Leitsatz (amtlich)
I. Vor Zustellung der Klage kann eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO nicht eintreten. Dies gilt sowohl für einen Aktiv- als auch für einen Passivprozess des Insolvenzschuldners.
II. Eine Insolvenzeröffnung und die hierdurch begründete Verhinderung der Insolvenzschuldnerin an der eigenen Rechtsverfolgung beruht nicht auf höherer Gewalt i.S.d. § 206 BGB.
III. Die Stellung eines Prozesskostenhilfeantrags kann jedenfalls bei drohender Verjährung des einzuklagenden Anspruchs eine unaufschiebbare Maßnahme sein, die einer Zustimmungspflicht der Gläubigerversammlung nach § 160 InsO nicht unterliegt.
IV. Die Stellung eines Prozesskostenhilfeantrags ist keine Maßnahme mit erheblichem Gewicht i.S.d. § 160 Abs. 2 Nr. 3 InsO, wenn es dem Insolvenzverwalter möglich ist, den Antrag ohne (weitere) anwaltliche Hilfe einzureichen. Ansonsten ist das wirtschaftliche Gewicht der durch Einreichung eines Prozesskostenhilfeantrags anfallenden anwaltlichen Verfahrensgebühr ggf. unter Berücksichtigung der Anrechnung auf eine entstandene oder noch entstehende Verfahrensgebühr für das Klageverfahren in das Verhältnis zu setzen zum Vorteil des Prozesskostenhilfeantrags und zum Umfang der Masse.
Normenkette
ZPO §§ 240, 167; BGB § 206; InsO § 160
Verfahrensgang
LG Tübingen (Beschluss vom 17.04.2009; Aktenzeichen 20 O 50/08) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 20. Kammer für Handelssachen des LG Tübingen vom 17.4.2009 - 20 O 50/08, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die mit der Zurückweisung seiner sofortigen Beschwerde angefallene Gerichtsgebühr zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der X GmbH, X, Prozesskostenhilfe für eine Klage auf restlichen Werklohn aus einem VOB-Bauvertrag.
Die Parteien haben im Jahr 2003 unter dem Datum xx. x. 2003 einen Bauvertrag abgeschlossen, in den nach Ziff. 16 der Vertragsbedingungen u.a. die VOB/B in der bei Vertragsschluss gültigen Fassung einbezogen wurde (Anlage K 2). Nach Arbeiten der Insolvenzschuldnerin und Abschlagszahlungen nach mehreren Abschlagsrechnungen stellte die Insolvenzschuldnerin am xx. 4.2004 eine Schlussrechnung, die mit einer Brutto-Forderung von 140.577,73 EUR endete. Die Rechnung wurde vom Zeugen R., einem Mitarbeiter der Beklagten, mit Vermerk vom x. 5.2004 korrigiert und mit einem Schreiben vom xx. 5.2004 mit zahlreichen Anmerkungen zu den gekürzten Positionen an die Klägerin zurückgesandt.
Am 28.12.2007 ging beim LG Stuttgart eine Werklohnklage der Insolvenzschuldnerin ein, mit der sie aus ihrer Schlussrechnung insgesamt 98.393,44 EUR verlangte. Die Klage ist bis heute nicht zugestellt worden, nachdem der mit Verfügung vom 2.1.2008 angeforderte Gerichtskostenvorschuss nicht einbezahlt worden ist.
Am 10.1.2008 wurde vom AG Stuttgart über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin, der früheren Klägerin, das Insolvenzverfahren eröffnet und der jetzige Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt. Eine Gläubigerversammlung wurde auf den xx. 3.2008 anberaumt. Am 27.2.2008 ging ein Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beim LG Stuttgart ein. Nach Durchführung der Gläubigerversammlung am xx. 3.2008 erklärte der Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 13.3.2008, den Rechtsstreit unter der Voraussetzung der Gewährung von Prozesskostenhilfe als Insolvenzverwalter aufzunehmen.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Mit Beschluss vom 17.4.2009 - 20 O 50/08, hat das LG Tübingen, an das der Rechtsstreit inzwischen verwiesen worden war, den Antrag des Insolvenzverwalters vom 25.2.2008 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.
Nachdem die Schlussrechnung vom 30.4.2004 datiere und die Arbeiten unstreitig im April 2004 abgeschlossen worden seien, habe die dreijährige Verjährungsfrist des eingeklagten Vergütungsanspruchs mit Ablauf des 31.12.2007 geendet. Eine Hemmung der Verjährung sei durch die am 28.12.2007 eingegangene Klage nicht erfolgt, weil eine Zustellung mangels Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses nicht erfolgt sei. Der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nunmehr zur Geltendmachung des Anspruchs berechtigte Insolvenzverwalter habe erst in verjährter Zeit am 25.2.2008 einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 11.12.2008 - IX ZB 232/08) sei mangels Rechtshängigkeit das Verfahren durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gem. § 240 ZPO unterbrochen worden.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses des LG Tübingen vom 17.4.2009 verwiesen.
Gegen den am 24.4.2009 zugestellten Beschluss wendet sich die am 4.5.2009 eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers, mit der er seinen Prozesskostenhilfeantrag weiter verfolgt. Nachdem Termin zur Gläubigerversammlung auf den xx. 3.2008 anberaumt gewesen sei und Prozesshandlungen gem. ...