Leitsatz (amtlich)
1. Im Genehmigungsverfahren nach § 2 Abs. 1 S. 1 NamÄndG ist der Prüfungsumfang des Familiengerichts beschränkt. Das Familiengericht hat nicht zu prüfen, ob ein wichtiger Grund im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG vorliegt. Vielmehr darf die Genehmigung gem. § 2 Abs. 1 S. 1 NamÄndG nur dann versagt werden, wenn das Gesetz eine Namensänderung in jedem Fall untersagen würde, da diese zweifelsfrei nicht dem Kindeswohl entspricht (Anschluss an OLG Koblenz Beschluss vom 20.10.2014 - 13 WF 914/14 - und OLG Bremen Beschluss vom 25.07.2013 - 4 UF 100/13; Abgrenzung zu BGH Beschluss vom 9.11.2016 - XII ZB 298/15).
2. Es bestehen Bedenken, ob die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum wichtigen Grund im Sinne von § 3 NamÄndG in Pflegekindfällen der verfassungsrechtlichen Position der leiblichen Eltern gerecht wird (Abgrenzung zu OVG Schleswig Beschluss vom 09.09.2019 - 4 O 25/19 -, OVG Münster Beschluss vom 31.08.2010 - 16 A 3226/08 - und BVerwG Urteil vom 24.4.1987 - 7 C 120/86).
3. Diesen Bedenken kann im Genehmigungsverfahren nach § 2 Abs. 1 S. 1 NamÄndG nicht Rechnung getragen werden. Vielmehr ist von den Verwaltungsbehörden und -gerichten zu klären, ob an den vom Bundesverwaltungsgericht im Jahr 1987 entwickelten Grundsätzen festzuhalten ist, obwohl sich die rechtliche Situation der leiblichen Eltern im Falle einer Entziehung der elterlichen Sorge seither deutlich verändert hat.
Normenkette
NamÄndG §§ 2-3
Verfahrensgang
AG Tettnang (Beschluss vom 06.08.2019; Aktenzeichen 3 F 344/19) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Tettnang vom 6.8.2019 wird zurückgewiesen.
2. Von der Erhebung von Kosten für das Beschwerdeverfahren ist abzusehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 3.000 EUR
Gründe
I Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die familiengerichtliche Genehmigung eines Antrags auf Änderung des Familiennamens des betroffenen Kindes.
Der am XX.3.2015 geborene 4-jährige N. ist das Kind der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Mutter). Seit seiner Geburt lebt N. bei Pflegeeltern, den jetzigen Vormündern. Bisher haben keine Kontakte zwischen N. und seinen leiblichen Eltern stattgefunden. Mit Beschluss vom 24.4.2018 entzog das Amtsgericht - Familiengericht - den Eltern die elterliche Sorge. Mit Beschluss vom 9.10.2018 wurden die Pflegeeltern zu Vormündern für N. bestellt.
Mit Schriftsatz vom 19.6.2019 haben die Pflegeeltern beim Familiengericht einen Antrag auf Genehmigung eines Namensänderungsantrags gem. § 2 Abs. 1 S. 1 NamÄndG gestellt. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass sich N. voll und ganz mit dem Nachnamen der Pflegeeltern identifiziere und keinen Bezug zu seinem eigentlichen Nachnamen habe. Eine Namensänderung sei daher für das Kindeswohl förderlich.
Das Familiengericht hat die Eltern und das Jugendamt schriftlich angehört. Das Jugendamt unterstützt den Antrag und verweist darauf, dass das Pflegeverhältnis auf Dauer angelegt sei, und dass sich N. im Kindergarten immer mehr mit dem Namen der Pflegeeltern identifiziere. Es sei nicht ersichtlich, dass die Pflegeeltern ihn diesbezüglich beeinflussten, vielmehr handle es sich um den entwicklungstypischen Prozess eines vierjährigen Kindes. Die Mutter hat der Namensänderung widersprochen und darauf hingewiesen, dass sie die Pflegefamilie nicht kenne, und dass N. noch zu klein sei, als dass sein Nachname eine relevante Rolle spiele. Der Vater hat sich nicht geäußert.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 6.8.2019 hat das Amtsgericht - Familiengericht die Erklärungen der Pflegeeltern als gesetzliche Vertreter für N. zur Stellung eines Antrags auf Änderung des Familiennamens gem. § 2 NamÄndG gegenüber dem Landratsamt familiengerichtlich genehmigt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Familienname gem. § 3 Abs. 1 NamÄndG nur geändert werden dürfe, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertige. Die entsprechende Überprüfung erfolge jedoch durch die ständige Verwaltungsbehörde. Das Familiengericht dürfe im Verfahren über die familiengerichtliche Genehmigung nach § 2 Abs. 1 NamÄndG einem Änderungsantrag nicht in der Weise vorgreifen, dass eine Sachentscheidung der Verwaltungsbehörde nach § 3 Abs. 1 NamÄndG und eine Anrufung der Verwaltungsgerichte von vornherein unmöglich gemacht werde. Die Genehmigung nach § 2 Abs. 1 NamÄndG dürfe demnach nur verweigert werden, wenn das Gesetz eine Namensänderung in jedem Fall untersage, wenn also die Namensänderung zweifelsfrei nicht dem Kindeswohl entspreche. Seien demgegenüber Gründe des Kindeswohls gegeben, die für eine Namensänderung sprächen, weshalb eine Abwägung aller Umstände erforderlich sei, dürfe die Genehmigung nicht bereits im familiengerichtlichen Genehmigungsverfahren versagt werden. Vorliegend seien nachvollziehbare Gründe des Kindeswohls gegeben.
Gegen diesen ihr am 17.9.2019 zugestellten Beschluss wendet sich die Mutter mit ihrer am 20.9.2019 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde. Sie macht geltend, da...