Verfahrensgang
AG Reutlingen (Beschluss vom 06.05.2005; Aktenzeichen 3 F 385/05) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des AG Reutlingen vom 6.5.2005, 3 F 385/05 dahingehend abgeändert, dass die Kläger auf die Prozesskosten Raten in Höhe von 75 EUR zu zahlen haben.
2. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht ersetzt.
Gründe
Mit der Beschwerde wendet die Vertreterin der Staatskasse ein, den Klägern sei Ratenzahlung aufzuerlegen, weil nach Abzug der in § 115 ZPO bezeichneten Beträge noch ein einzusetzendes Nettoeinkommen der Mutter der Kläger in Höhe von 550 EUR verbliebe und die Mutter daher Prozesskostenvorschuss in Raten von 200 EUR bezahlen könne, so dass den Klägern in dieser Höhe Raten auferlegt werden könnten.
Das FamG hat in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 9.8.2005 dagegen errechnet, dass die vorzunehmenden Abzüge die Einnahmen der Mutter übersteigen, so dass von ihr keine Ratenzahlung und damit auch kein Prozesskostenvorschuss gefordert werden könne.
Die unterschiedliche Berechnung beruht lediglich auf dem Umstand, dass das FamG gegenüber der Berechnung der Beschwerdeführerin der Mutter Fahrtkosten in Höhe von 543 EUR statt 208 EUR, und für die Kinder einen Unterhaltsfreibetrag von 459 EUR statt 132 EUR zugestanden hat.
Die am 4.7.2005 beim AG Reutlingen eingegangene Beschwerde ist zulässig. Insbesondere wurde die Frist des § 569 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 127 Abs. 3 Satz 3 ZPO gewahrt, denn der angefochtene Beschluss wurde der Bezirksrevisorin erst am 29.6.2005 übersandt.
Die Beschwerde ist auch begründet.
Zur Ermittlung der Fähigkeit der Leistung von zumindest ratenweise zu leistendem Prozesskostenvorschuss durch der Mutter der Kläger sind dieser Fahrtkosten in Höhe von lediglich 208 EUR anzurechnen.
Sie wohnt zwar in Reutlingen in der Uhlandstraße und arbeitet in Stuttgart in der Lerchenstraße, die Strecke beträgt nach der Berechnung in www.routenplanung.de 43 km.
Aufgrund der Vorschrift des § 3 Abs. 4 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII kann bei den notwendigen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei Benutzung eines Kraftwagens ein pauschaler Betrag von 5,20 EUR für jeden vollen Kilometer, den die Wohnung von der Arbeitsstätte entfernt liegt, jedoch für nicht mehr als 40 km angesetzt werden. Hieraus ergibt sich der anzusetzende Höchstbetrag von 208 EUR.
Der Senat hält diesen für die Bewilligung von Sozialhilfe konzipierten Wert auch für die Frage der Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedenfalls für so lange anwendbar, wie ein berufstätiger Bedürftiger die Aufwendungen für diese Fahrten steuerlich zu seinen Gunsten noch geltend machen kann.
Für ihre drei von ihr betreuten Kinder ist der Mutter der Kläger ein Unterhaltsfreibetrag in Höhe von 459 EUR gutzuschreiben.
Bezüglich der ständig bei deren Mutter lebenden Kläger ist von den nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII Unterhaltsfreibeträgen von 266 EUR pro Kind auszugehen.
Hiervon ist der für die Kinder geleistete tatsächliche Unterhalt abzuziehen. Hierzu hatten die Kläger vorgetragen, der unterhaltsverpflichtete Vater habe unregelmäßig Unterhalt in Höhe von jeweils 200 EUR bezahlt; von Januar 2004 bis zur Klageeinreichung im April 2005 seien lediglich insgesamt Kindesunterhalt in Höhe von 3.310 EUR bezahlt worden, Das entspricht, wie auch das FamG errechnet hat, rund 103 EUR pro Kind und Monat. Diese sind vom Unterhaltsfreibetrag abzusetzen, so dass pro klagendem Kind 163 EUR verbleiben.
Da das weitere Kind der Mutter der Kläger nach deren unwidersprochenem Vortrag die halbe Zeit bei der Mutter von dieser versorgt wird und vom Vater kein Unterhalt gezahlt wird, kann ihr hierfür auch der halbe Unterhaltsfreibetrag für dieses Kind mit 133 EUR in Abzug gebracht werden, insgesamt also 459 EUR.
Damit errechnet sich das folgende einzusetzende Einkommen:
Einkommen 2.607 EUR
Erwerbstätigenfreibetrag 173 EUR
abzüglich Eigenbedarf 380 EUR
Fahrtkosten 208 EUR
Unterhaltsfreibetrag für drei Kinder 459 EUR
Miete 850 EUR
Nebenkosten 190 EUR
Versicherungen 124 EUR
verbleibt 223 EUR
Nach der Tabelle zu § 115 ZPO sind dann Raten in Höhe von 75 EUR zu leisten.
Da die Mutter der Kläger zur Ratenzahlung insoweit in der Lage ist, steht den Klägern ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen die Mutter zu, so dass sie dadurch in dieser Höhe zur Ratenzahlung fähig sind.
Soweit die Beschwerde keinen Erfolg hat, ist sie doch gem. § 2 GKG gebührenfrei.
Fundstellen
Haufe-Index 1801729 |
Die Justiz 2006, 236 |
OLGR-Süd 2008, 36 |
www.judicialis.de 2005 |