Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Ausschluss wegen schwerer Straftat des Ausgleichsberechtigten im Zustand verminderter Schuldfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Der Versorgungsausgleich kann nach § 1587c Nr. 1 BGB auch dann ausgeschlossen werden, wenn dem Ausgleichsberechtigten eine schwere Straftat, die er im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangen hat, zur Last fällt.
Die Entscheidung ist rechtskräftig. Der BGH (XII ZB 96/08) hat für die zugelassene und auch eingelegte Rechtsbeschwerde Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht versagt und das Rechtsmittel wegen fehelnder Begründung verworfen.
Normenkette
BGB §§ 1587, 1587c
Verfahrensgang
AG Esslingen (Urteil vom 14.02.2008; Aktenzeichen 5 F 419/07) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen Nr. 2 des Urteils des AG - Familiengericht - Esslingen vom 14.2.2008 - 5 F 419/07 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: 1.000 EUR.
Gründe
I. Das Familiengericht hat in dem insoweit nicht angefochtenen Scheidungsverbundurteil vom 14.2.2008 die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich zugunsten der Antragsgegnerin wegen grober Unbilligkeit ausgeschlossen. Die Voraussetzungen hierfür hat es im Hinblick darauf, dass die Antragsgegnerin die beiden aus der Ehe hervorgegangenen Söhne M., und I., getötet hat, als gegeben angesehen. Wegen dieser Tat wurde sie am 26.10.2007 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Jahren wegen Totschlags in zwei Fällen verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Wegen der Einzelheiten des festgestellten Tathergangs und den für die Strafzumessung maßgeblichen Umstände wird auf das Strafurteil (Bl. 81/85) Bezug genommen.
Mit ihrer Beschwerde erstrebt die Antragsgegnerin die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
Während der nach § 1587 Abs. 2 BGB maßgeblichen Ehezeit vom 1.11.1993 bis 31.5.2007 - Eheschließung am 26.11.1993, Zustellung des Scheidungsantrags am 18.6.2007 - haben die Parteien jeweils bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg Anwartschaften auf Altersversorgung, der Antragsteller i.H.v. 331,56 EUR, die Antragsgegnerin i.H.v. 190,09 EUR erworben.
Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Antragsgegnerin ihren Antrag auf Übertragung der Versorgungsanwartschaften in Höhe der Hälfte des Wertunterschieds von 70,73 EUR weiter.
Sie verweist darauf, dass angesichts des Umstandes, dass ihre Schuldfähigkeit bei der Tatbegehung erheblich vermindert gewesen sei, die Voraussetzungen für den der Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit nicht vorlägen.
Der Antragsteller erstrebt die Zurückweisung der Beschwerde und verweist auf die Ausführungen der angefochtenen Entscheidung.
Die Akten der Staatsanwaltschaft Stuttgart, 1 KS 115 Js 17380/07 Al 11/07 wurden zu Beweiszwecken beigezogen.
II. Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Das Familiengericht hat den Versorgungsausgleich zu Recht gem. § 1587c BGB ausgeschlossen, weil dessen - auch nur teilweise - Durchführung unter Berücksichtigung aller Umstände grob unbillig wäre.
Die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach § 1587c Nr. 1 BGB sind dann gegeben, wenn seine Durchführung dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs, der Ausdruck der aus der Ehe heraus geschuldeten Solidarität in Bezug auf die gemeinsam während der Ehe erwirtschafteten Versorgungsanrechte ist, in unerträglicher Weise widerspräche. Hierbei kann auch ein eheliches Fehlverhalten ohne wirtschaftliche Relevanz den Ausschluss rechtfertigen, wenn es wegen seinen Auswirkungen auf den ausgleichspflichtigen Ehepartner ganz besonders ins Gewicht fällt (vgl. BGH FamRZ 1983, 32, 33; FamRZ 1987, 362, 363; KG FamRZ 2004, 643, 644). Eine Eheverfehlung, die in einer einzigen Handlung besteht, vermag eine grobe Unbilligkeit i.S.d. § 1587c BGB indessen nicht zu begründen, wenn die Handlung nicht schuldhaft begangen wurde (vgl. BGH FamRZ 1990, 985, 987 [15, 16]).
Ein solches, nach § 1587c Nr. 1 BGB beachtliches Fehlverhalten liegt hier vor. Durch die vorsätzliche Tötung der aus der Ehe der Parteien hervorgegangenen beiden Kinder M. und I. hat die Antragsgegnerin in besonders hohem Maße gegen die eheliche Solidarität verstoßen.
Zwar geht der Senat auf Grund des im Strafverfahren erstatteten Gutachtens des Sachverständigen, dem sich die Strafkammer nach der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung angeschlossen hat, davon aus, dass sich die Tötung der Kinder als Teil eines gescheiterten erweiterten Suizids der Antragsgegnerin darstellt. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Tat einer akuten emotionalen Belastungssituation entsprungen ist. Wie der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt hat, hat die Antragsgegnerin im Laufe der Ehe mit dem Antragsteller eine abhängige Persönlichkeitsstörung entwickelt. Aus Furcht vor dessen Drohungen, ihr die Kinder wegzunehmen und sie aus der Wohnung weisen zu lassen, verbunden mit ihrer extremen Konfliktscheu, hat sie s...