Entscheidungsstichwort (Thema)
Namensänderung: Überwiegen der Kontinuität des Kindesnamens als Kindesbelang
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Frage, ob das Kind einen vom bisherigen Familiennamen unterschiedlichen Namen tragen soll, handelt es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind, so dass das Familiengericht gem. § 1628 BGB zur Entscheidung berufen ist.
2. Zu den Voraussetzungen eines wichten Grundes nach § 3 Abs. 1 NamÄndG.
Normenkette
BGB § 1697a; NamÄndG § 3
Verfahrensgang
AG Ravensburg (Beschluss vom 26.03.2010; Aktenzeichen 8 F 1014/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Ravensburg vom 26.3.2010 unter Ziff. 1 abgeändert und der Antrag des Beteiligten zu 2. auf Übertragung der Entscheidungsbefugnis hinsichtlich des künftigen Nachnamens des Beteiligten zu 1. abgelehnt.
Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Es verbleibt bei der Kostenentscheidung der ersten Instanz.
Beschwerdewert: 3.000 EUR
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Änderung des Familiennamens des Beteiligten zu 1.
Die Beteiligten zu 2. (Vater) und 3. (Mutter) waren verheiratet. Die Trennung der Eltern erfolgte im März 2005. Die Ehe wurde durch Urteil des AG - Familiengericht - Ravensburg vom 7.2.2008, rechtskräftig seit 20.6.2008, geschieden. Aus der Ehe ist der am 4.11.1997 geborene Beteiligte zu 1. (Kind) hervorgegangen, für den beide Eltern sorgeberechtigt sind. Jener hat zwei Geschwister, den volljährigen Bruder R. C. und die minderjährige Schwester T. R. Das Kind lebt seit dem 11.9.2008 mit seinem Bruder beim Vater; die Schwester lebt bei der Mutter. Der Vater hat am 25.11.2008 seinen jetzigen Nachnamen angenommen. Der Bruder hat seinen Nachnamen dem Vater angepasst.
Der Vater hat vor dem AG sinngemäß beantragt, ihm die Entscheidungsbefugnis für die Namensänderung des Nachnamens des Kindes zu übertragen.
Das AG hat dem Antrag durch Beschluss vom 26.3.2010 stattgegeben und die Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Übertragung auf den Vater das Kind in dem bestehenden Loyalitätskonflikt ggü. den Eltern und bei seiner Identifikation unterstützen kann. Zudem habe sich das Kind seit Oktober 2008 durchgehend dahin geäußert, den Nachnamen des Vaters annehmen zu wollen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Mutter, mit der diese eine Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung und eine Zurückweisung des Antrags erstrebt. Auf die Beschwerdeschrift wird Bezug genommen.
Der Beteiligte zu 2. hat sich per E-Mail vom 9.8.2010 geäußert. Auf das in dieser enthaltene Schreiben mit Datum vom 5.7.2010 wird Bezug genommen.
II. Die Beschwerde der Mutter ist gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Die Voraussetzungen einer Namensänderung des Beteiligten Ziff. 1 sind nach den vom AG und dem Senat getroffenen Feststellungen nicht erfüllt. Damit entspricht auch die Übertragung der Entscheidungsbefugnis über die Namensänderung auf den Beteiligten zu 2. nicht dem Kindeswohl am besten.
Das AG geht zu Recht davon aus, dass es sich bei der Frage, ob der Beteiligte zu 1. einen vom bisherigen Familiennamen unterschiedlichen Namen tragen soll, um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind handelt, und daher das Familiengericht nach § 1628 BGB zu einer Entscheidung berufen ist (OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 2005).
In Verfahren nach § 1628 BGB (Gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern) hat das Gericht ohne Rücksicht auf die Antragstellung diejenige Entscheidung zu treffen, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht (§ 1697a BGB). Einem Elternteil ist dann eine Entscheidungsbefugnis zu übertragen, wenn dessen Entscheidungsvorschlag für das Kindeswohl am besten ist und den berechtigten Interessen der Beteiligten entspricht.
Die Voraussetzungen einer Namensänderung nach dem hier einzig in Betracht kommenden § 3 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndG) sind allerdings nicht gegeben, so dass der Vorschlag des Vaters dem Kindeswohl nicht entspricht.
Gemäß § 3 NamÄndG darf ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Ein wichtiger Grund im Sinne dieser Norm liegt nur dann vor, wenn das Kindeswohl die Änderung des Familiennamens bei angemessener Berücksichtigung der für die Beibehaltung des bisherigen Namens sprechenden Gründen gebietet, also die Namensänderung im Hinblick auf das Wohl des Kindes erforderlich ist. Dieser Maßstab folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 1618 Satz 4 BGB (vgl. BVerwG NJW 2002, 2406). Das Gesetz stellt dabei mit der Formulierung einer Erforderlichkeit bewusst eine hohe Hürde auf. Als für das Kindeswohl erforderlich ist eine Namensänderung daher nur anzusehen, wenn andernfalls schwerwiegen...