Leitsatz (amtlich)
Ein Beweismittel, das unter Verstoß gegen § 261 StPO im Urteil verwertet worden ist, ist nicht allein aus diesem Grund "neu" im Sinne von § 359 Nr. 5 StPO.
Normenkette
StPO § 359 Nr. 5
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Entscheidung vom 22.11.2011; Aktenzeichen 6 KLs 147 Js 85232/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 22. November 2011 wird als unbegründet
v e r w o r f e n .
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
I. 1. Der Beschwerdeführer wurde von der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts ..... am ..... wegen Steuerhinterziehung in 44 Fällen unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus Urteilen des Amtsgerichts ..... vom 26. Juli 2007 und 28. Juli 2009 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. 300 Stunden erbrachte gemeinnützige Arbeit wurden auf die Gesamtfreiheitsstrafe mit 75 Tagen angerechnet.
Das Landgericht legte seinem Urteil im Wesentlichen folgenden Sachverhalt zugrunde: Der Beschwerdeführer produzierte in seiner als Einzelunternehmen geführten Konzertagentur seit Anfang der Achtziger Jahre in Deutschland Musicals. Er beschäftigte mangels geeigneter deutscher Künstler überwiegend US-amerikanische Darsteller, Tänzer und Sänger in seinen Produktionen. Er behielt dabei in den Jahren 2000 - 2004 die Lohnsteuer aus Einkünften dieser US-amerikanischen Künstler, die er als Arbeitgeber - unter Einschaltung einer ..... GmbH zur Verschleierung der tatsächlichen Gegebenheiten -beschäftigt hatte, nicht ein und führte diese pflichtwidrig nicht an das Finanzamt ab. So hinterzog er in 44 Fällen Lohnsteuern in Höhe von insgesamt ca. ..... . Dabei verwendete er zu Beginn der Engagements für die Beschäftigung der US-amerikanischen Künstler US-amerikanische Arbeitsvertragsformulare in englischer Sprache, deren Inhalte dem deutschen Arbeitsrecht nicht entsprachen und die auf amerikanischen Gepflogenheiten basierten. Die Urteilsgründe des Landgerichts ..... geben, um die Verträge anschaulich zu machen, wörtlich einen exemplarischen Arbeitsvertrag für ein US-amerikanisches Ensemblemitglied ..... einer Musicalproduktion des Beschwerdeführers ..... sowohl in englischer Originalfassung als auch in deutscher Übersetzung ungekürzt über insgesamt 14 Seiten des Urteils wieder.
Gegen dieses Urteil des Landgerichts ..... legte der Beschwerdeführer am 21. April 2010 Revision ein, die ausschließlich mit der Verletzung sachlichen Rechts begründet wurde. Auf Antrag der Bundesanwaltschaft verwarf der Bundesgerichtshof am 08. Februar 2011 die Revision gem. § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet.
2. Am 27. Juli 2011 stellte der Beschwerdeführer durch seinen Verteidiger einen Antrag auf Zulassung der Wiederaufnahme des Verfahrens und begründete diesen gem. § 359 Nr. 5 StPO mit drei neuen Beweismitteln. Das Landgericht als zuständiges Wiederaufnahmegericht verwarf diesen Antrag mit dem angefochtenen Beschluss als unzulässig. Bezüglich aller drei im Wiederaufnahmeantrag angebotenen Beweismittel führte das Landgericht mit eingehender Begründung aus, diese könnten jeweils die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht rechtfertigen, da sie zumindest nicht geeignet seien, die in § 359 Nr. 5 StPO bezeichneten (für den Verurteilten günstigen) Rechtsfolgen herbeizuführen. Vom Standpunkt des erkennenden Gerichts aus, so das Landgericht ....., wäre das Urteil nicht anders ausgefallen, auch wenn die neuen Beweismittel bekannt gewesen bzw. eingeführt worden wären.
II. Die sofortige Beschwerde ist zwar zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat beitritt, den angebotenen Beweismitteln jeweils ihre Eignung, im Sinne von § 359 Nr. 5 StPO dem Beschwerdeführer günstige Rechtsfolgen herbeizuführen, abgesprochen.
1. Über die Ausführungen des Landgerichts hinaus bedarf nur noch Folgendes der ergänzenden Erörterung:
Der Beschwerdeführer sieht ein neues Beweismittel im Sinne von § 359 Nr. 5 StPO in einem "Mustervertrag" für ausländische Künstler vom November 2000 bzw. dessen deutscher Übersetzung aus dem Englischen, welche er seinem Antrag als Anlagen beigefügt hat. Bei diesem Beweismittel handelt es sich jedoch schon - vom Landgericht ..... bewusst offen gelassen - um kein neues Beweismittel i. S. d. § 359 Nr. 5 StPO.
a) Der im Wiederaufnahmeantrag vorgelegte "Muster-Künstlervertrag" betrifft den Künstler ..... und datiert vom 20. November 2000. Dieser Vertrag und seine Übersetzung sind vollkommen identisch mit den wörtlich und vollständig sowohl in der englischen Originalfassung als auch in der deutschen Übersetzung in den Urteilsgründen aufgeführten Schriftstücken (UA S. 12 - 25). Dies stellt, soweit ersichtlich, die Beschwerde auch nicht in Frage. Der Wiederaufnahmeantrag hält diesen Vertrag allerdings unter Bezugnahme auf Meyer-Goßner (StPO, 54. Aufl., § 359 Rn. 30) dennoch für "neu" i. S. d. § 359 Nr. 5 StPO, weil er "dem Urteil unter Verstoß gegen § 261 StPO ohne Erörterung in der Haup...