Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Berechnung der Betreuervergütung nach § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VBVG (mittellos/Heim) oder nach § 5 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 VBVG (mittellos/nicht im Heim) fällt die Unterbringung in einer Pflegefamilie grundsätzlich nicht unter den Heimbegriff des § 5 Abs. 3 VBVG i.V.m. § 1 Abs. 2 HeimG (entgegen OLG Oldenburg FamRZ 2006, 1710).

2. Eine Ausnahme kann dann vorliegen, wenn die Unterbringung in der Pflegefamilie von einem Heimträger veranlasst und von diesem überwacht wird, weil die Pflegefamilie in die Gesamtorganisation des Heimträgers integriert ist (Beschluss des Senats vom 11.10.2007 - 8 W 312/07).

3. Vorlage an den BGH gem. § 28 Abs. 2 FGG.

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Beschluss vom 10.07.2007; Aktenzeichen 1 T 124/07, 1 T 125/07)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 23.01.2008; Aktenzeichen XII ZB 176/07)

 

Tenor

Die Sache wird zur Entscheidung über die sofortige weitere Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Heilbronn vom 10.7.2007 - 1 T 124/07 und 1 T 125/07, dem BGH vorgelegt.

 

Gründe

1. Gegenstand dieses Verfahrens ist die Festsetzung der Betreuervergütung. Streitig ist, ob die Unterbringung der Betreuten in einer Familie einer Heimunterbringung gleichzusetzen ist.

Die Beteiligte Ziff. 1 ist am 17.4.2003 zur Betreuerin für die Betroffene bestellt worden, die seit 12.3.2001 in einer Pflegefamilie wohnt. Es besteht bei ihr eine psychische Erkrankung, auf Grund deren sie im Jahr 2004 längere Zeit stationär in der Psychiatrie untergebracht war. Bis Ende 2005 wurde sie in Form der psychiatrischen Familienpflege von der Einrichtung "..." betreut. Ab 1.1.2006 ging die Zuständigkeit auf den "... e.V." über. Die Betreuung wurde durch dieselbe Person, an die sich die Betroffene gewöhnt hatte, ausgeübt. Bis Ende 2005 besuchte sie die Tagesstätte für psychisch Kranke in Schwäbisch-Hall. Bis dahin wurde der Betreuerin eine Vergütung bewilligt nach den Kriterien "mittellos/nicht im Heim/44 EUR pro Stunde". Für den nachfolgenden Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2006 hat das Vormundschaftsgericht - Notariat Gaildorf II - mit den Beschlüssen vom 9. und 14.2.2007 die Ansicht vertreten, die Unterbringung der Betroffenen entspreche dem Berechnungskriterium "im Heim", und hat deswegen nur die entsprechend reduzierte Pauschale bewilligt.

Auf die Beschwerden der Betreuerin hat das LG am 10.7.2007 die Beschlüsse des Notariats abgeändert und die Betreuervergütung unter Zugrundelegung des Berechnungskriteriums "nicht im Heim" festgesetzt. Gegen die am 23.7.2007 zugestellte Entscheidung hat der Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse am 3.8.2007 weitere Beschwerde eingelegt, die vom LG in dem angefochtenen Beschluss zugelassen worden war. Die Betreuerin ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der unterschiedlichen Rechtsauffassungen zum Heimbegriff wird Bezug genommen auf die angefochtenen Beschlüsse des Notariats und des LG sowie auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten.

2. Der Senat hält die sofortige weitere Beschwerde für zulässig (§§ 27 Abs. 1, 29, 20, 22 Abs. 1, 56g Abs. 5 Satz 2, 69e Abs. 1 Satz 1 FGG), in der Sache aber für unbegründet.

Soweit die Erstbeschwerden fast zwei Monate nach Abfassung der Beschlüsse des Notariats eingelegt wurden, kann von einer Verfristung und damit Unzulässigkeit nicht ausgegangen werden, weil eine ordnungsgemäße, die Beschwerdefrist in Lauf setzende Zustellung (§ 16 Abs. 2 Satz 1 FGG) nicht erfolgt ist. Damit hat das LG zu Recht in der Sache entschieden.

Der Senat sieht sich an einer die Rechtsauffassung der Beschwerdeinstanz bestätigenden Entscheidung gehindert durch den Beschluss des OLG Oldenburg vom 2.5.2006 - 5 W 48/06, veröffentlicht in FamRZ 2006, 1710. Deshalb legt der Senat die Sache dem BGH gem. § 28 Abs. 2 FGG zur Entscheidung vor.

Der mit der sofortigen weiteren Beschwerde angefochtene Beschluss des LG Heilbronn vom 10.7.2007 hält nach der Auffassung des Senats im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

Vorliegend geht es um die Subsumtion des unstreitigen Sachverhalts unter den Begriff "Heim" i.S.d. § 5 Abs. 3 VBVG i.V.m. § 1 Abs. 2 HeimG und damit um die Abgrenzung der heimmäßigen Unterbringung zu der Form eines "Betreuten Wohnens", hier der Familienunterbringung/Familienpflege. Denn von dieser Einordnung hängt die Höhe der Vergütung des Betreuers ab, die sich entweder richtet nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VBVG (zwei Stunden im Monat bei einem mittellosen Betreuten mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Heim) oder nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 VBVG (dreieinhalb Stunden im Monat bei einem mittellosen Betreuten ohne Heimunterbringung).

a) Heime i.S.d. § 5 Abs. 3 VBVG sind Einrichtungen, die dem Zweck dienen, Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie tatsächliche Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden. Einrichtungen sind Verbindungen aus sächlichen und personellen Mitte...

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