Leitsatz (amtlich)

1. Die Fristen des § 595 Abs. 3 Nr. 3 BGB müssen nicht ausdrücklich als Vertragslaufzeit vereinbart worden sein, sondern können sich auch daraus ergeben, dass ein unbefristeter Landpachtvertrag bereits tatsächlich die Maximalfristen überschritten hat oder dass ein befristeter Vertrag so lange mehrfach verlängert worden ist, dass die Maximalfristen erreicht sind. Es kommt allein auf die tatsächliche Pachtdauer an, die (ursprünglich) vertraglich vereinbarte Pachtzeit ist unerheblich.

2. Eine Pachterhöhung oder sonstige geringfügige inhaltliche Anpassung eines bestehenden Landpachtvertrages führen nicht automatisch dazu, dass ein neuer Pachtvertrag im Sinne des § 595 Abs. 3 Nr. 3 BGB vorliegt und die vertragliche Vereinbarung nicht als Verlängerung und damit Fortführung des ursprünglichen Pachtverhältnisses angesehen werden könnte.

3. Dies gilt auch, wenn der Pächter eine (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit wechselndem, aber im Kern gleichen Gesellschafterbestand ist.

4. Für den Geschäftswert eines Verlängerungsverlangens gemäß § 595 Abs. 6 BGB ist in entsprechender Anwendung von § 41 Abs. 1 GKG die Jahrespacht maßgeblich.

 

Normenkette

BGB § 595 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 6; GKG § 41 Abs. 1; GNotKG § 36 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Schwäbisch Hall (Beschluss vom 15.02.2019; Aktenzeichen 5 XV 2/18)

 

Tenor

1. Die Beschwerden der Antragstellerin sowie der Antragsgegnerin und weiteren Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Schwäbisch Hall vom 15.02.2019, Az. 5 XV 2/18, werden jeweils zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten) tragen die Antragstellerin zu 4/5, die Antragsgegnerin und die weitere Beteiligte zu 1/5.

3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf ... EUR.

(Beschwerde der Antragstellerin: ... EUR, Beschwerde der Antragsgegnerin und der weiteren Beteiligten: bis ... EUR)

 

Gründe

I. Mit ihrem Antrag begehrt die Antragstellerin als Außen-GbR die gerichtliche Anordnung der Fortsetzung eines Landpachtvertrages nach dessen Kündigung durch die Verpächterin.

Das aktuelle Pachtverhältnis endet mit Ablauf des 31.10.2022.

Während des laufenden Verfahrens erster Instanz hat die Antragsgegnerin das Eigentum an dem streitgegenständlichen ...hof in ... als Zustiftung auf die weitere Beteiligte übertragen.

Wegen der zahlreichen Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die Darstellung im angefochtenen Beschluss verwiesen.

1. Das Landwirtschaftsgericht hat mit Beschluss vom 15.02.2019 den Antrag auf Anordnung der Fortsetzung des zwischen den Beteiligten bestehenden Landpachtverhältnisses vom 24.11.2010 zurückgewiesen. Die Gerichtskosten hat es der Antragstellerin auferlegt und bestimmt, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden.

Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der Fortsetzung des streitgegenständlichen Landpachtverhältnisses gemäß §§ 1 Nr. 1 LwVG, 595 Abs. 6 und Abs. 7 BGB sei unbegründet. Zwar sei die Antragsgegnerin trotz des eingetretenen Eigentümerwechsels noch passivlegitimiert, da in landwirtschaftlichen Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit die §§ 265, 266 ZPO entsprechend heranzuziehen seien. Danach habe die Veräußerung der streitbefangenen Sache auf den Prozess keinen Einfluss. Der Eintritt der Rechtsnachfolgerin in den Prozess sei auch gerade nicht erfolgt. Dem Umstand, dass mittlerweile die weitere Beteiligte gem. §§ 593b, 566 BGB in das streitgegenständliche Pachtverhältnis eingetreten sei, sei dadurch Rechnung getragen worden, dass die neue Eigentümerin gemäß §§ 9 LwVG, 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG als unmittelbar rechtlich Betroffene am Verfahren beteiligt worden sei.

Das Fortsetzungsverlangen der Antragstellerin sei gegenüber der Antragsgegnerin wie auch deren Rechtsnachfolgerin bereits deshalb ohne Erfolg, weil ihm der materielle Ausschlusstatbestand des § 595 Abs. 3 Nr. 3 BGB entgegenstehe. Für die maßgebliche Vertragslaufzeit von mindestens 18 Jahren sei entgegen der Auffassung der Antragstellerin nämlich nicht allein auf den Vertrag aus dem Jahr 2010 abzustellen, sondern bereits auf die Vorverträge aus den Jahren 1987 und 1993. Die maßgebliche Ausschlussfrist von 18 Jahren sei daher bereits längstens überschritten. Nach der herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung sei bei der Beurteilung der Laufzeit allein auf die tatsächliche Pachtzeit abzustellen und nicht etwa auf die vertraglich vereinbarte Pachtdauer. Entscheidend sei die tatsächliche Bewirtschaftung über die Jahre hinweg.

Im vorliegenden Fall bewirtschafte die Antragstellerseite den Betrieb bereits seit 1987. Seitdem sei Pächter und Betreiber des Hofes rein tatsächlich betrachtet durchweg der nunmehr auch bei der Antragstellerin als Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer fungierende F., der mit wechselndem Personenbestand als Geschäftsführer die Betriebsgesellschaft auf dem Hof seit nunmehr 32 Jahren führe. Insofern bestehe seit dem ersten Vertragsverhältnis zum einen rechtliche ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge