Leitsatz (amtlich)
Unter dem Begriff „laufende Aufwendungen” des Vermieters im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 3 WiStG sind auch fiktive Eigenkapitalkosten in Höhe der marktüblichen Zinsen für erste Hypotheken zu berücksichtigen.
Verfahrensgang
Tatbestand
I.
Die Beklagten sind Eigentümer des Hauses … Straße 20 in … und haben mit Mietvertrag vom … 1980 die im dritten Obergeschoß (Dachgeschoß) links gelegene Wohnung an die Kläger vermietet für einen Mietpreis von 800,– DM zuzüglich Nebenkosten. Die Wohnung besteht aus drei Zimmern, Küche, einem Bad mit WC, eine Balkon, dazu gehören ein Kellerraum, ein Abstellplatz auf dem Speicher und drei Abstellkammern in der Wohnung; der mitvermietete Gartenanteil wird im Einverständnis der Kläger durch andere Mieter genutzt. Die Wohnfläche der nicht preisgebundenen Wohnung beträgt 92,8 m², die Abstellkammern unter der Dachschräge der Wohnung hat eine Fläche von insgesamt 10,13 m². Das Haus wurde im Jahre 1908 erbaut und 1964 modernisiert, die hier im Streit stehende Wohnung wurde 1980 vor Abschluß des Mietvertrages renoviert.
Die Kläger machen eine Mietzinsüberhöhung gemäß § 5 WiStG geltend. Sie haben von den Beklagten die Rückerstattung überhöhter Mietbeträge … für die bisherige Dauer des Mietverhältnisses verlangt und die gerichtliche Feststellung begehrt, daß der monatliche Mietzins ab 1.9.1985 DM 582,76 zuzüglich Nebenkosten betrage. Das Amtsgericht hat dem Feststellungsantrag entsprochen und der Zahlungsklage … teilweise stattgegeben.
Im Berufungsverfahren hat das Landgericht Stuttgart mit Beschluß vom 27.1.1988 dem Senat folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt.
Sind bei dem Begriff „laufende Aufwendungen” des Vermieters im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 3 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG) auch fiktive Eigenkapitalkosten in Höhe der marktüblichen Zinsen für erste Hypotheken zu berücksichtigen?
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage ist zulässig.
Die vorgelegte Rechtsfrage ergibt sich aus einem Mietvertragsverhältnis über nicht preisgebundenen Wohnraum. Nach Art. III Abs. 1 3.MRÄndG ist Zulässigkeitsvoraussetzung für den Erlaß eines Rechtsentscheids, daß die Rechtsfrage in einem engen inneren Sachzusammenhang mit dem materiellen Wohnraummietrecht steht (BGH RE vom 11.1.1984 BGHZ 89, 275). Diese Voraussetzung ist gegeben, denn von der Beantwortung der Rechtsfrage hängt die Höhe der festzustellenden monatlichen Miete ab. Die Rechtsfrage ist auch von grundsätzlicher Bedeutung und durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden.
III.
Der Senat bejaht die vorgelegte Rechtsfrage dahin, daß unter die „laufenden Aufwendungen” des Vermieters im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 WiStG auch fiktive Eigenkapitalkosten fallen, wobei grundsätzlich für die Miethöhe die Zulässigkeitsgrenze bei einem Zuschlag von 50 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete zu beachten ist.
Durch das Gesetz vom 20.12.1982 (BGBl. I Seite 1912) wurde in § 5 Abs. 1 WiStG Satz 3 neu eingefügt. Der dabei verwandte Begriff „laufende Aufwendungen” ist im Mietrecht in § 18 II. Berechnungsverordnung definiert. Danach fallen unter den Begriff „laufende Aufwendungen” Kapitalkosten und Bewirtschaftungskosten. Kapitalkosten umfassen nach § 19 II. Berechnungsverordnung die Eigenkapitalkosten und die Fremdkapitalkosten, das heißt die Kosten, die sich aus der Inanspruchnahme der Finanzierungsmittel ergeben. Über die Auslegung des Satzes 3 in Absatz 1 des § 5 WiStG herrscht im Schrifttum Streit, höchstrichterliche Entscheidungen zum Begriff der „laufenden Aufwendungen” des Vermieters im Sinne des § 5 WiStG sind soweit ersichtlich bisher nicht ergangen.
Es ist Sternel (Mietrecht. 3.Auflage 1988. Anm. III 65; MDR 1983, 362; ZMR 1983, 80) zuzugeben, daß der Gesetzeswortlaut nicht dazu zwingt, unter „laufenden Aufwendungen” des Vermieters im Sinne des § 5 WiStG auch den kalkulativen Ansatz von Eigenkapitalkosten zu erfassen. Bei der Gesetzesauslegung ist auf den Zweck des Gesetzes abzustellen. Durch das Gesetz vom 20.12.1982 sollte, wie schon seine Überschrift aufzeigt, das Angebot an Mietwohnungen erhöht werden. Wie sich aus der amtlichen Begründung ergibt (vgl. BT-DS 9/2079) wollte der Gesetzgeber mit der Wendung „zur Deckung der laufenden Aufwendungen” an die Bestimmungen der §§ 8 Abs. 1, 8 a, 8 b WohnBindG anknüpfen. Die für die Ermittlung der Kostenmiete im öffentlich geförderten Wohnungsbau geltenden Vorschriften sollten danach auch bestimmen, ob in nicht preisgebundenem Wohnraum die Miete zur Deckung der laufenden Aufwendungen erforderlich ist. Durch die Einfügung des Satzes 3 in § 5 Abs. 1 WiStG sollte die Geltung des § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 WiStG für die Fälle ausgeschlossen werden, in denen die monatliche Miete zwar die Wesentlichkeitsgrenze des Absatz 1 Satz 2 übersteigt, der Vermieter aber bei Berücksichtigung seiner laufenden Aufwendungen keinen Gewinn erzielt (vgl.BT-DS 9/2079 Seite 18). Der Vermieter von nicht preisgebundenem Wohnraum sollte nicht-schlechter gest...