Leitsatz (amtlich)
Zur Mutwilligkeit i.S.d. § 114 ZPO bei Ergebung einer (weiteren) Klage auf Zahlung von Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung, wenn bereits zuvor eine Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Versicherungsvertrages erhoben worden ist.
Normenkette
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1; ZPO §§ 9, 114, 261 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Ansbach (Beschluss vom 25.01.2024; Aktenzeichen 3 O 1283/23) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers/Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Ansbach vom 25.01.2024, Az. 3 O 1283/23 Ver, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller/Kläger (künftig: Kläger) führt unter dem Az. 3 O 980/22 vor dem Landgericht Ansbach ein Verfahren, in welchem er festgestellt wissen will, dass sein bei der Antragsgegnerin/Beklagten gehaltener Vertrag über eine Berufsunfähigkeitsversicherung weder durch Rücktritt vom 19.06.2020 noch durch Anfechtung vom 08.07.2020 aufgelöst wurde, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. Auf seinen verfahrenseinleitenden Antrag vom 17.10.2022 hin wurde dem Kläger für jenes erstinstanzliche Verfahren mit Beschluss vom 29.12.2022 antragsgemäß Prozesskostenhilfe bewilligt. Der exakte Stand jenes Rechtsstreits ist den Akten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens nicht zuverlässig zu entnehmen.
Mit Antrag vom 22.12.2023, eingegangen beim Landgericht Ansbach am 27.12.2023, hat der Kläger beantragt (Auszug):
... wird die Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß anliegendem Entwurf einer Klageschrift (Anl. 1) beantragt. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst diversen Anlagen (Anl. 2) ist beigefügt.
Das Gericht wird auf die drohende Verjährung zum 31.12.2023 ausdrücklich hingewiesen.
Es wird daher beantragt, den Antrag ohne Rücksicht auf die Erfolgsaussichten der Klage an die Beklagtenseite bekannt zu geben und zuzustellen, um eine Hemmung der Verjährung in jedem Fall komplett zu erreichen. Das Gericht hat nach der Rechtsprechung des BGH vom 24.01.2008, IX ZR 195/06 entsprechend zu verfahren. Wir sehen einer Bestätigung des Gerichts entgegen, wonach kurzfristig an die Beklagtenseite komplett zugestellt wurde.
Dem beigefügten Klageentwurf vom 22.12.2023 ist zu entnehmen, dass gegen die Beklagte nunmehr bezifferte Leistungsanträge aus demselben Vertragsverhältnis geltend gemacht werden sollen (rückständige Renten, zukünftige Monatsrenten, Beitragserstattung, künftige Beitragsfreistellung), und zwar mit der Behauptung, es sei seit April 2020 eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit eingetreten, weil der Kläger wegen einer "dissoziativen Störung im Zusammenhang mit multiplen Traumatisierungen" sowie einer "anhaltenden posttraumatischen Belastungsstörung nach vielfältigen schweren Traumatisierungen" in keinster Weise mehr in der Lage sei, seinen Beruf oder irgendeinen anderen Beruf auszuüben.
Die Antragsgegnerin/Beklagte hat mit Schriftsatz vom 05.01.2024 die Zurückweisung des Prozesskostenhilfegesuchs beantragt und ausgeführt, es liege doppelte Rechtshängigkeit vor, weil unter Az. 3 O 980/22 das anderweitige Klageverfahren anhängig sei, zudem sei die - beabsichtigte - Leistungsklage unbegründet, weil die Beklagte wirksam den Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten und zudem wirksam den Rücktritt erklärt habe.
Mit Beschluss vom 25.01.2024 hat der zuständige Einzelrichter der Zivilkammer den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig erscheine: Der Kläger könne vorliegend die Klageanträge aus diesem Verfahren in dem bereits anhängigen Verfahren als Klageerweiterung einbringen; dies zumal, da für die streitgegenständlichen Ansprüche auch die Fragestellungen des Rücktritts und der Anfechtung der Berufsunfähigkeitsversicherung durch die Beklagte wesentlich und essenziell seien; bei der Klageerweiterung würden sich Anwaltsgebühren und Kosten aus dem Gesamtstreitwert errechnen und deutlich niedriger ausfallen als wenn diese in zwei Verfahren jeweils gesondert würden.
Diese Entscheidung wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29.01.2024 zugestellt.
Dagegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 26.02.2024, eingegangen bei dem Oberlandesgericht Nürnberg am selben Tag, sofortige Beschwerde eingelegt und diese näher begründet.
Nach Zuleitung der Beschwerdeschrift hat das Landgericht mit Beschluss vom 01.03.2024 eine Abhilfe abgelehnt und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde (vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) des Antragstellers/Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht die beantragte Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) abgelehnt.
1. Maßgeblich sind hierbei die von der Rechtsprechung für den Begriff der Mutwilligkeit aufgestellten - und vom Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2014 in die Legaldefinition des § 114 Abs. 2 ZPO übernommenen - Grundsätze. Diese hat das Landgerich...