Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 16.03.1999; Aktenzeichen 21 O 33/99) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird die im Anerkenntnisurteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 16.03.1999 enthaltene Kostenentscheidung geändert.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Beschwerdewert: bis 5.000,– DM.
Tatbestand
I.
Der Kläger hatte die streitgegenständlichen Gewerberäume an die Rechtsvorgängerin des Beklagten vermietet. Zwischen den Parteien kam es zu Streitigkeiten. Der Klägervertreter sprach mit Schreiben vom 20.02.1998 (u.a.) die ordentliche Kündigung zum 31.03.1999 aus. Er forderte den Beklagten mit Schreiben vom 03.09.1998 auf, bis zum 17.09.1998 zu erklären, daß er die Räume fristgerecht und vollständig geräumt zurückgeben werde; ohne Erklärung müsse er mit der Erhebung einer Räumungsklage rechnen. Eine Reaktion des Beklagten erfolgte nicht. Der Kläger erhob daraufhin Räumungsklage. Der Beklagte erkannte im frühen ersten Termin den Räumungsanspruch an. Das Landgericht hat am 16.03.1999 Anerkenntnisurteil erlassen und die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 93 ZPO dem Kläger auferlegt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde (§ 99 Abs. 2 ZPO) ist begründet.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Mieter nach Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 242 BGB verpflichtet ist, sich auf eine Antrage des Vermieters über seine Räumungsabsichten zu erklären (vgl. Henssler, Die Klage auf künftige Leistung im Wohnraummietrecht, NJW 1989, 138, 143). Unterläßt er jedoch eine solche Erklärung, kann für den Vermieter Veranlassung zur Erhebung einer Räumungsklage bestehen; in diesem Fall muß der Mieter auch bei einem sofortigen Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits tragen.
a) Der Vermieter hat ein erhebliches und offensichtliches Interesse, von dem Mieter zu erfahren, ob das Mietobjekt bis zum Ablauf der Kündigungsfrist geräumt wird. Hat der Vermieter bereits einen Vertrag mit einem Mietinteressenten abgeschlossen, ist er ohne rechtzeitige Räumung nicht in der Lage, diesen zu erfüllen. Legt der Vermieter, um eine solche Gefahr zu vermeiden, gegenüber dem Mietinteressenten offen, daß die fristgerechte Räumung des Mietobjekts nicht als gesichert anzusehen ist, kann der Abschluß eines neuen Mietvertrags erheblich erschwert werden. Will der Vermieter vor Beginn des neuen Mietverhältnisses Umbaumaßnahmen durchführen, drohen bei einem verzögerten Auszug finanzielle Nachteile (vgl. Henssler a.a.O.). Der Mieter eines gewerblichen Mietobjekts hat dagegen – jedenfalls unter den hier vorliegenden Umständen – kein hinreichendes Interesse, den Vermieter über seine Absichten bezüglich der Räumung im unklaren zu lassen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Wirksamkeit der Kündigung außer Streit steht. Ein Widerspruch gemäß § 556a BGB, der zu einer Fortsetzung des Mietverhältnisses führen kann, kommt bei gewerblichen Mietverhältnissen nicht in Betracht. Die Pflicht zur fristgerechten Räumung ist nicht davon abhängig, daß rechtzeitig Ersatzräume gefunden werden. Dem Mieter kann unter diesen Umständen ohne weiteres zugemutet werden, seine Räumungsabsichten frühzeitig offenzulegen. Tut er dies nicht, obwohl er vom Vermieter um eine entsprechende Auskunft gebeten und auf die Möglichkeit einer Räumungsklage hingewiesen wurde, kann der Vermieter stets damit rechnen, daß das Mietobjekt nicht rechtzeitig geräumt wird.
b) Die bei einem Mietverhältnis bestehenden Besonderheiten rechtfertigen deshalb eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß ein Schuldner vor Fälligkeit seine Leistungsbereitschaft auch bei einer entsprechenden Antrage des Gläubigers nicht bekunden muß, um bei einem sofortigen Anerkenntnis der Kostenfolge des § 91 ZPO zu entgehen (vgl. zu diesem Grundsatz MüKo/Lüke, ZPO, § 257 Rn. 19; Zöller/Greger, ZPO, 21. Aufl., § 257 Rn. 7) Der Beschluß des OLG Hamm vom 17.05.1996 (ZMR 1996, 499; ebenso Bub/Treier/Fischer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VIII Rdnr. 195) steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Der dem Beschluß zugrundeliegende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar (wie hier Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 57. Aufl., § 93 Rn. 52 mit Hinweis auf die – allerdings nur bedingt einschlägigen – Entscheidungen LG Frankenthal/Pfalz WuM 1990, 527, AG Hannover WuM 1993, 547 und LG Zwickau WuM 1997, 335).
2. Ob die vorstehenden Grundsätze auch auf Wohnraummietverhältnisse zutreffen, braucht nicht entschieden zu werden (verneinend Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., V Rdnr. 34; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 6. Aufl., B 751; Köhler/Kossmann, Handbuch der Wohnraummiete, 4. Aufl., § 209 Rn. 2; Staudinger/Sonnenschein, BGB, 1994, § 556 Rn. 35; differenzierend Henssler a.a.O.). Bei der Wohnraummiete ist zu berücksichtigen, daß dem Mieter grundsätzlich das Recht verbleiben soll, bis 2 Monate vor Wirksam...