Entscheidungsstichwort (Thema)

VKH in Gewaltschutzverfahren und einstweilige Anordnung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Solange in der obergerichtlichen Rechtsprechung streitig ist, ob einem Antragsteller für ein Hauptsacheverfahren mit dem Ziel einer Gewaltschutzanordnung Verfahrenskostenhilfe zu gewähren ist, wenn bereits in derselben Sache eine einstweilige Anordnung vorliegt, kann ein entsprechender Antrag nicht als willkürlich abgelehnt werden.

2. Die Regelung des § 56 Abs. 2 FamFG spricht ebenfalls dafür, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für das Hauptsacheverfahren nicht verneint werden darf.

 

Normenkette

ZPO § 114; GewSchG § 1; FamFG §§ 23, 49, 56 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Balingen (Beschluss vom 10.12.2009; Aktenzeichen 1 F 388/09)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengerichts - Balingen vom 10.12.2009 abgeändert.

Der Antragstellerin wird Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt K bewilligt.

 

Gründe

Das gem. § 76 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit den § 127 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel ist auch in der Sache begründet.

Ob einem Antragsteller für ein Hauptverfahren mit dem Ziel einer Gewaltschutzanordnung Verfahrenskostenhilfe zu gewähren ist, wenn bereits in der selben Sache eine einstweilige Anordnung vorliegt (hier vom 16.11.2009) ist streitig. Das Familiengericht hat unter Hinweis auf das fehlende Rechtsschutzbedürfnis Verfahrenskostenhilfe versagt und den Antrag für mutwillig gehalten. Dieselbe Ansicht vertritt das OLG Zweibrücken in einer Entscheidung vom 18.11.2009 (Aktenzeichen 2 WF 215/09, zitiert nach Juris). Demgegenüber verneint das OLG Hamm in einer Entscheidung vom 9.12.2009 (18 WF 274/09) eine Mutwilligkeit in einem derartigen Fall.

Damit haben zwei OLG unterschiedliche Auffassung vertreten mit der Folge, dass es sich um eine ungeklärte Rechtsfrage handelt, so dass die gem. § 114 ZPO erforderliche hinreichenden Erfolgsaussicht des Rechtsmittels nicht verneint werden kann, so dass Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen ist, ohne dass auf die Argumentation in beiden Entscheidungen im Einzelnen eingegangen werden müsste. Ergänzend weist der Senat auf die Vorschrift des § 56 Abs. 2 FamFG hin, wonach einstweilige Anordnungen dann außer Kraft treten, wenn der Antrag in der Hauptsache rechtskräftig abgewiesen ist. Danach erscheint ein Streit darüber, ob dies auch gilt, wenn ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für die Hauptsache abgewiesen wird, nicht ausgeschlossen, so dass auch aus diesem Grund Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen war.

Nachdem das Rechtsmittel sich als begründet erwiesen hat, fällt eine Gerichtsgebühr in der Beschwerdeinstanz nicht an. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2419049

FamRZ 2010, 1266

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