Entscheidungsstichwort (Thema)

Verstoß gegen das AGB-Gesetz

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 18.09.1984; Aktenzeichen 3 O 1438/64)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 18. September 1984 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn, 3 O 1438/84 Aw,

abgeändert.

a) Der Beklagten wird untersagt, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Verträge über die Erfassung, Verwaltung und Tilgung von Zahlungsverpflichtungen in Treuhandform zu verwenden oder sich darauf zu berufen, ausgenommen Verträge mit einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgeschäfts, mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder mit einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen:

„Für den Fall des Vertragsrücktritts oder Nichterfüllung verpflichten sich die Auftraggeber an die … GmbH einen pauschalierten Schadens- und Aufwendungsersatz von 25 % zu zahlen.”

b) Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, angedroht.

2. Die Beklagte trägt die Kosten Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert der Berufung:

5.000 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßer Aufgabe es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen und zu dessen Mitgliedern unter anderem die Verbraucherzentralen der Bundesländer gehören. Die Beklagte betreibt Finanzberatung und -Vermittlung sowie Treuhandverwaltung. In den Formularen der von ihr abgeschlossenen „Betreuungsverträge”, mit der Schuldner der Beklagten „zur weiteren Erfassung, Verwaltung und Tilgung ihre Zahlungsverpflichtungen in Treuhandform übergeben”, verwendet sie folgende vorformulierte Klausel:

„Für den Fall des Vertragsrücktritts oder Nichterfüllung verpflichten sich die Auftraggeber, an die … Gmbh einen pauschalierten Schadens- und Aufwendungsersatz von 25 % zu zahlen.”

Der Kläger hat diese Klausel als Verstoß gegen § 11 Nr. 5 Buchst. b AGBG beanstandet und deren Untersagung beantragt. Die Beklagte ist dem entgegengetreten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der sachlichen und rechtlichen Würdigung durch das Erstgericht sowie wegen der Anträge und der Einzelheiten des tatsächlichen Vorbringens in erster Instanz wird auf das am 18. September 1984 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn, Bl. 17–22, Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Er wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag, meint, daß der Erstrichter die obergerichtliche Rechtsprechung mißverstanden habe und beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und der Beklagten unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel zu untersagen, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel in bezug auf Verträge über die Erfassung, Verwaltung und Tilgung von Zahlungsverpflichtungen in Treuhandform in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden oder sich darauf zu berufen, sofern der Vertrag nicht mit einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes, mit einer Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen abgeschlossen wird:

„Für den Fall des Vertragsrücktritts oder Nichterfüllung verpflichten sich die Auftraggeber an die … GmbH einen pauschalierten Schadens- und Aufwendungsersatz von 25 % zu zahlen.”

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die von den Parteien im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg. Die beanstandete Klausel verstößt gegen § 11 Nr. 5 b AGBG und ist daher in vollem Umfang unwirksam.

1. Im Rahmen der hier gegebenen Unterlassungsklage gemäß §§ 13 ff AGBG ist die beanstandete Klausel, wie alle Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach einem objektiven Maßstab auszulegen, und zwar so, wie die an Geschäften mit der Beklagten typischerweise beteiligten Verkehrskreise sie verstehen können und müssen. Unklarheiten und Zweifel gehen zu Lasten des Verwenders, dem es allein obliegt, die von ihm verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen eindeutig und klar zu fassen. Da die Beklagte sich mit ihren Antragsformularen nicht an einen bestimmten, besonders sachkundigen Kundenkreis wendet, sondern die verschiedenartigsten Bevölkerungskreise als Kunden betreut, ist Maßstab für die Auslegung die Verständnismöglichkeit eines rechtsunkundigen Durchschnittskunden (BGHZ 79, 117, 119; BGH NJW 1983, 1320; WM 1978, 10, 11; ständige Rechtsprechung des Senats WRP 1981, 167; zuletzt Urteil vom 19. Oktober 1984, 2 U 39/84).

Ein solcher versteht die Klausel ihrem Inhalt nach als Schadenspauschalierung, welche ihm den Nachweis abschneidet, daß der Beklagten ein Schaden überhaupt nicht oder ein geringerer Schaden ...

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