Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Tübingen vom 01.09.2022, Az. 7 O 50/22,

abgeändert:

Auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Tübingen vom 05.07.2022 sind von der Klägerin an die ehemalige Beklagte (...) zu erstatten:

EUR 596,43

nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 22.06.2022.

Im Übrigen wird der Kostenfestsetzungsantrag der ehemaligen Beklagten vom 21.06.2022

zurückgewiesen.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Im Übrigen trägt die ehemalige Beklagte die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: EUR 221,77

 

Gründe

Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin hat in der Sache Erfolg.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt ein Parteiwechsel innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens nie dazu, dass zwei Angelegenheiten im Sinne des § 7 Abs. 1 RVG vorliegen (BGH NJW 2007, 769). Ein Parteiwechsel rechtfertigt nur die einmalige Erhebung der in dem Rechtszug anfallenden Gebühren (§§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 RVG) unabhängig davon, ob der gemeinsame Rechtsanwalt gleichzeitig oder nacheinander für mehrere Auftraggeber in deselben Angelegenheit tätig wird (BGH a.a.O.; OLG Stuttgart/Senat AGS 2010, 7). Allerdings erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV RVG wegen der damit verbundenen Auftraggebermehrheit (BGH a.a.O.; OLG Stuttgart/Senat a.a.O.). Die von demselben Rechtsanwalt vertretenen Parteien sind kostenrechtlich als Streitgenossen zu behandeln (OLG Stuttgart a.a.O.). Bei der Beauftragung eines gemeinsamen Rechtsanwalts durch Streitgenossen kann der obsiegende Streitgenosse von dem unterlegenen Gegner nur in Höhe des seiner Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteils Erstattung seiner Kosten verlangen (OLG Stuttgart/Senat a.a.O., m.w.N.).

2. Demgemäß war im vorliegenden Fall eine gemäß Nr. 1008 VV RVG erhöhte Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG (1,3 + 0,3) nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer zugrunde zu legen (EUR 982,40 + EUR 20,00 + EUR 190,46), woraus sich rechnerisch ein Betrag von EUR 1.192,86 ergibt. Da die ehemalige Beklagte und die nunmehrige Beklagte in gleicher Höhe am Rechtsstreit beteiligt waren beziehungsweise sind, hat die ehemalige Beklagte einen Erstattungsanspruch in Höhe von EUR 596,43 (EUR 1.192,86 : 2).

Die angegriffene Kostenfestsetzung war entsprechend abzuändern.

Bei der weiteren, die nunmehrige Beklagte betreffenden Kostenfestsetzung nach Abschluss des Verfahrens wird die vorliegende Kostenfestsetzung, die bereits einen Teil der auf Beklagtenseite insgesamt angefallenen Anwaltskosten erfasst, zu berücksichtigen sein.

3. Das Beschwerdeverfahren ist, wie sich aus Nr. 1812 KV GKG ergibt, gerichtsgebührenfrei. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren auf § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 15972223

NJW-Spezial 2023, 539

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