Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Schadenersatzpflicht eines Wohnungseigentümers bei unberechtigter Dachraumnutzung zu Wohnzwecken

 

Leitsatz (amtlich)

Ist ein Wohnungseigentümer einem anderen Wohnungseigentümer wegen unzulässiger Wohnnutzung eines Nebenraums schadensersatzpflichtig, hat er ihn hinsichtlich der Nebenkostenbelastung so zu stellen, wie er bei zulässiger Nutzung des Nebenraums gestanden hätte. Die Schadensberechnung kann nicht auf Grund eines für den Schädiger ungünstigeren Kostenverteilungsschlüssels vorgenommen werden, von dessen Billigung die anderen Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zur Wahnnutzung vermutlich abhängig gemacht hätten.

 

Normenkette

BGB §§ 823, 1004; WEG § 14 Nr. 1, § 15

 

Tenor

1. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners werden der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 1.9.1992 und der Beschluß des Amtsgerichts Stuttgart vom 23.4.1992 aufgehoben.

2. Das Verfahren wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Stuttgart zurückverwiesen.

Beschwerdewert:

bis 7.500,– DM.

 

Gründe

I.

Die beiden Beteiligten sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft in S. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Wohnungseinheit Nr. 4 (150/1000 Miteigentumsanteil), der Antragsgegner Eigentümer einer im Erdgeschoß gelegenen Teileigentumseinheit (Nr. 3) sowie der das 5. und 6. Obergeschoß (= 1. und 2. Dachgeschoß) umfassenden Eigentumseinheit Nr. 8 (102/1000). Der Antragsgegner war von 1972 bis Ende 1985 Verwalter der Eigentümergemeinschaft.

In einem vorausgegangenen Untersagungsverfahren (an dem alle Miteigentümer beteiligt waren) wurde dem Antragsgegner auf Antrag der Antragstellerin rechtskräftig untersagt, das in der Teilungserklärung als „Bühnenraum” ausgewiesene 2. Dachgeschoß als Wohnung zu nutzen oder nutzen zu lassen.

Im vorliegenden Verfahren nimmt die Antragstellerin den Antragsgegner auf Grund unzulässiger Wohnraumnutzung der „Bühne” (= Dachboden = Nebenraum) auf Erstattung des in den Jahren 1972 bis 1990 nach ihrer Ansicht von ihr zuviel gezahlten Wohngeldes in Höhe von 7.084,69 DM in Anspruch. Sie meint, auf Grund der unzulässigen Wohnnutzung des Bühnenraums müsse der Antragsgegner einen höheren Nebenkostenanteil tragen, als er auf Grund seines Miteigentumsanteils von 102/1000 an die Wohnungseigentümergemeinschaft gezahlt hat. Er müsse deshalb von den auf ihren Miteigentumsanteil von 150/1000 umgelegten und von ihr gezahlten Gemeinschaftskosten von 62.512,– DM an sie 17/150 = 7.084,69 DM erstatten; dies sei der ihr durch die unzulässige Wohnraumnutzung des Bühnenraums entstandene Nachteil.

Die Antragstellerin hat vor dem Amtsgericht beantragt:

  1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin 7.084,69 DM zuzüglich 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
  2. Es wird festgestellt, daß der Antragsgegner verpflichtet ist, 17/1000 von 150/1000 des Nebenkostenanteils der Antragstellerin an die Antragstellerin zu erstatten.

Nachdem die Höhe der von der Antragstellerin in ihre Berechnung einbezogenen Beträge und der Zeitpunkt, ab dem ihr Gemeinschaftskosten berechnet wurden, streitig waren, hat das Amtsgericht durch Teil-Grund-Beschluß vom 23.4.1992 den Antragsgegner verurteilt, der Antragstellerin 17/1000 von 150/1000 des Nebenkostenanteils der Antragstellerin seit 1.11.1972 zu erstatten.

Die hiergegen vom Antragsgegner eingelegte sofortige Beschwerde wurde durch Beschluß des Landgerichts vom 1.9.1992 zurückgewiesen. Hiergegen legte der Antragsgegner durch Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten rechtzeitig sofortige weitere Beschwerde ein mit dem Antrag,

unter Aufhebung der Beschlüsse des Amtsgerichts und Landgerichts den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt

Zurückweisung der sofortigen weiteren Beschwerde.

Auf das Vorbringen in den Schriftsätzen der Beteiligten wird Bezug genommen.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig (§§ 45 Abs. 1 WEG, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG) und führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht.

Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Gesetzesverletzung, weil das Landgericht (wie im Ergebnis auch das Amtsgericht) die Berechnung des der Antragstellerin durch die unzulässige Wohnnutzung des Bühnenraums durch den Antragsgegner entstandenen Schadens abstrakt-normativ und nicht in Übereinstimmung mit § 249 BGB vorgenommen hat. Zur Feststellung des der Antragstellerin etwa konkret entstandenen Schadens ist die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

1. Zutreffend ist die Feststellung des Landgerichts, daß der Antragsgegner auf Grund der rechtswidrigen Nutzung des 2. Dachgeschosses als Wohnung der Antragstellerin schadensersatzpflichtig ist.

a) Durch die Wohnnutzung des Bühnenraums hat der Antragsgegner gegen die für sein Sondereigentum in der Teilungserklärung mit Vereinbarungscharakter getroffene Gebrauchsregelung (§ 15 Abs. 1 WEG) verstoßen. Gleichzeitig ha...

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