Leitsatz (amtlich)
Das Organ einer juristischen Person haftet bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht persönlich aus Delikt.
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Beschluss vom 10.01.2008; Aktenzeichen 3 O 330/07) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 16.1.2008 wird der Beschluss des Vorsitzenden der 3. Zivilkammer des LG Ravensburg vom 10.1.2008 - 3 O 330/07 - teilweise abgeändert:
Der Klägerin wird für folgende Anträge Prozesskostenhilfe bewilligt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.500 EUR zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle künftigen Schäden aus dem Vorfall vom 30.9.2006 zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden.
Ihr wird Rechtsanwalt L., Lä.-weg ..., ... zu den Bedingungen eines am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwaltes beigeordnet.
Die Klägerin hat keine Raten an die Landeskasse zu zahlen.
II. Im Übrigen werden der Prozesskostenhilfeantrag und die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten auf Schmerzensgeld in Anspruch und begehrt die Feststellung, dass der Beklagte ihr alle künftigen aus dem Unfallereignis resultierenden Schäden zu ersetzen hat.
Die damals 18-jährige Klägerin besuchte in der Nacht vom 29.9. auf den 30.9.2006 die Diskothek "R." in. Als ihre Bekannte gegen 0.30 Uhr einen Anruf erhielt, begab sich die Klägerin mit dieser nach draußen auf den Parkplatz der Diskothek. Dort trat die Klägerin auf einen im Boden eingelassenen Kanaldeckel (vermutlich aus Beton), der unter der Belastung zu Bruch ging, und stürzte in den Kanalschacht. Da sie in der Lage war, sich am oberen Rand der Kanalöffnung festzuhalten, konnte sie rasch aus dieser Situation befreit werden.
Die Klägerin trägt vor, der Beklagte sei Mieter und Betreiber der Diskothek. Sie ist der Auffassung, dass sich dieser aufgrund der Verletzung von bestehenden Verkehrssicherungspflichten ihr gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht hat. Von dem anwesenden Wachpersonal sei ihr gegenüber geäußert worden, dass die Brüchigkeit des Kanaldeckels jedem Mitarbeiter des Betriebs bekannt gewesen sei und man damit gerechnet habe, dass dieser Kanaldeckel irgendwann in sich zusammen fallen werde. Dies könne von den Zeugen O. und C. bestätigt werden. Der Schachtdeckel sei vor dem Unfall nicht ordnungsgemäß auf seine Stabilität hin überprüft worden. Es sei davon auszugehen, dass dieser vor dem Unfallereignis bereits äußerlich sichtbare Risse aufgewiesen habe. Sie habe von dem Sturz Schürfungen und Prellungen an beiden Beinen, insbesondere den Schienbeinen, erlitten und eine Beschwerdesymptomatik der tiefen Lendenwirbelsäule und der Brustwirbelsäule davon getragen. Durch die Narbenbildung im Beinbereich sei ihr Selbstwertgefühl erheblich gestört. Die körperlichen Beeinträchtigungen dauerten noch an. Aufgrund der erlittenen immateriellen Nachteile hält sie ein Schmerzensgeld i.H.v. 6.000 EUR für angemessen. Eine abschließende Bezifferung der Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche sei noch nicht möglich.
Der Beklagte hat geltend gemacht, er sei nicht passivlegitimiert. Mieterin und Betreiberin der fraglichen Diskothek sei die Firma P GmbH & Co. KG. Eine Verkehrssicherungspflicht treffe weder ihn noch die Mieterin, da der Eigentümer die Verkehrssicherungspflicht nicht mietvertraglich auf die Mieterin übertragen habe. Die Verkehrssicherungspflicht erstrecke sich nicht darauf, den Zustand der Kanaldeckel in regelmäßigen Abständen auf ihre Bruchsicherheit hin zu überprüfen. Er bestreitet die angeblichen Behauptungen des Wachpersonals. Bei täglichen Sichtkontrollen des Parkplatzgeländes beim Betreten des Diskothekenbetriebes seien keinerlei Auffälligkeiten festzustellen gewesen. Noch am Unfallabend sei vor Eröffnung des Diskothekenbetriebes eine Kontrolle des Parkplatzes durch das anwesende Personal der Diskothek durchgeführt worden, ohne dass sich hierbei Besonderheiten ergeben hätten. Die Unfallfolgen werden vom Beklagten mit Nichtwissen bestritten.
Das LG hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 23.11.2007 mit Beschluss vom 10.1.2008, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, zurück gewiesen. Gegen den am 15.1.2008 zugestellten Beschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer am 18.1.2008 beim LG eingegangenen Beschwerde. Zum Beweis der Erkennbarkeit der fehlenden Verkehrssicherheit des Deckels vor dem Unfallereignis beruft sich die Klägerin erneut auf die bereits benannten Zeugen und beantragt die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Dem Wachpersonal der Diskothek sei die Gefährdung der Stabilität des Deckels sogar positiv bekannt gewesen sei. Der Beklagte habe dies ebenfalls gewusst.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten mit Beschluss vom 28.1.2008 dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Selbst wenn Mitarbeitern die Brüchigkeit des Kanaldeckels vor dem U...