstellerin kann aber vorliegend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. §§ 17-19 FamFG gewährt werden.

Die ihr erteilte Rechtsmittelbelehrung war zwar nicht fehlerhaft (§ 17 Abs. 2 FamFG). Dennoch kann wegen der vom Registergericht gewährten Fristverlängerung - ausdrücklich auch für die Beschwerdeeinlegung - von einem Nichtverschulden i.S.d. § 17 Abs. 1 FamFG ausgegangen werden.

Nachdem die versäumte Rechtshandlung innerhalb der eingeräumten Frist bis 1.9.2011 vorgenommen wurde, bedarf es für die Wiedereinsetzung keines Antrags (§ 18 Abs. 3 Satz 3 FamFG; Sternal, a.a.O., § 18 FamFG Rz. 7 m.w.N.), weswegen der Antragstellerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren war (§ 19 FamFG).

b) § 382 Abs. 4 FamFG gestattet in Abweichung von dem Grundsatz, dass nur Endentscheidungen mit Rechtsbehelfen angreifbar sind (§ 58 Abs. 1 FamFG), ausnahmsweise die Anfechtbarkeit einer bloßen Zwischenentscheidung. Mit ihr soll dem Antragsteller ermöglicht werden, etwaige Fehler und Mängel der Anmeldung vor einer endgültigen Antragszurückweisung zu beheben. Handelt es sich um kein behebbares Hindernis, sondern ein endgültiges, so darf keine Zwischenverfügung ergehen, vielme...

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