Entscheidungsstichwort (Thema)
(Keine) Befangenheit eines Sachverständigen im Spruchverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Gegen den Beschluss über die Ablehnung des Sachverständigen im Spruchverfahren ist die sofortige Beschwerde nach § 406 Abs. 5 ZPO statthaft. Auf das Beschwerdeverfahren sind die Vorschriften des FGG anzuwenden.
2. Die Beschwerdeschrift muss nicht von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein. § 12 SpruchG betrifft die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss über die Ablehnung des Sachverständigen nicht.
3. Das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, kann der sofortigen Beschwerde in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht entsprechend § 572 Abs. 1 ZPO abhelfen.
4. Einen Verfahrensbeteiligten trifft keine Pflicht, ohne Anlass nach Umständen zu forschen, die eine Befangenheit des Sachverständigen begründen könnten.
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 6) gegen den Beschluss der 32. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 4.3.2004 - 32 AktE 36/99 KfH - wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die ordentliche Hauptversammlung der W. AG Versicherungs-Beteiligungsgesellschaft (im Folgenden: W. AG) beschloss am 27.7.1999 die Verschmelzung auf die W. Beteiligungs-AG unter dem neuen Namen W. & W. AG. Die Aktionäre der W. AG sollten für jede Stückaktie zwei neue Aktien der W. & W. AG erhalten. Die Antragsteller waren Aktionäre der W. AG und begehren im Spruchverfahren die Festsetzung einer baren Zuzahlung.
Das LG hat die O. und Partner Revision- und Beratungsgesellschaft mbH mit Beschluss vom 19.12.2000 zur Sachverständigen bestimmt und ihr aufgetragen, den zuständigen federführenden Sachverständigen zu benennen. Diese hat einen ihrer fünf Geschäftsführer, Herrn H.O., als verantwortlichen Geschäftsführer für das Gutachten bezeichnet. Das LG hat daraufhin bei allen Beteiligten angefragt, ob diese mit dem vom Sachverständigen H.O. vorgeschlagenen Stundensatz einverstanden seien. Mit Schreiben vom 4.8.2003 übersandte die O. und Partner Revisions- und Beratungsgesellschaft mbH das schriftliche Gutachten, aus dem sich ergibt, dass Besprechungen mit Mitarbeitern der Antragsgegnerin stattgefunden haben. Das LG übersandte Abschriften des Gutachtens am 6.8.2003 an die Beteiligten zur Stellungnahme.
Mit Schreiben vorn 31.10.2003 lehnte der Antragsteller zu 5) den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Er brachte vor, dass der weitere Geschäftsführer der Sachverständigen, Herr G.O., als Fraktionsvorsitzender im Landtag von Baden-Württemberg ein führendes Mitglied des "Stuttgarter Honoratiorenkartells" und in dieser Eigenschaft erster stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats der L. sei. Er stehe damit in herausgehobener Verantwortung für den Bankkonzern, mit dem die Antragsgegnerin engstens zusammenarbeite und die dichtesten Interessenverflechtungen aufweise. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Antragsgegnerin nehme ein Mandat bei der L. wahr, ebenso der Vorstandsvorsitzende der Antragsgegnerin. Die L. sei über ihre Tochter B. Bank mit 40 Prozent an der B.-W. Kapitalanlagegesellschaft beteiligt, deren übrigen Anteile die Antragsgegnerin halte. Im Aufsichtsrat der B.-W. Kapitalanlagegesellschaft säßen vier Vertreter aus dem Konzern der Antragsgegnerin und zwei Vertreter des L.-Konzerns einträchtig zusammen. Der Vorstandsvorsitzende der Antragsgegnerin nehme ein Mandat bei der L.-Tochter B.-Bank wahr. Der Vorstandsvorsitzende der L. nehme Mandate bei der Lebensversicherungstochter der Antragsgegnerin, der W. Lebensversicherung, der Banktochter, der W.-Bank, und bei der Konzernmutter der Antragsgegnerin, der W. Holding wahr. Bei der L.-Gesellschaft, die mit Mehrheit von der L. und mit 25,1 Prozent von der W. Lebensversicherung gehalten werde, seien im Aufsichtsrat der Vorstandsvorsitzende der Antragsgegnerin und der L. sowie jeweils ein weiterer Mandatsträger aus dem L.- und dem W.-Konzern. Die Antragsteller zu 3) und 8) sowie der Beschwerdeführer schlossen sich diesem Antrag an, der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25.11.2003.
Das LG wies die Anträge mit Beschluss vom 4.3.2004 als unzulässig zurück. Die Ablehnung habe innerhalb von zwei Wochen seit der Bekanntgabe der Ernennung der Sachverständigen erklärt werden müssen. Die Antragsteller hätten sofort nach Bekanntgabe der Ernennung Nachforschungen zur Frage von Verflechtungen der Sachverständigen mit der Gegenseite anstellen müssen.
Gegen den ihm am 6.3.2004 zugestellten Beschluss legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein, beantragte, der Entscheidung des LG abzuhelfen und dem Befangenheitsgesuch stattzugeben. Es sei einem Antragsteller unmöglich, mindestens aber unzumutbar, bei Personen mit ausgeprägten öffentlichen Bezugspunkten Auskünfte einzuholen. Die Suchmaschine Google benenne 4.530 Einträge unter G.O. Recherchen hätten die aufgezeigten Sachverhalte auch nicht aufgedeckt. Der Beschwerdeführer stamme aus einem anderen Bundesland und sei mit den Verhä...