Leitsatz
Geschiedene Eltern stritten um die Änderung des Familiennamens ihres im November 1997 geborenen gemeinsamen Sohnes. Beide Eltern waren sorgeberechtigt. Sie hatten zwei weitere Kinder, einen bereits volljährigen Sohn und eine minderjährige Tochter. Der im Jahre 1997 geborene Sohn (der Beteiligte zu 1.) lebte seit September 2008 mit seinem Bruder bei seinem Vater, die Schwester lebte bei der Mutter. Der Vater hatte am 25.11.2008 seinen jetzigen Nachnamen angenommen. Der volljährige Sohn hatte seinen Nachnamen dem seines Vaters angepasst.
Der Vater hat vor dem AG sinngemäß beantragt, ihm die Entscheidungsbefugnis für die Namensänderung des Nachnamens des Beteiligten zu 1. zu übertragen.
Das AG hat dem Beschluss stattgegeben und die Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Übertragung auf den Vater das Kind in dem bestehenden Loyalitätskonflikt ggü. den Eltern bei seiner Identifikation unterstützen könne. Zudem habe sich das Kind seit Oktober 2008 durchgehend dahingehend geäußert, den Nachnamen des Vaters annehmen zu wollen.
Gegen diese Entscheidung richtete sich die Beschwerde der Mutter. Ihr Rechtsmittel war erfolgreich.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Voraussetzungen einer Namensänderung des Beteiligten zu 1. für nicht erfüllt. Damit entspreche auch die Übertragung der Entscheidungsbefugnis über die Namensänderung auf den Beteiligten zu 2. (den Kindesvater) nicht dem Kindeswohl am besten.
Die Voraussetzungen einer Namensänderung nach dem hier einzig in Betracht kommenden § 3 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen sei nicht gegeben. Der Vorschlag des Vaters entspreche nicht dem Kindeswohl.
Gemäß § 3 NamÄndG dürfe ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertige. Ein wichtiger Grund im Sinne dieser Norm liege nur dann vor, wenn das Kindeswohl die Änderung des Familiennamens bei angemessener Berücksichtigung der für die Beibehaltung des bisherigen Namens sprechenden Gründen gebiete, die Namensänderung im Hinblick auf das Kindeswohl also erforderlich sei.
Diese Voraussetzung hielt das OLG hier für nicht gegeben. Auch wenn es verständlich sei, dass das Kind den gleichen Namen tragen wolle wie sein Vater, bei dem es lebe, und sein Bruder, sei diese Wertung ihrerseits bereits das Ergebnis einer Abwägung widerstreitender Interessen. Auch die Kontinuität des Kindesnamens sei ein wichtiger Kindesbelang, der nach Auffassung des OLG überwog. Das 12 Jahre alte Kind habe zeitlebens den bisherigen Familiennamen der Eltern als Nachnamen geführt. Der Name werde auch weiterhin von der Kindesmutter und der bei dieser lebenden Schwester geführt. Der seit dem 25.11.2008 vom Vater geführte Nachname habe demgegenüber keine historisch gewachsene Bedeutung für das Kind. Zudem würde durch eine Namensänderung das Namensband zur leiblichen Mutter sowie auch zu der Verwandtschaft väterlicherseits zerschnitten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Kontinuität der Namensführung nicht nur für die Eltern Bedeutung habe, sondern auch einen wichtigen Kindesbelang darstelle (BGH in FamRZ 2002, 94).
Der Familienname dokumentiere nach außen hin die Abstammung des Kindes und habe damit auch identitätsstiftenden Charakter. Er begleite die Lebensgeschichte seines Trägers und sei deshalb nicht allein aus der Perspektive der gegenwärtigen familiären Situation heraus zu beurteilen.
Die Namensänderung könne auch nicht mit der Vorstellung begründet werden, die Herkunft aus einer gescheiterten Ehe zu verdecken. Kinder könnten nicht völlig konfliktfrei ins Leben treten. In einem gewissen Umfang müssten sie mit den mit einer Scheidung der Eltern verbundenen Problemen - auch mit einer Namensverschiedenheit - zu leben lernen (BVerwG NJW 1983, 1866). Vor dem Hintergrund des sich nach Aktenlage ergebenden Loyalitätskonflikts des Kindes sei dessen Willen keine ausschlaggebende Bedeutung zuzumessen. Auch wenn das Kind durchaus in der Lage sei, seine Vorstellungen klar und eindeutig zur Geltung zu bringen, vermöge es doch angesichts seines Alters den mit einer Namensänderung verbundenen Identitätsverlust noch nicht zu übersehen.
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.08.2010, 16 UF 122/10