Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 29 O 546/16)

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 08.12.2020; Aktenzeichen 1 BvR 1173/19)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der der 29. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 13. Februar 2017 wird durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 313.949,77 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Nach Widerruf eines mit der Beklagten im Januar 2005 geschlossenen Darlehensvertrages nimmt der Kläger die Beklagte auf Erstattung erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen sowie auf Herausgabe gezogener Nutzungen in Anspruch.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe sein Widerrufsrecht verwirkt.

Gegen die Abweisung seiner Klage hat der Kläger Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 13. Februar 2017 - 29 O 546/16 - aufzuheben und

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 313.949,77 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, Zug um Zug gegen Zahlung von 262.843,05 Euro, zu zahlen

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zahlung der 262.843,05 Euro im Verzug befindet.

II. Die zulässige Berufung hat nach übereinstimmender Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts und eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Zur Begründung wird auf den Senatsbeschluss vom 4. Januar 2018 Bezug genommen. Die hierzu eingereichten Stellungnahmen des Klägers vom 6. Februar 2018, 19. Februar 2018 und 23. Februar 2018 geben keinen Anlass, die Rechtslage anders zu beurteilen.

Die Voraussetzungen der Verwirkung des Widerrufsrechts sind durch die im Hinweisbeschluss zitierte Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs geklärt. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles ist der Einwand der Verwirkung begründet.

Wie im Beschluss vom 4. Januar 2018 ausgeführt, kommt es auf den Eintritt eines unzumutbaren Nachteils für den Darlehensgeber hier nicht an. Der XI. Senat hat im Rahmen seiner Zuständigkeit für das Verbraucherkreditrecht den Verwirkungstatbestand für die Ausübung des Rechts, ein Verbraucherdarlehen zu widerrufen, näher konkretisiert. Danach ist maßgebend, dass die beklagte Bank aufgrund der auf Wunsch des Klägers erfolgten vorzeitigen Beendigung des Vertrages auf das Ausbleiben des Widerrufs vertrauen durfte. Dass sich dieses Vertrauen in einem konkreten, dem Beweis zugänglichen Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen niedergeschlagen hat, ist dabei kein notwendiges Merkmal des Verwirkungstatbestandes.

Soweit diese Rechtsprechung den Schutzbereich des Eigentumsrechts des Klägers (Art. 14 GG) tangiert, liegt darin eine zulässige Konkretisierung der Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums.

Dass der Bundesgerichtshof in anderen Rechtsgebieten weitergehende Anforderungen an das Eingreifen der Verwirkung stellt, hat der XI. Senat nicht zum Anlass genommen, den Großen Senat für Zivilsachen anzurufen. Ob dies geboten gewesen wäre, hat das Berufungsgericht nicht zu prüfen.

Soweit das OLG Düsseldorf im Urteil vom 25.11.2016 - 16 U 5/16 - den Einwand der Verwirkung abgelehnt hat und der Bundesgerichtshof dies revisionsrechtlich nicht beanstandet hat, handelt es sich um die Würdigung eines Einzelfalles, die nicht verallgemeinert werden kann.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10 S. 2, 711 ZPO.

Verfügung

1. Beschluss vom 13.03.2018 hinausgeben an:

Prozessbevollmächtigte des Berufungsklägers ... zustellen (EB (Post))

Prozessbevollmächtigte des Berufungsbeklagten ... zustellen (EB (Post))

2. Wiedervorlage 2 Wochen

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14306878

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