Verfahrensgang
AG Tettnang (Beschluss vom 24.09.2021; Aktenzeichen 2 F 518/20) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Tettnang vom 24.09.2021 dahingehend abgeändert,
dass die Anträge des Antragstellers als unzulässig abgewiesen werden.
2. Die Mutter des Antragstellers, Frau ..., trägt die Verfahrenskosten in beiden Instanzen.
Beschwerdewert: 4.740,50 EUR
Gründe
I. Der Antragsteller, geboren am 30.06.2016, ist der Sohn von Frau ... und dem Antragsgegner. Die Kindeseltern, die nie miteinander verheiratet waren, üben das Sorgerecht gemeinsam aus.
Aufgrund der Entscheidung des Senats vom 18.03.2019 (16 UF 4/19) - erlassen am 19.03.2019 - betreut der Antragsgegner den Antragsteller stets von Sonntagmorgen, 09.00 Uhr, bis Mittwochmorgen, 08.00 Uhr. In der übrigen Zeit wird der Antragsteller von seiner Mutter versorgt.
Mit Antrag vom 06.11.2020 machte der Antragsteller - vertreten durch seine Mutter - erstinstanzlich gegen den Antragsgegner Kindesunterhalt ab Oktober 2019 in Höhe von 128 % des Mindestunterhalts der Düsseldorfer Tabelle geltend.
Der Antragsgegner trat dem entgegen, indem er darauf abstellte, dass die Kindesmutter den Antragsteller nicht wirksam im Verfahren vertreten könne, da die Eltern den Antragsteller im Rahmen eines paritätischen Wechselmodells betreuen würden.
Dies sei durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18.03.2019 angeordnet worden.
Im Übrigen wäre er hinsichtlich des geltend gemachten Kindesunterhalts nicht leistungsfähig; allenfalls sei eine Ausgleichszahlung in Höhe von 83,50 EUR angemessen.
Schließlich käme die Mutter des Antragstellers ihrer Erwerbsobliegenheit nicht in vollem Umfang nach, so dass auch dieser Betrag nicht geschuldet sei.
Mit Beschluss vom 24.09.2021 hat das Amtsgericht den Antragsgegner verpflichtet, an den Antragsteller - vertreten durch seine Mutter ... - ab Dezember 2020 monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 110 % des Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen Kindergeldes sowie rückständigen Kindesunterhalt für den Zeitraum Februar 2020 bis November 2020 in Höhe von 1.092,50 EUR zu bezahlen.
Dabei ging das Amtsgericht von einem überwiegenden Betreuungsanteil der Kindesmutter aus. Wegen der Berechnung des Unterhaltsanspruchs wird auf die Gründe der Entscheidung verwiesen.
Gegen den ihm am 11.10.2021 zugestellten Beschluss legte der Antragsgegner am 22.10.2021 Beschwerde ein und begründete sein Rechtsmittel am 01.12.2021. Er rügt die mangelhafte Vertretung des Antragstellers durch dessen Mutter sowie bestimmte Gesichtspunkte der Unterhaltsberechnung durch das Familiengericht.
Der Beschwerdeführer beantragt, den Beschluss des Familiengerichts Tettnang vom 24.09.2021 abzuändern und die Anträge des Antragstellers abzuweisen.
Der Antragsteller verteidigt die amtsgerichtliche Entscheidung.
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass die Beschwerde Aussicht auf Erfolg habe, da der minderjährige Antragsteller im Verfahren nicht ordnungsgemäß vertreten sei.
Gleichwohl hält der Antragsteller am Beschluss des Amtsgerichts fest.
II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 117 Abs. 2 und 3, 58 ff. FamFG zulässig und begründet.
Die Anträge des Antragstellers auf Zahlung von Kindesunterhalt sind unzulässig.
Der Beschwerdegegner ist sechs Jahre alt, damit geschäftsunfähig (§ 104 Nr. 1 BGB) und in der Folge auch nicht verfahrensfähig (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 51 Abs. 1 ZPO).
Er bedarf zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen eines gesetzlichen Vertreters.
Die Kindesmutter ist dazu allein nicht befugt.
Grundsätzlich wird das minderjährige Kind gemäß § 1629 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB durch seine Eltern gemeinschaftlich vertreten, wenn - wie hier - das gemeinsame Sorgerecht besteht.
Nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB kann ein Elternteil bei Vorliegen des gemeinsamen Sorgerechts, wenn Kindesunterhaltsansprüche gegen den anderen Elternteil geltend gemacht werden sollen, das Kind nur dann allein vertreten, wenn es sich in der Obhut jenes Elternteils befindet.
Ein Kind befindet sich in der Obhut desjenigen Elternteils, bei dem der Schwerpunkt der tatsächlichen Fürsorge und Betreuung liegt, der mithin die elementaren Lebensbedürfnisse des Kindes nach Pflege, Verköstigung, Kleidung, ordnender Gestaltung des Tagesablaufs und ständig abrufbereiter emotionaler Zuwendung vorrangig befriedigt oder sicherstellt (BGH FamRZ 2014, 917).
Daran fehlt es hier, da zwischen den Eltern ein paritätisches Wechselmodell praktiziert wird. Abgesehen davon, dass dies im Beschluss des Senats vom 18.03.2019 (16 UF 4/19) angeordnet worden war und sich der Antragsteller nach wie vor in den dort aufgeführten Zeiten beim Antragsgegner aufhält, kommt es vorliegend nicht entscheidend auf die Quantität, sondern auf die Qualität der elterlichen Betreuungsleistungen an, da mit Rücksicht auf das damalige Alter des Antragstellers von einem wöchentlichen Wechsel abgesehen worden war und die Anzahl der Wochentage naturgemäß eine exakte Halbteilung nicht zulässt, ohne das...