Verfahrensgang
AG Stuttgart (Beschluss vom 30.10.2019; Aktenzeichen 23 F 642/18) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stuttgart vom 30.10.2019 abgeändert.
1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin alle Männer mit vollständigem Namen und Adresse zu benennen, die der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Empfängniszeit, also in der Zeit vom 29.04. bis 27.08.1983, beigewohnt haben.
2. Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug trägt die Antragsgegnerin.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
IV. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin, ihrer Mutter, Auskunft über die Person ihres leiblichen Vaters.
Die Antragstellerin wurde am 1984 in ... geboren. Die am 1968 geborene Antragsgegnerin, die in problematischen Familienverhältnissen aufgewachsen war, bemerkte ihre Schwangerschaft erst im siebten Schwangerschaftsmonat. Sie besuchte zu diesem Zeitpunkt noch die Hauptschule in ... und verließ die Schule sodann in der siebten Klasse ohne Abschluss. Das Jugendamt brachte die Mutter mit ihrer Tochter in einem Mutter-Kind-Heim in ... unter. Danach lebte sie in einer Mädchen-WG in .... Die Antragstellerin wurde von den Eheleuten D. adoptiert.
Ein im Jahr 1985 durchgeführtes Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft gegen einen Herrn ... endete mit einer Abweisung des Feststellungsantrages. Ein Vaterschaftstest mit einem Herrn .... hat ergeben, dass auch dieser nicht der Vater der Antragstellerin ist.
Ende 2003 kam es auf Vermittlung des Jugendamts zu einem Treffen der Antragstellerin mit der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin wurde mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 19.03.2018 aufgefordert, Namen und Anschrift des leiblichen Vaters der Antragstellerin zu benennen. Nachdem die Reaktion der Antragsgegnerin keine Erkenntnisse erbrachte, hat die Antragstellerin das vorliegende Verfahren eingeleitet.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, sie habe gem. § 1618a BGB sowie § 242 BGB einen Rechtsanspruch darauf, die Identität ihres leiblichen Vaters zu erfahren. Entgegenstehende Interessen der Antragsgegnerin würden nicht bestehen. Die Antragsgegnerin habe ihr bei dem Gespräch im Dezember 2003 erklärt, dass sie wisse, wer ihr Vater sei, der Typ sei aber "ein Arschloch". Die Angaben der Antragsgegnerin, wonach sie sich nicht mehr daran erinnern könne, wer der Vater der Antragstellerin ist oder sein könnte, seien unglaubwürdig. Auch habe die Antragsgegnerin nicht alle ihr zumutbaren Anstrengungen unternommen, um an Informationen über den leiblichen Vater der Antragstellerin zu gelangen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die Antragsgegnerin zu verurteilen, der Antragstellerin den vollständigen Namen, Vorname, Nachname, Geburtsname und Adresse ihres leiblichen Vaters zu benennen, hilfsweise die Antragsgegnerin zu verurteilen, der Antragstellerin alle als ihre Erzeuger infrage kommende Männer mit Vornamen, Nachnamen, Geburtsnamen und Adresse zu benennen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Sie stellt den Anspruch ihrer Tochter auf Kenntnis ihres leiblichen Vaters ausdrücklich nicht in Frage. Sie erklärt jedoch, sie erinnere sich trotz größter Anstrengung nicht, mit wem sie während der Empfängniszeit Kontakt hatte und wer der Vater der Antragstellerin ist. Sie sei aufgrund ihrer schwierigen Kindheit und Lebensgeschichte psychisch angeschlagen und verweist hierzu auf eine sozialmedizinische Beurteilung der ...klinik in ... aus dem Jahr 2011. Bei dem Treffen mit der Antragstellerin im Jahr 2003 habe sie ihrer Tochter erklärt, sie erinnere sich nicht mehr, wer ihr "Erzeuger sein könnte".
Eine schriftliche Anfrage der Amtsrichterin beim Jugendamt des Landkreises ... brachte keine weiteren Erkenntnisse, da dort keine die Beteiligten betreffenden Unterlagen mehr vorhanden sind.
Das Amtsgericht hat aufgrund mündlicher Verhandlung mit Beschluss vom 30.10.2019 entschieden:
1. Der Antrag auf Auskunft wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Auf den Beschluss vom 30.10.2019 wird verwiesen.
Gegen diesen Beschluss, der ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 13.03.2020 zugestellt wurde, wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 20.03.2020 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 28.04.2020 zunächst beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Stuttgart vom 30.10.2019, Az.: 23 F 642/18, die Antragsgegnerin zu verurteilen, der Antragstellerin den vollständigen Namen, Vorname, Nachname, Geburtsname und Adresse ihres leiblichen Vaters zu benennen,
hilfsweise die Antragsgegnerin zu verurteilen, der Antragstellerin alle als ihre Erzeuger infrage kommende Männer mit Vornamen, Nachnamen, Geburtsnamen und Adresse zu benennen.
Sie verweist auf die Darlegungs- und Beweislast ...