Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert für Unterlassungsklagen eines Verbraucherschutzverbands wegen unwirksamer AGB-Klauseln

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Senat bemisst den Streitwert bei Klagen eines Verbraucherschutzverbands, mit denen ein Anspruch gemäß § 1 UKlaG auf Unterlassung der Verwendung unwirksamer AGB-Klauseln geltend gemacht wird, regelmäßig mit 2.500 EUR pro beanstandeter Klausel.

2. Handelt es sich um Klauseln von herausragender Bedeutung für eine ganze Branche kommt je nach Lage des Einzelfalls die Festsetzung wesentlich höherer Werte in Betracht.

3. Stützt der Verbraucherschutzverband den Unterlassungsanspruch auch auf Bestimmungen des UWG (§§ 8; 3a UWG i. V. m. §§ 307 ff BGB), richtet sich der Streitwert nach dem satzungsgemäß wahrgenommenen Interesse der Verbraucher.

 

Normenkette

BGB § 307 ff.; GKG § 51; UKlaG §§ 1, 3; UWG §§ 3a, 8; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

LG Ulm (Beschluss vom 05.09.2017; Aktenzeichen 2 O 266/17)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägervertreter gegen den Beschluss des Landgerichts Ulm vom 05.09.2017 (Az. 2 W 35/17) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt als Verbraucherschutzverein von der Beklagten, ein Unternehmen zur Dach- und Fassadensanierung, die Unterlassung von insgesamt sechs AGB-Klauseln. Die Beklagte hat den Anspruch anerkannt. Im angegriffenen Beschluss hat das Landgericht den Streitwert auf 15.000,00 Euro festgesetzt, wobei jede Klausel mit 2.500,00 Euro bewertet wurde. Hiergegen richtet sich die Streitwertbeschwerde. Der Klägervertreter hatte eine Festsetzung von 3.000,00 Euro je Klausel beantragt.

II. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere liegt der Wert des Beschwerdegegenstandes über 200,00 Euro (§ 68 Absatz 1 GKG). Sie ist jedoch nicht begründet.

1. Der Streitwert in Verfahren nach dem Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz) orientiert sich regelmäßig an dem Interesse der Allgemeinheit am Unterbleiben des Gebrauchs der strittigen Klauseln. Um die Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Gemeininteresse eingeräumten Befugnis, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu befreien, vor unangemessenen Kostenrisiken zu schützen, hat die wirtschaftliche Bedeutung der Verbote, bestimmte Klauseln zu verwenden, bei der Bemessung der Beschwer hingegen keine ausschlaggebende Bedeutung (BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 - III ZR 390/16, juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 30. April 1991 - XI ZR 298/90, juris Rn. 2).

Bei einer herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer Klausel für die betroffenen Verkehrskreise liegt jedoch ein höherer Streitwert vor, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer bestimmten Klausel nicht nur für deren Verwender und die Vertragspartner, sondern für die gesamte Branche von wesentlicher Bedeutung ist, etwa weil es dabei um äußerst umstrittene verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite geht, über deren Beantwortung bereits vielfältig und mit kontroversen Ergebnissen gestritten wird (BGH, Beschluss vom 05. Februar 2015 - I ZR 106/14, juris Rn. 6; BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 405/12, juris Rn. 6).

Nur wenn es sich nicht um eine Verbandsklage nach den Bestimmungen des Unterlassungsklagegesetzes handelt, sondern um eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage, kommt es entscheidend auf das vom Kläger satzungsgemäß wahrgenommene Interesse der Verbraucher an, wobei einer geringen finanziellen Ausstattung durch eine Streitwertherabsetzung nach § 12 Absatz 4 UWG Rechnung getragen werden kann (BGH, Beschluss vom 15. September 2016 - I ZR 24/16, juris Rn. 11/13).

2. Unter Anwendung dieser Maßstäbe setzt der Bundesgerichtshof bei Verbandsklagen nach dem Unterlassungsklagegesetz den Streitwert regelmäßig mit 2.500,00 Euro pro angegriffener Teilklausel fest (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2015 - III ZR 64/15, juris Rn. 6; BGH, Beschluss vom 29. Juli 2015 - IV ZR 45/15, juris Rn. 3; BGH, Beschluss vom 06. März 2013 - IV ZR 211/11, juris Rn. 3). In Anbetracht dessen, dass der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung auch in jüngerer Zeit bekräftigt hat (BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 - III ZR 389/16, juris Rn. 6), ist der Streitwert im vorliegenden Fall durch das Landgericht zutreffend auf 15.000,00 Euro festgesetzt worden. Umstände, die eine abweichende Bewertung erfordern, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11556101

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