Leitsatz (amtlich)
1. Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für einen Grundbuchberichtigungsanspruch nach der Europäischen GüterrechtsVO.
2. Der Erwerb von Immobilien in Deutschland durch einen Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Gütergemeinschaft nach polnischem Recht setzt grundsätzlich die Mitwirkung des anderen Ehegatten voraus.
3. Das Grundbuch ist allerdings nicht unrichtig, sofern der Kaufvertrag zwar während des bestehenden gesetzlichen Güterstands abgeschlossen, eine Gütertrennung allerdings durch eine spätere polnische gerichtliche Entscheidung auf einen Zeitpunkt vor Abschluss des Kaufvertrages angeordnet worden ist.
Normenkette
BGB § 894; Brüssel Ia-VO Art. 1 Abs. 1; EGBGB a.F. Art. 4 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1; EGBGB Art. 229 § 47; EuGüVO Art. 1 Abs. 2 lit. g, Art. 6 lit. b, Art. 69 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Besigheim (Beschluss vom 14.12.2023; Aktenzeichen 1 F 716/23) |
Tenor
1. a) Der Senat beabsichtigt, über die Beschwerde der Antragstellerin gemäß § 68 Absatz 3 Satz 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
Hierzu können die Beteiligten Stellung nehmen bis längstens 26.06.2024
b) Der Senat weist nach Vorberatung darauf hin, dass die Beschwerde keine Erfolgsaussicht aufweist.
Die Antragstellerin wird gebeten mitzuteilen, ob sie die Beschwerde aus Kostengründen zurücknimmt.
2. Der Senat beabsichtigt, nicht vor dem 12.07.2024 zu entscheiden.
Gründe
Zu Recht hat das Amtsgericht den Antrag auf Grundbuchberichtigung abgewiesen. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung.
1. a. Deutsche Gerichte sind international zuständig.
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist entgegen § 65 Abs. 4 FamFG stets vom Beschwerdegericht zu prüfen (BGH NJW 2022, 2403 Rn. 12, BGH FamRZ 2015, 2146).
Die internationale Zuständigkeit ergibt sich vorliegend aus Art. 6 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 2016/1103 des Rates zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung in Fragen des ehelichen Güterstands vom 24.06.2016 (im Folgenden EuGüVO) und nicht aus Art. 24 Nr. 1 der Verordnung (EU) Nr. 2015/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12.12.2012 (im Folgenden Brüssel Ia-VO). Nach dieser Vorschrift sind die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die unbewegliche Sache belegen ist, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz der Parteien für Verfahren, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, ausschließlich zuständig (forum rei sitae; zum Grundbuchberichtigungsanspruch vgl. EuGH NJW 2017, 315 Rn. 42).
Denn nach Art. 1 Abs. 2 lit. a Brüssel Ia-VO ist diese Verordnung nicht auf die ehelichen Güterstände anzuwenden. Dabei umfasst der Begriff der "ehelichen Güterstände" in Art. 1 Abs. 2 lit. a Brüssel Ia-VO alle vermögensrechtlichen Beziehungen, die sich unmittelbar aus der Ehe oder ihrer Auflösung ergeben (EuGH, Beschluss vom 14. Juni 2017 - C-67/17 -, Rn. 28, juris). Dem Anwendungsbereich der EuGüVO steht auch nicht Art. 1 Abs. 2 lit. g EuGüVO entgegen. Diese Bereichsausnahme erfasst lediglich eine besondere Fallkonstellation, wonach kein Mitgliedstaat verpflichtet sein soll, ein dingliches Recht an einem Gegenstand, der in seinem Hoheitsgebiet belegen ist, anzuerkennen, wenn die lex rei sitae dieses dingliche Recht nicht kennt (Erwägungsgrund Nr. 24 Satz 2). Der Erwerbsvorgang, also die sich aus dem ehelichen Güterstand ergebende Begründung oder Übertragung eines Rechts an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen, ist dagegen nicht vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen und richtet sich dementsprechend nach dem Güterstatut (Erwägungsgrund Nr. 24 Satz 1; MüKoFamFG/Mayer, 3. Aufl., Art. 1 EuGüVO Rn. 35).
Vorliegend geht es um die Rechtsfolgen eines Erwerbsvorgangs in Deutschland unter Geltung des maßgeblichen Güterrechtsstatuts und dem daraus resultierenden geltend gemachten Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB. Mithin ist die EuGüVO anwendbar, somit mangels Ergiebigkeit der Art. 4 und 5 EuGüVO Art. 6 lit. b EuGüVO aufgrund des weiterhin bestehenden gewöhnlichen Aufenthalts des Antragsgegners in Deutschland.
2. a) Nach § 894 BGB kann, wenn der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an einem Grundstück mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang steht, derjenige, dessen Recht durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird. Der Anspruch aus § 894 BGB richtet sich dabei auf Erteilung der im Grundbuchverfahren nach § 19 GBO formell-rechtlich erforderlichen Bewilligung zur Berichtigung des Grundbuchs (BGH, Urteil vom 8. März 2024 - V ZR 176/22 -, Rn. 21, juris). Unrichtig ist ein Grundbuch allerdings dann nicht mehr, wenn ...