Verfahrensgang
AG Göppingen (Beschluss vom 14.11.2022; Aktenzeichen 12 F 664/22) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Göppingen vom 14.11.2022 wird
zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 2.000 EUR
Gründe
I. Der Antragsteller (zukünftig Kindesvater), türkischer Staatsangehöriger, und die Antragsgegnerin (zukünftig Kindesmutter), gleichfalls türkische Staatsangehörige, streiten um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre beiden Kinder L..., geboren 2018 und M.., geboren 2021.
Die beteiligten Eltern haben 2015 in Istanbul/Türkei die Ehe geschlossen. L... wurde in der Türkei geboren. Im Jahr 2019 sind die Eltern zunächst nach ... gezogen. In ... wurde M... geboren. Im Herbst 2021 sind die Eltern mit den Kindern nach ... gezogen. Der Kindesvater ist als System-Ingenieur bei dem ... beschäftigt und nach seinen Angaben in seiner Zeiteinteilung völlig frei. Die Kindesmutter ist seit der Geburt der Kinder nicht mehr erwerbstätig. L... besuchte den Kindergarten in ..., M... wird noch gestillt. Nach einem Streit zwischen den Kindeseltern ist die Kindesmutter mit beiden Kindern am ... 2022 aus der gemeinsamen Ehewohnung ausgezogen. Die Kindesmutter lebt mit den Kindern seit dem Auszug an einem unbekannten Ort in einem Frauenhaus im Norden Deutschlands. Eine Zustimmung des Kindesvaters liegt nicht vor.
Der Kindesvater, der vorgetragen hat, die Kindesmutter habe dem Kindesvater am ...2022 das Handy entwendet, weshalb er seine Online-Bankgeschäfte nicht habe erledigen können, weshalb es auch zu einer lautstarken Auseinandersetzung gekommen sei, beantragte Mitte Oktober 2022 beim Amtsgericht Göppingen den Erlass einer einstweiligen Anordnung, wonach die Kindesmutter die beiden Kindern an den Kindesvater herauszugeben habe und wieder Aufenthalt in der vormaligen Ehewohnung nehmen solle. Durch die eigenmächtige Verlagerung des Aufenthalts liege eine nachhaltige Kindeswohlgefährdung vor, weil gerade L... ihre bisherigen sozialen Kontakte verloren habe. Auch werde in höchst missbräuchlicher Art und Weise jeglicher Kontakt zum Kindesvater unterlassen. Im Verhandlungstermin am ...2022 hat der Kindesvater die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich beantragt. Gegenüber dem Verfahrensbeistand hat der Kindesvater berichtet, seine Beziehung zu L... sei sehr intensiv. Teilweise habe er sich auch nachts um L... gekümmert. In der Regel habe er L... zu Bett gebracht, während sich die Kindesmutter um M... gekümmert habe. Mit L... habe er einfaches Deutsch gesprochen. Die Beziehung zu M... sei nicht so eng. In der mündlichen Verhandlung hat der Kindesvater angegeben, er habe auch M... die Windeln gewechselt. Seine Arbeit erlaube es ihm, dass er auch M... betreuen könne.
Die Kindesmutter hat ihrerseits beantragt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf sie zu übertragen. Beim Kindesvater gebe es sowohl für sie als auch für ihre Kinder keine Sicherheit für Leib und Leben. Der Kindsvater habe sie schon mehrfach mit dem Tod bedroht. Eine Trennung komme für den Kindsvater nicht in Frage und er habe ihr mit der Wegnahme von L... und deren Verbringung in die Türkei gedroht, zumal er den Reisepass für L... in seinem Besitz habe. Das Leben der Kinder und ihres selbst sei von Wutausbrüchen und dem impulsiven Verhalten des Kindsvaters geprägt gewesen. Der Kindesvater habe sie kontrolliert und überwacht, indem er Kameras in der Wohnung installiert und Handys versteckt habe, um sie abzuhören, während er arbeiten gewesen sei. Am ...2022 habe der Kindesvater ihr gegenüber geäußert, dass er sie abhören würde, weil er ihr nicht vertraue. Er habe sie nach dem Verbleib des Handys gefragt. Als sie dem Kindesvater mitgeteilt habe, dass sie über den Verbleib des Handys nicht wisse, habe der Kindesvater angefangen zu schreien, sie mit dem Tode bedroht, sie geschüttelt und als "Hure" beleidigt. Als Hauptbetreuungsperson für die Kinder sei der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen.
Der Kindesvater stellt eine Bedrohung und Überwachung der Kindesmutter in Abrede. Die Kindesmutter sei vollkommen bindungsintolerant, sein Angebot, ihr die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zu überlassen und sich von der Wohnung fernzuhalten, habe die Kindesmutter grundlos abgelehnt.
Das Jugendamt Göppingen hat in der mündlichen Verhandlung am ...2022 ausgeführt, die Beziehung M... zur Mutter solle nicht unterbunden werden, da M... noch gestillt werde. Dadurch dass die Mutter nach ... geflohen sei, habe sie auch dem Kindeswohl entsprochen, weil sie ihre Töchter habe schützen wollen.
Letztlich aufgrund der Geschwisterbindung hat der Verfahrensbeistand einen Verbleib bei der Kindesmutter befürwortet.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder übertragen. Der von der Kindesmutter herbeigeführte Ortswechsel beeinträchtige nicht das Kindeswohl. Der Wegzug der Kindesmutter sei...