Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Berechnung der Betreuervergütung nach § 5 Abs. 2 S 1 Nr. 4 VBVG (mittellos/Heim) oder nach § 5 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 VBVG (mittellos/nicht im Heim) fällt die Unterbringung in einer Pflegefamilie im Regelfall nicht unter den Heimbegriff des § 5 Abs. 3 VBVG i.V.m. § 1 Abs. 2 HeimG (Beschluss des Senats vom 25.10.2007 - 8 W 313/07; entgegen OLG Oldenburg FamRZ 2006, 1710).

2. Eine Ausnahme kann jedoch dann vorliegen, wenn die Unterbringung in der Pflegefamilie von einem Heimträger veranlasst und von diesem überwacht wird, weil die Pflegefamilie in die Gesamtorganisation des Heimträgers integriert ist.

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Beschluss vom 09.07.2007; Aktenzeichen 1 T 89/07 Ba)

Notariat Gaildorf (Aktenzeichen VG II 283/1997)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors vom 3.8.2007 wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Heilbronn vom 9.7.2007 abgeändert.

Die sofortige Beschwerde der Betreuerin gegen den Beschluss des Notariats II - Vormundschaftsgericht - Gaildorf vom 6.3.2007, mit dem die aus der Staatskasse zu bezahlende Vergütung der Betreuerin für den Zeitraum vom 1.2.2006 - 31.1.2007 auf 1.056 EUR festgesetzt worden ist, wird zurückgewiesen.

2. Die Betreuerin hat die Gerichtskosten des Erstbeschwerdeverfahrens zu tragen. Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

Wert des Erstbeschwerdeverfahrens: 792 EUR.

 

Gründe

I. Gegenstand dieses Verfahrens ist die Festsetzung der Betreuervergütung. Streitig ist, ob die Unterbringung des Betreuten in einer Familie einer Heimunterbringung gleichzusetzen ist.

Der am 8.11.1964 geborene Betreute leidet an einer geistigen Behinderung, auf Grund deren er nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten ohne fremde Hilfe zu besorgen. Deshalb wurde für ihn mit Beschluss des Notariats II - Vormundschaftsgericht - Gaildorf vom 10.11.1997 Frau ... zur Betreuerin mit dem Aufgabenkreis Vermögensangelegenheiten, Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge mit Zustimmung zur ärztlichen Behandlung bestellt. Der Betreute lebte von 1972 bis 1985 vollstationär in einem Heim der Diakonie ... e.V., die dann seine Unterbringung in einer Pflegefamilie (Bauernhof mit Viehzucht) veranlasste, wo er im Rahmen der Familienpflege weiterhin durch die Diakonie ... betreut wird. Die Einzelheiten sind in dem Familienpflegevertrag vom 23.1.2004 zwischen der Diakonie ... e.V. als Träger, der Pflegefamilie ... und dem Betroffenen (Klient) geregelt. Die Betreuerin hat dem Vertag zugestimmt.

Mit Beschluss vom 17.7.2002 wurde die Betreuung in dem bisherigen Umfang verlängert.

Der Betreute ist mittellos. Die Vergütung der Betreuerin erfolgt deshalb aus der Staatskasse.

In ihrem Bericht vom 31.1.2003 an das Vormundschaftsgericht teilte die Betreuerin unter Ziff. 2 " Gesundheitliche Situation" mit, dass Arztbesuche selbständig von der Pflegefamilie organisiert würden und dass Herr ... von der Familienpflege regelmäßige Besuche mache und Probleme mit der Familie durchspreche. Unter Ziff. 4 "Perspektiven" führte die Betreuerin weiter aus, dass die Familie, in der der Betroffene untergebracht ist, die ideale Pflegefamilie sei. Die Familie verstehe es in sehr guter Art und Weise auf den Betroffenen einzugehen und seine Interessen zu berücksichtigen. Da von Seiten der Familienpflege die Betreuung nahezu vollständig übernommen werde, mache sie nur selten Besuche bei dem Betroffenen. Im vergangenen Berichtszeitraum habe sich gar kein Besuch ergeben.

Aus dem Bericht vom 4.2.2004 ergibt sich (unter Ziff. 4 "Perspektiven"), dass der Betroffene immer wieder versucht, Geschäfte zu tätigen, die dann rückgängig gemacht werden müssen, wobei dies auch durch die Pflegefamilie vorgenommen wird.

Nach dem Bericht der Betreuerin vom 29.1.2005 wird das Sparbuch des Betroffenen, auf das dieser sein Taschengeld einbezahlt erhält, von der Pflegefamilie und dem Betroffenen selbst verwaltet.

Mit Rechnung vom 25.1.2007 machte die Betreuerin für den Zeitraum vom 1.2.2006 bis zum 31.1.2007 gem. § 4 VBVG i.V.m. § 5 VBVG eine pauschale Vergütung für 42 Stunden a 44 EUR i.H.v. insgesamt 1.589,75 EUR zzgl. Umsatzsteuer (Gesamtbetrag 1.848 EUR) geltend. Der Berechnung liegt ein Ansatz von 3,5 Std. für eine mittellose, nicht in einem Heim untergebrachte Personen zugrunde (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 VBVG).

Dem Vorhalt des Vormundschaftsgerichts, dass die Familienpflege bei Vorlage eines entsprechenden Vertrags als "Heimunterbringung" i.S.d. § 5 Abs. 3 BVVG anzusehen sei, trat die Betreuerin mit Schreiben vom 24.2.2007 entgegen. Bei der Unterbringung in einer Familien handle es sich um eine Wohnform des betreuten Wohnens, in der Behinderte in eine Familie aufgenommen würden und als Familienmitglieder ambulant in dieser Familie lebten. Diese Wohnform habe mit einem Heimalltag nichts gemein. Der Betreute lebe bei Familie ..., werde von Frau ... in Bezug auf Essen und Trinken versorgt und helfe im Haus und im Betrieb nach seinen Möglichkeiten mit. Die Familie zahle ihm dafür einen Lohn i.H.v. 67 EUR pro M...

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