Leitsatz (amtlich)
Zur Zustellung eines Vollstreckungsbescheids an einen sich in Haft befindenden Beklagten und zu den Voraussetzungen, unter denen einem solchen Beklagten Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist zu gewähren ist.
Normenkette
ZPO § 178 Abs. 1 Ziff. 3, §§ 233-234, 236
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 18 O 46/12) |
Tenor
Der Antrag des Beklagten, ihm Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Berufungsverfahrens zu gewähren, wird zurückgewiesen.
Gründe
Der derzeit inhaftierte Beklagte begehrt Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens gegen das Urteil des LG, mit dem es den Einspruch des Beklagten gegen einen gegen ihn ergangenen Vollstreckungsbescheid als unzulässig verworfen hat. Prozesskostenhilfe kann jedoch jedenfalls deshalb nicht gewährt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverteidigung des Beklagten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
I. Der Vollstreckungsbescheid des AG Stuttgart (Geschäftsnummer 11-9121775-001N) vom 12.8.2011 ist am 19.8.2011 einem zum Empfang berechtigten Vertreter des Leiters der Justizvollzugsanstalt, in der der Beklagte inhaftiert war und ist, übergeben worden. Der Beklagte hat mit am 19.1.2012 bei Gericht eingegangenem Schreiben vom 5.1.2012 Einspruch eingelegt. Nachdem das LG, an das das Mahngericht die Sache abgegeben hatte, den Beklagten auf die Versäumung der Einspruchsfrist hingewiesen hatte, teilte dieser mit am 21.2.2012 bei Gericht eingegangenem Schreiben vom 13.2.2012 mit, er könne eine vierzehntägige Frist wegen der in seinem Fall stattfindenden Briefkontrolle der Strafverfolgungsbehörden nicht einhalten; er könne nicht angeben, wann er den Vollstreckungsbescheid erhalten habe; die Einhaltung der Frist sei aber ohnehin "nicht machbar" gewesen, er sei damals noch der Meinung gewesen, dass ein verspäteter Einspruch, auch wenn die Frist auch nur um einen Tag versäumt sei, nicht mehr beachtet würde, erst im Januar 2012 sei er eines Besseren belehrt worden.
Das LG hat mit Urteil vom 21.2.2012, das am 24.2.2012 einem zum Empfang berechtigten Vertreter des Leiters der Justizvollzugsanstalt übergeben worden ist, den Einspruch nach §§ 700 Abs. 1, 341 ZPO verworfen und dem Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt, weil die Einspruchsfrist nicht eingehalten worden sei, angesichts des von dem Beklagten nicht mitgeteilten Datums der Aushändigung des Vollstreckungsbescheids an ihn die Einhaltung der Wiedereinsetzungsfrist nach § 234 ZPO nicht geprüft werden könne und eine Wiedereinsetzung in diese Frist nicht in Betracht komme, weil der Irrtum des Beklagten einen Wiedereinsetzungsgrund nicht darstelle.
Mit am 2.3.2012 beim LG eingegangenem Schreiben vom 22.2.2012 hat der Beklagte Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem LG beantragt. Auf den gerichtlichen Hinweis, wonach nach Abschluss des Verfahrens Prozesskostenhilfe nicht mehr bewilligt werden könne, hat der Beklagte mit an das LG gerichtetem, bei diesem am 16.3.2012 und sodann beim OLG nach Weiterleitung durch das LG am 20.3.2012 eingegangenem Schreiben vom 5.3.2012 "Einspruch" gegen das Urteil des LG erhoben, dabei erneut auf die in seinem Fall stattfindende Briefkontrolle der Strafverfolgungsbehörden hingewiesen und im Wesentlichen geltend gemacht, er habe sich die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts finanziell nicht leisten können, weshalb er beantrage, dass ihm ein "Pflichtverteidiger" gestellt werde.
II. Die beabsichtigte Rechtsverteidigung des Beklagten bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, jedenfalls deshalb kann Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden (vgl. § 114 Satz 1 ZPO).
1. Der Senat legt das an das LG gerichtete Schreiben des Beklagten vom 5.3.2012, das beim LG am 16.3.2012 und sodann beim OLG nach Weiterleitung durch das LG am 20.3.2012 eingegangen ist, dahin aus, dass der Beklagte mit ihm die Gewährung von Prozesskostenhilfe durch das OLG für die Durchführung des Berufungsverfahrens gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 21.2.2012 - 18 O 46/12 - begehrt. Zwar erhebt der Beklagte in diesem Schreiben "Einspruch" gegen das genannte Urteil, was als Einlegung einer Berufung gedeutet werden könnte. Dem Beklagten ist, wie sich aus dem Schreiben ergibt, jedoch bewusst gewesen bzw. er hat zumindest für möglich gehalten, dass die Einlegung des Rechtsmittels dem Anwaltszwang unterliegt (§ 78 ZPO), und er hat für diesen Fall auf sein Schreiben vom 22.2.2012, das am 2.3.2012 bei Gericht eingegangen ist, verwiesen, in dem er u.a. die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt hat, um sich u.a. gegen die von der Klägerin in diesem Rechtsstreit verfolgte Forderung zu verteidigen. Dem Gesamtzusammenhang der beiden erwähnten Schreiben des Beklagten entnimmt der Senat bei sachgerechter Auslegung die Stellung eines Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens gegen das erwähnte Urteil des LG Stuttgart vom 21.2.2012. Zudem entnimmt er diesem Gesamtzusammenhang bei solcher Auslegung, dass der Antrag des Beklagten, obwohl d...