Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrswertfestsetzung. Vollstreckungserinnerung gwgen Auswahl des Sachverständigen
Leitsatz (amtlich)
Die Auswahl und Beaufragung eines Sachverständigen für die Grundstücksbewertung nach § 74 a Abs. 5 ZVG durch das Vollstreckungsgericht ist vom Sculdner nicht mit der Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO gesondert anfechtbar.
Normenkette
ZVG § 74a Abs. 5; ZPO § 766
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Aktenzeichen 3 T 312/99) |
AG Ravensburg (Aktenzeichen 1 K 101/98) |
Gründe
Nachdem die Eigentümerin eines gewerblich genutzten Grundstücks gegen das von Gutachter-Ausschuss der Gemeinde erstattete Wertgutachten zahlreiche Einwendungen geltend gemacht hatte, beauftragte der Rechtspfleger einen öffentlich bestellten Sachverständigen mit der Erstattung eines weiteren Wertgutachtens. Dagegen wandte sich die Schuldnerin erneut mit einer „Beschwerde”; dem Sachverständigen fehle wegen häufiger Beauftragung durch das Gericht die erforderliche Unabhängigkeit und darüberhinaus die erforderliche Sachkunde für gewerblich genutzte Grundstücke.
Der Rechtspfleger hat zum einen den Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen durch – unangefochtenen gebliebenen – Beschluss zurückgewiesen und zum anderen die „Erinnerung gegen die Auswahl des Sachverständigen” dem zuständigen Richter zur Entscheidung vorgelegt; dieser hat den als Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO bewerteten Rechtsbehelf als unbegründet zurückgewiesen.
Gegen diese amtsrichterliche Entscheidung hat die Schuldnerin erneut „Rechtsmittel” eingelegt. Das Landgericht hat dieses als sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO behandelte Rechtsmittel als statthaft und zulässig erachtet, aber in der Sache als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Schuldnerin wiederum durch die „Einlegung von Rechtmitteln”. Das Landgericht hat die Sache dem Oberlandesgericht zu Entscheidung vorgelegt.
1. Das (rechtzeitige) Rechtsmittel der Schuldnerin ist jedenfalls nach § 568 Abs. 2 S. 2 ZPO unzulässig, …(wird ausgeführt)
2. Zudem ist die sofortige weitere Beschwerde der Schuldnerin schon nicht statthaft (§ 568 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Nach § 793 Abs. 2 ZPO ist eine (sofortige) weitere Beschwerde dann ausgeschlossen, wenn das Gesetz etwas anderes bestimmt. Dies ist hier der Fall. Im Wertfestsetzungsverfahren findet nach § 74 a Abs. 5 S. 3 ZVG „eine weitere Beschwerde … nicht statt”. Wenn schon der Rechtsmittelzug für die Wertfestsetzung selbst beim Landgericht endet, kann er hinsichtlich einer Maßnahme oder Entscheidung, die diese Wertfestsetzung erst vorbereitet, nicht weitergehen.
3. Im übrigen weist der Senat für das weitere Verfahren darauf hin, dass er – in Abweichung zur Vorinstanz – der Rechtsansicht ist, dass weder die Auswahl des Sachverstand gen noch die Anordnung, ein weiteres Wertgutachten einzuholen, anfechtbar ist – und zwar weder mit der Beschwerde noch mit der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO). Es handelt sich dabei weder um eine „Vollstreckungsmaßnahme” (Vollstreckungsakt) noch gar um eine „Vollstreckungsentscheidung”, obwohl der Schuldner zuvor sein Recht auf rechtliches Gehör im Wertfestsetzungsverfahren ausgeübt hat. Allein das Sachverständigen-Ablehnungsverfahren entsprechend § 406 ZPO ist eröffnet (vgl. BayObLG RPfl 1982, 433), hier aber durch den unangefochten gebliebenen Rechtspflege-Beschluss rechtskräftig abgeschlossen.
Zwar gilt die allgemeine Regelung des Zwangsvollstreckungsrechts, dass – in der Regel einseitige – „Vollstreckungsmaßnahmen” des Gerichtsvollziehers bzw des Vollstreckungsgerichts mit der Erinnerung nach § 766 ZPO angreifbar sind, grundsätzlich auch für die nach dem Zwangsversteigerungsgesetz ergehenden Maßnahmen (§ 869 ZPO; Zeller/Stöber, ZVG, 16. Aufl. 1999, Rn 2, 4.4; Böttcher, ZVG, 2. Aufl. 1996, Rn 15 f; Steiner/Storz, ZVG, 9. Aufl. 1984, Rn 42 f, je zu § 95). Andererseits bestimmt § 95 ZVG für das – ohnehin langwierige – Versteigerungsverfahren (vgl. dazu bes. Engel Rpfl 1981, 81) eine grundsätzliche Rechtsmittelbeschränkung mit ausdrücklicher Aufzählung von Ausnahmen, die im vorliegenden Fall nicht einschlägig sind. Auch wenn verbreitet gesagt wird, dass diese Rechtsmittelbeschränkung nur für die (sofortige) Beschwerde, nicht aber für die Vollstreckungserinnerung gelte (so Zeller/Stöber § 95 Rn 4.4), so kann daraus in der vorliegenden Fallgestaltung nicht auf die Zulässigkeit einer Vollstreckungserinnerung und noch weniger auf die Zulässigkeit einer gegen die Erinnerungsentscheidung gerichteten Beschwerde geschlossen werden, wie es die Vorinstanzen getan haben.
Dass die Rechtsmittelbeschränkung des § 95 ZVG zur unbeschränkten Zulassung der Vollstreckungserinnerung (und auch der Rechtspflegererinnerung) in einem unbefriedigenden Widerspruch steht (deutlich Eickmann, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, 1991, § 214; vgl auch Zeller/Stöber einerseits für die Terminsbestimmung Rn 2.7 zu § 36, andererseits für die Feststellung des geringsten Gebots Rn 10 zu § 44 ZVG), bedarf hier keiner weiteren Erörterung. ...