Leitsatz (amtlich)

Die gem. Vorbem. 3 Abs. 5 RVG-VV gebotene Anrechnung der Verfahrensgebühr hat dergestalt zu erfolgen, dass die zeitlich zuvor entstandene Verfahrensgebühr im selbständigen Beweisverfahren Bestand hat und die Verfahrensgebühr im Hauptsacheverfahren durch Anrechnung in Wegfall kommt.

 

Normenkette

RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 06.05.2008; Aktenzeichen 22 OH 17/05 u. 22 O 312/07)

 

Tenor

1. Die sofortigen Beschwerden der Beklagten vom 8.5.2008 gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 6.5.2008 (22 0H 17/05 u. 22 O 312/07) werden zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Beschwerdewert: 22 OH 17/05: 583,70 EUR.

22 O 312/07: 430,40 EUR.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 12.12.2005 beim LG Stuttgart beantragt, ein selbständiges Beweisverfahren einzuleiten mit dem Ziel, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens festzustellen, ob 3 im Einzelnen näher bezeichnete Kraftfahrzeuge Lackmängel aufweisen. Auf Antrag der Parteien wurde am 31.1.2005 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nach Wiederanrufung wurde durch Beschluss vom 26.6.2006 die Einholung eines Sachverständigengutachtens beschlossen. Am 10.1.2007 hat der Sachverständige sein Gutachten überreicht. Am 22.2.2007 hat das Gericht den Streitwert auf 9.000 EUR festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 13.7.2007 hat der Antragsteller nunmehr als Kläger die Beklagte auf Zahlung von 7.414,45 EUR nebst Zinsen sowie auf Feststellung in Anspruch genommen. Durch ein am 31.3.2008 verkündetes Urteil hat das LG die Beklagte zur Zahlung von 1.788,45 EUR nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits hat es dem Kläger 80 % und der Beklagten 20 % auferlegt. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens wurden in vollem Umfang der Beklagten auferlegt.

Der Kläger hat zunächst einen Kostenausgleichsantrag/Kostenfestsetzungsantrag vom 8.4.2008 eingereicht. Auf die Rüge des Beklagten, dass die Verfahrensgebühr des selbständigen Beweisverfahrens auf die Verfahrensgebühr im Hauptsacheverfahren anzurechnen sei, hat der Kläger am 29.4.2008 einen überarbeiteten Kostenausgleichsantrag/Kostenfestsetzungsantrag eingereicht (Bl. 171/172 d.A.). In diesem Kostenausgleichsantrag hat er die Kosten der Hauptsache mit 1.632,80 EUR angesetzt. Dabei blieb die 1,3 Verfahrensgebühr i.H.v. 583,70 EUR wegen der Anrechnungsbestimmung gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 5 VVG-RVG außer Ansatz.

Für das selbständige Beweisverfahren wurde demgegenüber die 1,3 Verfahrensgebühr i.H.v. 583,70 EUR in Ansatz gebracht.

Mit Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 6.5.2008 setzte der Rechtspfleger des LG Stuttgart für das Beweisverfahren 4.834,36 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit 30.4.2008 als erstattungsfähig fest und entsprach damit dem Antrag des Klägervertreters in seinem geänderten Kostenausgleichsantrag vom 8.4.2008. In dem Verfahren 22 O 312/07 setzte der Rechtspfleger mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6.5.2008 623,44 EUR nebst Zinsen als zu erstatten von dem Kläger an die Beklagte fest (Bl. 173/175 d.A.).

In der Beweissicherungssache wurde der Kostenfestsetzungsbeschluss der Beklagten am 8.5.2008 zugestellt. Ihre sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss ging am 9.5.2008 ein. Im Hauptsacheverfahren wurde der Kostenfestsetzungsbeschluss der Beklagten am 14.5.2008 zugestellt. Die sofortige Beschwerde war am 7.5.2008 bei Gericht eingegangen.

Zur Begründung seiner sofortigen Beschwerde hat der Beklagtenvertreter vorgebracht, der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6.5.2008 sei schon deshalb aufzuheben, weil er verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sei, indem nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden sei. Im Übrigen sei der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers auch in der Sache falsch, da er (zunächst) nur die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, nicht aber die Kosten des Hauptsacheverfahrens festgesetzt habe. Richtigerweise müsse die Verfahrensgebühr im Hauptsacheverfahren Bestand haben und im Wege der Anrechnung die Verfahrensgebühr im Beweissicherungsverfahren ganz oder teilweise in Wegfall kommen. Unter Berücksichtigung dieser Vorgabe und unter Berücksichtigung einer Quotelung im Hauptsacheprozess ergebe sich ein Ersattungsanspruch der Beklagten. Dieser sei vom Erstattungsanspruch des Klägers für das selbständige Beweisverfahren abzuziehen, weshalb dort mit Sicherheit keine 4.834,36 EUR festgesetzt werden könnten.

Der Kläger ist den sofortigen Beschwerden der Beklagten entgegengetreten.

II. Die gem. §§ 104 Abs. 3 Satz 1,567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff. ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG zulässigen sofortigen Beschwerden der Beklagten erweisen sich als in der Sache nicht begründet.

1. Zu Recht hat der Rechtspfleger des LG die gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 5 RVG-VV gebotene Anrechnung der Verfahrensgebühr dergestalt vorgenommen, dass die zeitlich zuvor entstandene Verfahrensgebühr im selbständigen Beweisverfahren Bestand hat und die Verfahrensgebühr i...

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