Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebrauchsregelung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein nicht mehr anfechtbarer Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung verliert seine Bestandskraft nicht dadurch, daß nach erneuter Beratung eine Abänderung abgelehnt wird (Abweichung von BayObLGZ 1975, 284, 286).
2. Der bestätigende Beschluß kann nur aufgehoben werden, wenn ein Anspruch auf Abänderung des fortwirkenden Erstbeschlusses bestand.
Normenkette
WEG §§ 21, 23, 43; BGB § 242
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 18.08.1987; Aktenzeichen 2 T 380/87) |
AG Ludwigsburg (Aktenzeichen GR I 306/86 WEG) |
Tenor
1. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Stuttgart vom 18.08.1987 wird
zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Gerichtskosten und hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner zu erstatten.
Beschwerdewert: |
3.000 DM. |
Gründe
Mit Mehrheitsbeschluß vom 26.05.1986 haben die Wohnungseigentümer der Miteigentümerin W. gestattet, die Türe ihres Ladens zum Treppenhausflur zur Klimatisierung offen zu halten. In der Wohnungseigentümer Versammlung vom 04.11.1986 haben sie mit vier Stimmen gegen eine dem Vorschlag des Verwalters zugestimmt, den Beschluß vom 26.05.1986 bestehen zu lassen.
Das Begehren des Antragstellers, den Eigentümerbeschluß vom 04.11.1986 für ungültig zu erklären, hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 24.03.1987 zurückgewiesen.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers wurde vom Landgericht mit Beschluß vom 18.08.1987 ebenfalls zurückgewiesen.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts hat der Antragsteller sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Diese ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg (§§ 43, 45 WEG, 27, 29 FGG, 550 ff ZPO).
1. Das Landgericht hat dargelegt, daß der Beschluß vom 26.05.1986 nicht mehr auf seine Rechtsmäßigkeit überprüft werden könne, für die allerdings viel spreche, weil er unanfechtbar sei und die getroffene Regelung nicht gegen zwingendes Recht verstoße. Da der Beschluß unanfechtbar sei und der Antragsteller keinen Anspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Änderung habe, könnte die Aufhebung des Beschlusses vom 04.11.1986 dem Antragsteller nicht zu dem von ihm Gewünschten verhelfen, weshalb bereits fraglich sei, ob der Antragsteller ein Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung dieses Beschlusses habe.
2. Im Ergebnis hat das Landgericht jedoch ein Rechtsschutzbedürfnis angenommen. Denn es hat den Beschluß des Amtsgerichts, mit dem der Antrag als unbegründet zurückgewiesen worden ist, nicht abgeändert. Das entspricht der Auffassung des Senats. Beschlüsse der Wohnungseigentümer können grundsätzlich im gerichtlichen Verfahren auf ihre Gültigkeit überprüft werden, §§ 23 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG. Da vorangehende gleichartige Beschlüsse nicht in jedem Fall die Gültigkeit der späteren bewirken, sollten ihre Auswirkungen erst im Rahmen der Begründetheit geprüft werden.
3. Die Gültigkeit des Beschlusses vom 04.11.1986 ergibt sich, wie vom Landgericht angedeutet, aus der Unanfechtbarkeit des mit ihm wiederholten Beschlusses vom 26.05.1986 und dem Fehlen eines Anspruchs des Antragstellers auf dessen Abänderung.
4. Nach § 21 Abs. 4 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Daraus folgt, daß bei Überprüfung der Gültigkeit eines Beschlusses die Bindung der Wohnungseigentümer an frühere Vereinbarungen und Beschlüsse zu beachten ist. Das gilt auch für einen früheren Beschluß, der, wie hier, inhaltlich mit dem jetzt angefochtenen voll übereinstimmt. Daß der Mehrheit der Wohnungseigentümer eine Aufhebung dieses früheren Beschlusses möglich gewesen wäre, ändert daran nichts. Entscheidend ist vielmehr, daß sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, sondern den früheren Beschluß und damit seine fortdauernde Verbindlichkeit bestätigt haben. Aus dieser weiterbestehenden Verbindlichkeit leitet sich die Gültigkeit des späteren Beschlusses ab. Für eine zusätzliche inhaltliche Überprüfung am Maßstab der ordnungsgemäßen Verwaltung ist –abgesehen von der unten zu erörternden Ausnahme– kein Raum.
Zwar wird in BayObLGZ 1975, 284, 286 die Meinung vertreten, eine erneute Beschlußfassung werde, wenn ein fortwirkender Beschluß bereits vorliege, regelmäßig dessen Bestandskraft beenden, weil bereits die Bereitschaft, über das alte Thema zu beraten und zu beschließen, den Willen beinhalte, es „nicht beim alten zu belassen”. Das BayObLG beruft sich dafür jedoch zu Unrecht auf KG, Rpfleger 1972, 62 und Weitnauer/Wirths, 5. Aufl., RN 8 zu § 23 WEG. Auch der Senat vermag die Auffassung nicht zu teilen, daß ein Beschluß, obwohl er nach erneuter Beratung bestätigt wird, gerade dadurch seine Bestandskraft verlieren soll. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte es vielmehr dabei verbleiben, daß Beschlüsse nur durch Aufhebung –sei es durch...