Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 25.03.2022, Az. 6 O 376/21, wie folgt abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag Nr. ... im Zusammenhang mit der Schadennummer ... verpflichtet ist, die Kosten der außergerichtlichen und erstinstanzlichen Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Klagepartei gegen die V. AG aus dem Kauf eines Volvo V70 (FIN ...) und der unterstellten Manipulation der Abgassteuerung dieses Fahrzeugs aus einem Gegenstandswert von 16.559,62 EUR zu tragen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 5.119,00 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Deckung vom beklagten Rechtsschutzversicherer für die außergerichtliche und erstinstanzliche Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen gegenüber der V. AG im Zusammenhang mit dem Kauf eines Volvo V70 und einer unterstellten Manipulation der Abgassteuerung dieses Fahrzeugs.

Von der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 313 a Abs. 1, 544 Abs. 2 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Hauptsache Erfolg.

Dem Kläger ist der begehrte Deckungsschutz in der bei der Beklagten bestehenden Rechtsschutzversicherung für seine beabsichtigte Rechtsverfolgung im sog. Abgasskandal gegenüber der V. AG bis zu einem Gegenstandswert i.H.v. 16.559,62 EUR zuzusprechen, indes ist keine Freistellung von den außergerichtlichen Kosten auszusprechen.

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere begegnet der geltend gemachte Feststellungsantrag (Antrag Ziff. 1) keinen Bedenken (vgl. Schneider in Harbauer, ARB 9. Aufl. ARB 2010 § 20 Rn. 11).

2. Der Kläger kann von der Beklagten Deckungsschutz für die begehrte außergerichtliche und erstinstanzliche Wahrnehmung seiner Interessen gegenüber der V. AG für einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB beanspruchen (Berufungsantrag Ziff. 1). In der vom Kläger genommenen Rechtsschutzversicherung besteht ein Anspruch auf Rechtsschutz nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles, im Schadenersatz-Rechtsschutz von dem Schadenereignis an, das dem Anspruch zugrunde liegt.

Der Kläger hat - wovon mangels diesbezüglichen Bestreitens der Beklagten auszugehen ist - das Fahrzeug während des Bestehens des Versicherungsvertrags erworben (Datum des Kaufvertrages: 16.08.2019, Anl. K 4 Anlagenheft Klagepartei LG-eAkte).

3. In dem Erwerb des Fahrzeugs ist ein Rechtsschutzfall anzunehmen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 25.09.2002 - IV ZR 248/01 -, VersR 2002, 1503, juris Rn. 15) wird der Versicherungsnehmer nur solche Ursachen als für den Beginn des Versicherungsschutzes maßgebende Ereignisse verstehen, die der Schadensersatzpflichtige, gegen den er Ansprüche erhebt, zurechenbar gesetzt hat und die den Eintritt irgendeines Schadens, den er von diesem ersetzt bekommen will, nach der Lebenserfahrung hinreichend wahrscheinlich machen. Dies ist der Erwerb des Fahrzeugs. Zu diesem Zeitpunkt kann infolge einer unzulässigen Abschaltvorrichtung der Entzug der Betriebserlaubnis drohen, so dass mit einer Wertminderung zu rechnen wäre und damit mit einer nachteiligen Einwirkung auf die Vermögenslage des Klägers (vgl. dazu OLG Köln, Beschluss vom 30.03.2017 - 9 U 182/16 -, Rn. 5, zitiert nach juris).

Ob der Tatsachenvortrag des Versicherungsnehmers für den gegenüber dem Hersteller geltend zu machenden Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB schlüssig und beweisbar ist, ist für den Eintritt des Versicherungsfalls unerheblich. Diese Frage ist nur für die Erfolgsaussicht von Bedeutung (vgl. dazu nur BGH, Urteil vom 19.03.2003 - IV ZR 139/01 -, VersR 2003, 638, juris Rn. 9).

4. Eine Deckungsverpflichtung der Beklagten folgt für den vorliegenden Sachverhalt aus der hinreichenden Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung in dem Zeitpunkt der Bewilligungsreife.

a) Zwar ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass vorliegend kein hinreichender Vortrag zu einem Stichentscheid i.S.d. § 128 S. 1 VVG erfolgte, aus welchen eine Deckungsverpflichtung der Beklagten folgen würde. Insbesondere ist das Schreiben der Bevollmächtigten des Klägers vom 23.09.2021 (Anl. K 3 Anlagenheft Klagepartei LG-eAkte) nicht als ein solcher Stichentscheid zu qualifizieren. Denn es fehlt an einer vorhergehenden Deckungsablehnung der Beklagten (vgl. hierzu Langheid/Wandt/Richter, Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2017, VVG, § 128, Rn. 22, beck-online). In ihrem Schreiben vom 17.09.2021 (Anl. K 2 Anlagenheft Klagepartei LG-eAkte) führt die Beklagte ausdrücklich aus, dass sie zur "Prüfung der Kostenübernahme" noch Unterlagen und Informationen benötige. Eine abschließende Deckungsablehnung ist damit nicht verbunden.

b) Indes besteht für die von dem Kläger gegen die Herstellerin beabsichtigte Rechtsverf...

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