Leitsatz (amtlich)
Grundbuchrecht: Erstreckt sich ein notarieller Vermächtniserfüllungsvertrag entgegen dem Willen der Vertragsparteien versehentlich nicht auf den einer Eigentumswohnung zugeordneten Tiefgaragen-Stellplatz, ist nach dem Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" (§ 133 BGB) die dingliche Einigung (§§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB) auch hinsichtlich des nicht erwähnten Sondereigentums wirksam erklärt. Beurkundet ist das wirklich Gewollte.
Normenkette
BGB §§ 133, 873 Abs. 1, § 925 Abs. 1
Verfahrensgang
Notariat - Grundbuchamt-Weissach im Tal I (Aktenzeichen GR G 2012 Nr. 22) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird die Zwischenverfügung des Notariats Weissach im Tal I - Grundbuchamt - vom 24.2.2012 - GR G 2012 NR. 22, aufgehoben.
2. Das Grundbuchamt wird angewiesen, die von der Antragstellerin und vom ermächtigten Notar beantragte Eintragung der Eigentumsänderung zu vollziehen, sofern der Eintragung nicht andere Hindernisse entgegen stehen.
3. Gerichtsgebühren und Auslagen werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
I. Die Beteiligten Z. 1, 3 und 4 sind Geschwister und die Erben ihrer am 21.3.2011 verstorbenen Mutter, in deren notariellem Testament vom 13.1.2011 Vorausvermächtnisse für ihre drei Kinder angeordnet sind. Diese haben entsprechend der letztwilligen Verfügung der Erblasserin am 21.7.2011 einen notariellen Vermächtniserfüllungsvertrag abgeschlossen, der sich zwar zugunsten der Antragstellerin auf die Eigentumswohnung, Grundbuch von ... Bl. bezieht, versehentlich aber nicht auf den dazugehörigen Tiefgaragen-Stellplatz, Grundbuch von ... Bl.. Insoweit ist die Erblasserin als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen, während im Übrigen die Eigentumsumschreibungen zugunsten der jeweiligen Vorausvermächtnisempfänger vollzogen sind.
Die drei Erben haben mit Schreiben vom 19.11.2011 den Beteiligten Z. 2 auf das Versäumnis hingewiesen und ihn um Erstellung eines Nachtrags gebeten.
Aufgrund der in § 7 des Vermächtniserfüllungsvertrags enthaltenen Vollzugsvollmacht hat die Notarangestellte namens und in Vollmacht der Miterben am 7.12.2011 in einem notariellen Nachtrag zum Vermächtniserfüllungsvertrag die erforderlichen Erklärungen zur Eigentumsübertragung bezüglich des Tiefgaragen-Stellplatzes, Grundbuch von ... Bl., abgegeben. Die Erben haben eine Abschrift der Urkunde erhalten und das Grundbuchamt eine Ausfertigung zum Vollzug.
Mit Zwischenverfügung vom 24.2.2012 hat dieses unter Fristsetzung bis zum 1.5.2012 der Antragstellerin aufgegeben, eine öffentlich beglaubigte Genehmigungserklärung der Miterben und der Vermächtnisnehmerin zu der Nachtragsurkunde vom 7.12.2011 vorzulegen, um das Handeln der Notarangestellten nachträglich zu genehmigen.
Hiergegen hat die Antragstellerin durch den bevollmächtigten Notar am 7.3.2012 beim OLG Stuttgart Beschwerde eingelegt.
Zur Sachverhaltsdarstellung im einzelnen sowie zu den Rechtsausführungen des Grundbuchamts und des Beteiligten Z. 2 wird auf die Begründungen der Zwischenverfügung und der Beschwerde verwiesen.
II.1. Das Rechtsmittel ist gem. § 71 Abs. 1 GBO statthaft.
Der Notar, dessen Antragsermächtigung gem. § 15 Abs. 2 GBO gegeben ist, kann - ohne eine Vollmacht vorlegen zu müssen - gegen die auf den Eintragungsantrag ergangene Entscheidung für einen Antragsberechtigten, hier für die Beteiligte Z. 1, - nicht aber im eigenen Namen - Beschwerde einlegen.
Das Rechtsmittel wurde gem. § 73 Abs. 1 GBO unmittelbar beim Beschwerdegericht, dem OLG, in dessen Bezirk das Grundbuchamt seinen Sitz hat (§ 72 GBO) durch Einreichung einer Beschwerdeschrift (§ 73 Abs. 2 GBO) eingelegt und ist damit auch im Übrigen zulässig.
Nachdem die Beschwerde nicht auf neue Tatsachen und Beweise gestützt wurde (§ 74 GBO) und es ausschließlich auf die Entscheidung einer Rechtsfrage ankommt, konnte von der Durchführung eines Abhilfeverfahrens vor dem Grundbuchamt (§ 75 GBO) abgesehen und vom Senat sogleich in der Sache entschieden werden (Demharter, GBO, 27. Aufl. 2010, § 75 GBO Rz. 1).
Eine vorherige Anhörung der Beteiligten Z. 3 und 4 war nicht erforderlich. Im Eintragungsantragsverfahren, das streng einseitig ist, erhält rechtliches Gehör nur der Antragsteller. Den übrigen Beteiligten ist es dadurch gewährt, dass sie als Betroffene die Eintragung gem. § 19 GBO zu bewilligen haben. Da die Eintragungsbewilligung dem Verfahrensrecht zuzuordnen ist, wird damit das rechtliche Gehör als "vor Gericht" gewährt angesehen (Demharter, a.a.O., § 1 GBO Rz. 49, m.w.N.). Im Beschwerdeverfahren ist rechtliches Gehör nicht in weiterem Umfang zu gewähren als vor dem Grundbuchamt (Demharter, a.a.O., § 77 GBO Rz. 7, m.w.N.).
Da jedoch das Notariat unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats - vergleiche nachstehende Ausführungen - davon auszugehen hat, dass die von ihm verlangte öffentlich beglaubigte Genehmigungserklärung der drei Miterben nicht erforderlich ist, wird es zur Wahrung des rechtlichen Gehörs der Erbengemeinschaft als Gesamtrechtsnachf...