Leitsatz (amtlich)
1. Das Gericht kann wegen der Abberufung des Verwalters ausnahmsweise unmittelbar angegangen werden, wenn aufgrund der Interessengegensätze in einer kleinen Wohnungseigentümergemeinschaft abzusehen ist, daß in der Eigentümerversammlung auch ein berechtigtes Abberufungsbegehren keine Erfolgsaussicht hätte (Einschränkung von BayObLGZ 1972, 246/250 und 1965, 34/41).
2. Ein zum Verwalter bestellter Wohnungseigentümer darf bei der Abstimmung über sein Entlassung mitwirken.
3. Ein wichtiger Grund für die Abberufung einer zur Verwalterin bestellten GmbH ist ihre und ihres Geschäftsführers Unpfändbarkeit.
Normenkette
WEG §§ 43, 21 Abs. 4, § 25 Abs. 5, § 26 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 12.10.1976; Aktenzeichen 2 F 733/75) |
AG Leonberg (Aktenzeichen GR 77/75) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Verwalterin gegen den Beschluß des Landgerichts Stuttgart vom 12.10.1976 wird zurückgewiesen.
Die Verwalterin hat die Gerichtskosten zu tragen und den Antragstellern die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens über die weitere Beschwerde zu erstatten.
Wert: 3.000 DM.
Gründe
Die Antragsteller begehren die Abberufung der Antragsgegnerin als Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft an Gebäude … in …. An diesem Grundstück bestehen drei Wohnungseigentumsrechte, von denen jedes eine Stimme gewährt. Eine Wohnung gehört den Antragstellern, die zweite den Ehegatten W. die dritte Herrn W. allein. Er ist Geschäftsführer der zur Verwalterin bestellten GmbH, deren Gesellschafter sind die Ehegatten W. und die Mutter der Ehefrau.
Das Amtsgericht hat dem Antrag mit Beschluß vom 28.10.1975 stattgegeben.
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin mit Beschluß vom 12.10.1976 zurückgewiesen.
Die sofortige weitere Beschwerde (Rechtsbeschwerde) der Antragsgegnerin ist zulässig (§§ 27, 29 FGG i.V. mit §§ 43, 45 WEG), aber nicht begründet (§ 27 FGG i.V. mit § 563 ZPO).
1) Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß die Zulässigkeit des Antrags auf Abberufung der Verwalterin durch das Gericht (§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 2 WEG i.V. mit § 21 Abs. 4 WEG) unter den vorliegenden Umständen gegeben war, ohne daß es der vorherigen Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung und der Abstimmung über diese Frage bedurft hätte.
Die Besonderheit des Falles besteht in der engen Verflechtung der Interessen der Mehrheit der Wohnungseigentümer, der Ehegatten W., mit denen der zur Verwalterin bestellten GmbH, begründet durch die Geschäftsführerstellung des Ehemannes und die Beteiligung beider –zusammen mit nur noch einer nahen Angehörigen– als Gesellschafter.
Bei dieser Sachlage hätten die Antragsteller keinerlei Aussicht, die Abberufung der Verwalterin durch Mehrheitsbeschluß zu erreichen, solange diese die Verwaltung weiterführen will. Denn bei einer solchen Abstimmung wären die Ehegatten W. entgegen der Meinung des Landgerichts ebenfalls stimmberechtigt.
Der Senat schließt sich der Auffassung an, daß ein zum Verwalter bestellter Wohnungseigentümer bei der Abstimmung über seine Entlassung mitwirken darf (OLG Celle, NJW 1958, 307; LG Dortmund, RPfleger 1966, 335; Weitnauer/Wirths, WEG 5. Aufl. 1974, RN 11 a zu § 25; a.M. Bärmann, WEG, 3. Aufl. 1975, Rn 59 zu § 25, Palandt/Bassenge, BGB, 36. Aufl. 1977, Anm. 4 zu § 25 WEG; Riedel, Vollkommer, RPfleger 1966, 337; offengelassen von BayObLGZ 1958, 234, 240 und OLG Stuttgart OLGZ 1974, 404). Es handelt sich hier –bei den nur mittelbaren Auswirkungen auf den Verwaltervertrag– nicht um einen Fall des § 25 Abs. 5 WEG. Eine entsprechende Anwendung dieser Norm kommt insbesondere deshalb nicht in Betracht, weil sie nicht zu einer angemessenen Lösung des Interessenkonflikts führen würde. Denn der Stimmrechtsausschluß kann –insbesondere bei kleineren Gemeinschaften wie hier– auch keine neutrale, von subjektiver Beurteilung der verbleibenden Wohnungseigentümer freie Entscheidung gewährleisten; bei größeren wird es zudem nur selten auf die fraglichen Stimmen ankommen. Außerdem erscheint es nicht sinnvoll, den in der Regel doch durch das Gericht zu entscheidenden Streit über das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Entlassung des Verwalters als Vortrage für den Stimmrechtsausschluß auszutragen.
Ist aber der unmittelbar zum Verwalter berufene Wohnungseigentümer stimmberechtigt, so kann die Rechtsstellung eines Wohnungseigentümers in der zum Verwalter bestellten GmbH auch keinen Stimmrechtsausschluß bewirken.
Der Interessengegensatz ist jedoch von Bedeutung für das Verfahren. Wenn –wie hier– abzusehen ist, daß auch ein berechtigtes Verlangen auf Abberufung des Verwalters wegen der Mehrheitsverhältnisse in der Eigentümerversammlung keine Erfolgsaussicht hat, so ist es unzumutbar, die Minderheit trotzdem zunächst auf die Durchführung dieses Verfahrens zu verweisen, bei dem schon die Einberufung der Versammlung eine Einschaltung des Gerichts nötig machen könnte. Vielmehr ist in einem Fall dieser Art das Rechtsschutzbedürfnis für eine unmittelbare Anrufung des...