Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung. Sachverständigenablehnung

 

Verfahrensgang

LG Hechingen (Beschluss vom 18.02.1994; Aktenzeichen 2 O 444/91)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hechingen vom 18.2.1994 wird

zurückgewiesen

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Wert der Beschwerde: bis 30.000,– DM.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gemäß §§406 Abs. 5, 567 ff., 577 ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Sie bleibt sachlich aber ohne Erfolg, da Grund zur Annahme einer Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen Regierungsbaumeister … nicht besteht.

Nachdem das Landgericht durch Verfügung vom 15.12.1993 der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt hatte, zum Sachverständigengutachten noch bis 25.1.1994 Stellung zu nehmen, war sie prozessual gemäß § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht gehindert, das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen … wegen Besorgnis der Befangenheit noch in dieser am letzten Tag der Frist beim Landgericht Hechingen eingekommenen Stellungnahme anzubringen (OLG Koblenz NJW-RR 92, 1470; OLG Oldenburg MDR 1993, 1121), weil sich die Klägerin zur Begründung des Gesuches auf Umstände stützt, die sich erst aus dem Gutachten des Sachverständigen vom 15.10.1993 selbst ergeben (OLG Köln VersR 89, 210).

Die von der Klägerin bereits im Ablehnungsgesuch vom 25.1.1994 und erneut im Beschwerdeschriftsatz vom 9.3.1994 vorgebrachten Umstände, insbesondere die Wahrnehmung eines (weiteren) Termines zum Aktenstudium in den Räumlichkeiten der … am 25.6.1993 ohne (erneute) Benachrichtigung der Parteien, rechtfertigen eine Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit nicht. Der Senat schließt sich insoweit zunächst den Gründen der angefochtenen Entscheidung in vollem Umfang an und bemerkt ergänzend noch folgendes:

Auch wenn es, wie die Klägerin im Beschwerdeschriftsatz durchaus zutreffend bemerkt, nicht um die Feststellung geht, daß ein Sachverständiger tatsächlich befangen ist, sondern gemäß §§ 406, 42 Abs. 2 ZPO eine Ablehnung bereits dann möglich ist, wenn aus Sicht der Partei Besorgnis der Befangenheit besteht, muß dennoch nach der Formulierung des Gesetzes ein Grund vorliegen, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Anders ausgedrückt muß auch bei einer vernünftigen, nüchtern denkenden Partei die nachvollziehbare Befürchtung bestehen, der Sachverständige habe sich einseitig festgelegt und glaube den Angaben der einen Partei mehr als den Angaben der anderen (OLG München NJW 1992, 1569). Sieht man von Besonderheiten der Sachverständigentätigkeit im Arzthaftungsprozeß ab, bei denen der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit von Handlungen des Sachverständigen ganz oder teilweise durch das Persönlichkeitsrecht tangiert wird (OLG München NJW-RR 91, 896; OLG Köln NJW 1992, 1568), hat sich der gerichtliche Sachverständige grundsätzlich jedes einseitigen Kontaktes allein mit einer Partei zu enthalten und schafft er regelmäßig einen Ablehnungsgrund, sofern er etwa eine Orts- oder Sachbesichtigung in Anwesenheit nur einer der Parteien vornimmt, ohne den Prozeßgegner zu benachrichtigen und auch ihm die Teilnahme zu ermöglichen. Insbesondere wenn sich der Sachverständige dabei einseitig Informationen beschafft, kann dies Ansatz für die Besorgnis der Befangenheit bilden (so schon BGH NJW 1975, 1363; ebenso OLG Frankfurt FamRZ 86, 1021).

Derartiges ist dem Sachverständigen … jedoch nicht vorzuwerfen. Bereits aus dem gesamten angefallenen Prozeßstoff (einschließlich der Beweisaufnahme vom 10. September 1992, Bl. 88 ff.) wie auch aus dem der Beauftragung des Sachverständigen zugrundeliegenden Beweisbeschluß des Landgerichts vom 22. März 1993 (Bl. 206 f.) war zu entnehmen, daß die strittige Frage des von der Klägerin verlegten Baustahls möglicherweise ganz oder jedenfalls weitgehend anhand des Bautagebuches in Verbindung mit den Bewehrungsplänen ermittelt werden konnte. In derartigen Fällen, in denen weniger die Inaugenscheinnahme einer Sache selbst als vielmehr „neutrale” Dokumente o.ä. die Grundlage sachverständiger Tätigkeit bilden sollten, hat es die Rechtsprechung schon immer abgelehnt, nahezu schematisch aus der Kontaktaufnahme des Sachverständigen lediglich zu einer Prozeßpartei stets auch einen Grund für die Ablehnung des gerichtlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzuleiten (neben der bereits vom Landgericht im angefochtenen Beschluß zitierten Entscheidung des OLG München OLGZ 83, 355 = Rechtspfleger 83, 319 mit zahlreichen Nachweisen noch OLG Hamburg MDR 86, 153, OLG Düsseldorf NJW-RR 86, 740 und OLG München NJW-RR 89, 1088). Zusätzlich ist noch zu berücksichtigen, daß die Termine vom 23.4.1993 und vom 25.6.1993 nicht bei einer Partei, sondern in den Räumlichkeiten der Bauleitung der Arbeitsgemeinschaft … in … stattgefunden haben. Auch wenn insoweit eine größere Nähere zur Beklagten bestehen mag, kann dies bei d...

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