Leitsatz (amtlich)
Für die Bemessung der Terminsgebühren gemäß § 14 Abs. 1 RVG ist die überdurchschnittliche Dauer einer Hauptverhandlung auch beim Wahlverteidiger ein maßgebliches Kriterium. Eine Hauptverhandlungsdauer von über 5 Stunden rechtfertigt bei einem ansonsten durchschnittlichen Fall auch in Verfahren vor dem Schwurgericht eine Erhöhung der Mittelgebühr.
Verfahrensgang
LG Ulm (Aktenzeichen 2 Ks 27 Js 5101/12) |
StA Ulm (Aktenzeichen 27 Js 5101/12) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Nebenklägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Ulm vom 25. Juli 2013 wie folgt
a b g e ä n d e r t :
Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Ulm vom 15. Mai 2013 sind vom Angeklagten an die Nebenklägerin 3.008,72 € zu erstatten. Der Erstattungsbetrag enthält Umsatzsteuer in Höhe von 478,47 €.
Die Kosten des Rechtsmittels und die der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Der Beschwerdewert wird auf 779,45 € festgesetzt.
Gründe
I.
Durch Urteil des Landgerichts Ulm vom 15. Mai 2013 wurde der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
Entsprechend der Kostengrundentscheidung dieses Urteils macht die Beschwerdeführerin ihren Anspruch als Nebenklägerin auf Ersatz ihrer notwendigen Auslagen gegen den Verurteilten geltend.
Ihr Vertreter hatte mit Schriftsatz vom 17. Juni 2013 die Festsetzung von insgesamt 3.015,62 € beantragt. Er machte für die Grundgebühr (VV Nr. 4100 RVG) 250,-- €, für die Gebühr für das vorbereitende Verfahren (VV Nr. 4104 RVG) 200,-- €, für das gerichtliche Verfahren (VV Nr. 4118 RVG) 330,-- €, für die Teilnahme an den beiden Hauptverhandlungstagen (VV Nr. 4120 RVG) je 700,-- € sowie jeweils Fahrkosten für die Strecke zwischen dem Kanzleisitz und dem Gerichtsort in Höhe von je 57.- € (VV Nr. 7003 RVG) nebst Tage- bzw. Abwesenheitsgeld von je 60,-- € (VV Nr. 7005 Nr. 3 RVG), Kopierkosten in Höhe von 84,25 € (VV Nr. 7000 RVG), 20,-- € Auslagenpauschale (VV Nr. 7002 RVG), eine Aktenversendungspauschale von 12,-- € sowie 478,47 € Umsatzsteuer geltend. Soweit zunächst weitere Portokosten in Höhe von 6,90 € geltend gemacht wurden, erfolgte eine Rücknahme des Antrags.
Nach der Erklärung des Verzichts auf Pflichtverteidigergebühren durch den Nebenklagevertreter setzte das Landgericht Ulm mit Beschluss vom 25. Juli 2013 die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin auf insgesamt 2.229,27 € fest. Bezüglich aller Rahmengebühren ging die Rechtspflegerin davon aus, dass lediglich die Mittelgebühr angemessen sei, was zu Absetzungen bei den Gebühren Nr. 4100, 4104, 4120 in Höhe von insgesamt 655,-- € zuzüglich der entsprechenden Umsatzsteuer geführt hat.
Die übrigen Positionen wurden vom Landgericht Ulm antragsgemäß festgesetzt.
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss legte die Beschwerdeführerin unter Berufung auf den "bislang geführten Schriftverkehr" Beschwerde ein. In früheren Schriftsätzen hatte der Nebenklagevertreter gegenüber dem Landgericht Ulm darauf hingewiesen, dass er aufgrund der Vielzahl der Besprechungen vor der Verhandlung mit dem Pflichtverteidiger, dem Gericht und der eigenen Mandantin die von ihm beantragten, über der Mittelgebühr liegenden Sätze für angemessen erachte. Gleiches gelte für die Terminsgebühren, nachdem die jeweiligen Hauptverhandlungstermine (einschließlich der Mittagspausen) jeweils nahezu 8 Stunden in Anspruch genommen hätten.
II.
Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde gemäß §§ 464b Satz 3 StPO, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG zulässig, insbesondere auch rechtzeitig eingelegt. Nachdem der Nebenklagevertreter eine Abtretung der Ansprüche nicht vorträgt, ist im Zweifel davon auszugehen, dass er die Kostenfestsetzung namens der Nebenklägerin begehrt (Meyer-Goßner, StPO, 56. Auflage, Rn. 2 zu § 464b).
Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Soweit das Landgericht Ulm die Festsetzung einzelner Positionen antragsgemäß vorgenommen hat, ist dies nicht zu beanstanden und entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Insbesondere sind auch die geltend gemachten Reise- und Tagegeldkosten als notwendige Auslagen ersatzfähig, da die Zuziehung gerade des tätigen Nebenklagevertreters zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gemäß §§ 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO, 91 Abs. 2 ZPO notwendig war, was sich schon in der gerichtlichen Beiordnung durch Beschluss vom 8. April 2013 widerspiegelt (dazu LG Neuruppin, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 11 Qs 89/12 -, [...]).
Soweit das Landgericht Absetzungen von den geltend gemachten Rahmengebühren vorgenommen hat, sind diese zu Unrecht erfolgt, da die Festsetzungen des Nebenklagevertreters gemäß § 14 Abs. 1 RVG jedenfalls nicht unbillig und mithin verbindlich sind.
Bezüglich der Grund- und Vorverfahrensgebühren VV Nr. 4100 und 4104 RVG ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber insoweit und anders als bei der gerichtlichen Verfahrensgebühr nich...