Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschrift des § 31 VersAusglG setzt nicht voraus, dass der Tod eines Ehegatten zu einem Zeitpunkt eintritt, zu dem das Verfahren über den Versorgungsausgleich bereits anhängig war. Aus welchem Grund der Versorgungsausgleich zu Lebzeiten eines Ehegatten nicht durchgeführt wurde, ist unerheblich.
2. Ein extern zu teilendes rückstellungsfinanziertes Anrecht auf betriebliche Altersversorgung, aus dem der geschiedene Ehegatte zeitweise, von einem nach Ende der Ehezeit liegenden Zeitpunkt bis zum Tod, der vor Einleitung des Verfahrens nach § 31 VersAusglG eingetreten ist, eine Rente bezogen hat, ist auch im Rahmen des § 31 VersAusglG zu einem zeitnah zur Entscheidung über den Versorgungsausgleich liegenden Zeitpunkt oder vorausschauend auf den Zeitpunkt der mutmaßlichen Rechtskraft zu bewerten. Der an den Träger der Zielversorgung zu zahlende Kapitalbetrag ist nicht zu verzinsen.
Normenkette
VersAusglG §§ 14, 31
Verfahrensgang
AG Stuttgart-Bad Cannstatt (Beschluss vom 30.06.2022; Aktenzeichen 2 F 611/21) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der A. S. AG & Co. KG vom 21.07.2022 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stuttgart-Bad Cannstatt vom 13.06.2022 in Ziff. 1 Abs. 2 der Entscheidungsformel abgeändert.
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des verstorbenen Herrn M. P. bei der A. S. AG & Co. KG (Vers.- Nr. ...) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 4.986,00 Euro bei der Versorgungsausgleichskasse begründet, bezogen auf den 31.07.2023. Die A. S. AG & Co. KG wird verpflichtet, den Betrag von 4.986,00 Euro an die Versorgungsausgleichskasse zu zahlen.
II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils selbst.
III. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Das Amtsgericht - Familiengericht - Backnang hat mit am 02.11.1993 verkündeten Urteil die am ...1975 zwischen Frau B. P. und Herrn M. P. geschlossene Ehe in Anwendung türkischen Rechts geschieden. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin war dem Antragsgegner am 19.08.1993 zugestellt worden. Beide Ehegatten waren türkische Staatsangehörige. Der Scheidungsausspruch ist seit 07.12.1993 rechtskräftig. In dem Scheidungsurteil wurde ein Versorgungsausgleich nicht durchgeführt.
Der geschiedene Ehemann ist am ... 2018 in N., Türkei, verstorben. Er bezog seit 01.04.2013 eine Vollrente wegen Alters von der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern und seit 01.02.2013 eine Betriebsrente von der A. S. AG & Co. KG, seinem vormaligen Arbeitgeber.
Im vorliegenden Verfahren hat die geschiedene Ehefrau, die seit 01.05.2020 eine Vollrente wegen Alters für schwerbehinderte Menschen von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg bezieht, mit Antrag ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 24.03.2021 die Durchführung des Versorgungsausgleichs beantragt. Das Amtsgericht hat die Erben des Herrn P. am Verfahren nach § 31 VersAusglG beteiligt und Auskünfte der Versorgungsträger eingeholt. Hinsichtlich des Anrechts des verstorbenen Ehemanns auf betriebliche Altersversorgung bei der A. S. AG & Co. KG hat die Antragstellerin auf Anfrage des Gerichts keinen Zielversorgungsträger benannt. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 13.06.2022 den Versorgungsausgleich für die Ehezeit 01.04.1975 bis 31.07.1993 in Anwendung des § 31 VersAusglG durchgeführt und wie folgt entschieden:
1. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des verstorbenen Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern (Vers. Nr. ...) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 0,2083 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, bezogen auf den 31.07.1993, übertragen.
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der A. S. AG & Co. KG (Vers. Nr. ...) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 8.294,00 Euro bei der Versorgungsausgleichskasse nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung 3/83 in deren jeweiliger Fassung, bezogen auf den 31.07.1993, begründet. Die A. S. AG & Co. KG wird verpflichtet, diesen Betrag nebst 6 % Zinsen seit dem 01.08.1993 bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung an die Versorgungsausgleichskasse zu zahlen.
2. Von einer Erhebung der Gerichtskosten wird abgesehen. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens werden nicht erstattet.
Auf den Beschluss vom 13.06.2022 wird verwiesen.
Gegen diesen Beschluss, der ihr am 24.06.2022 zugestellt wurde, wendet sich die A. S. AG & Co. KG mit ihrer Beschwerde vom 21.07.2022, die am 25.07.2022, einem Montag, beim Amtsgericht eingegangen ist. Die A. S. AG & Co. KG beanstandet die Fassung des Ausspruchs zum Ausgleich des bei ihr begründeten Anrechts des verstorbenen Herrn P.. Sie wendet sich unter Hinweis auf die erfolgten nachehezeitlichen Rentenzahlungen insbesondere gegen die angeordnete Verzinsung des Ausgleichswerts. Sie wendet s...