Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckung aus vor dem 01.09.2009 ergangenen Umgangsregelungen
Leitsatz (amtlich)
1. Das Vollstreckungsverfahren nach §§ 86 ff. ist ein selbständiges Verfahren i.S.d. Art. 111 FGG-ReformG. Wird eshalb ein nach diesen Vorschriften zu betreibendes Vollstreckungsverfahren (hier: Durchsetzung einer Umgangsregelung) nach dem 31.8.2009 eingeleitet, sind die §§ 86 ff. FamFG auch dann anzuwende, wenn der Vollstreckungstitel bereits vor dem 1.9.2009 entstanden ist.
2. Der nach § 89 Abs. 2 FamFG erforderliche Hinweis auf mögliche Ordnungsmittel ist auch nicht dann entbehrlich, wenn die zu vollstreckende Umgangsentscheidung bereits ein Zwangsgeld nach § 33 Abs. 3 FamFG a.F. androht. Die fehelnde Belehrung kann durch gesonderten Beschluss - auch im Beschwerdeverfahren - nachgeholt werden
Normenkette
FGG a.F. § 33; FamFG § 89 Abs. 2; FamFG-ReformG Art. 111
Verfahrensgang
AG Waiblingen (Beschluss vom 28.01.2010; Aktenzeichen 12 F 313/08) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Waiblingen vom 28.1.2010 (Az. 12 F 313/08) aufgehoben.
2. Der Antrag des Antragstellers auf Festsetzung eines Zwangsgeldes wird zurückgewiesen.
3. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin werden nach § 89 Abs. 2 FamFG darauf hingewiesen, dass im Falle einer Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung im Beschluss des AG - Waiblingen - vom 16.12.2009 (12 F 313/08) gegen sie ein Ordnungsgeld bis zu 25.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monate angeordnet werden kann. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu 6 Monate anordnen.
4. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
5. Der Beschwerdewert wird auf 200 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die am 7.1.1998 geborene K. ist das Kind des Antragstellers und der Antragsgegnerin. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Eltern endete im März 2003; K. lebt seither bei der Antragstellerin in Waiblingen. Seit Ostern 2007 kommt es zwischen den Eltern zu Auseinandersetzungen über den Umgang K.'s mit ihrem Vater. Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, K. sperre sich gegen einen unbegleiteten Umgang.
Im April 2008 beantragte der Antragsteller die gerichtliche Regelung des unbegleiteten Umgangs mit seiner Tochter. Nachdem mehrere Versuche einer Einigung unter Einbeziehung des Kindes und einer Verfahrenspflegerin gescheitert waren, beschloss das AG - Familiengericht - am 16.12.2009 folgende Umgangsregelung:
I. Der Antragsteller hat das Recht des Umgangs mit seiner Tochter K. (...) wie folgt:
am Samstag den 16.1.2010 im Zeitraum zwischen 14:00 Uhr und 16:00 Uhr sowie am 30.1.2010, 13.2.2010, 27.2.2010 und 13.3.2010, jeweils von 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr. Der Antragsteller wird K. an den genannten Tagen jeweils in Begleitung der Verfahrenspflegerin (...) bei der Kindesmutter (...) abholen und sodann bis 16:00 Uhr betreuten Umgang mit seiner Tochter (...) haben. (...).
II. Nach dem 13.3.2010 erhält der Antragsteller das unbetreute Umgangsrecht mit K. (...) jeweils am zweiten und vierten Samstag im Monat, jeweils samstags im Zeitraum zwischen 10:00 Uhr und 17:00 Uhr. K. wird von dem Antragsteller von der Wohnung der Antragstellerin abgeholt und dorthin wieder zurückgebracht.
(...) III. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Antragsgegnerin ein Zwangsgeld i.H.v. bis zu 2.000 EUR angedroht.
IV. (Kosten).
Der Umgangstermin am 16.1.2010 kam nicht zustande, da K. ihre Mitwirkung verweigerte. Auf das am 22.1.2010 eingegangene Ersuchen des Antragstellers setzte das AG - Familiengericht - durch Beschluss vom 28.1.2010 ein Zwangsgeld nach § 33 Abs. 1 FGG a.F. gegen die Antragsgegnerin i.H.v. 200 EUR fest. Zur Begründung führte es aus, die Antragsgegnerin müsse ihre Tochter K. mit erzieherischen Mitteln zu einem unbegleiteten Umgang mit dem Antragsteller anhalten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie die Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses erstrebt.
II.1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist nach § 19 FGG a.F. statthaft und auch sonst zulässig. Dabei beurteilt der Senat die Zulässigkeit des Rechtsmittels nach dem bis 31.8.2009 geltenden - und ggü. den Regelungen in § 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. §§ 567 bis 572 ZPO günstigeren - Verfahrensrecht (§§ 19 ff. FamFG), obwohl das Zwangsgeldverfahren erst am 22.1.2010 und somit nach Inkrafttreten des FamFG zum 1.9.2009 eingeleitet worden ist.
a) Nach der Übergangsregelung in Art. 111 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.12.2008 (FGG-RG; BGBl. I 2008, 2586) findet auf selbständige Verfahren, die ab dem 1.9.2009 eingeleitet worden sind oder deren Einleitung beantragt wurde, grundsätzlich das FamFG Anwendung. Lediglich auf Verfahren, die bei Inkrafttreten des FGG-ReformG bereits eingeleitet waren oder deren Einleitung bis dahin beantragt worden war, ist weiter ...