Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustandekommen eines Maklervertrages im elektronischen Rechtsverkehr
Leitsatz (amtlich)
1. Ein im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossener Maklervertrag kommt nur zustande, wenn der Makler die Schaltfläche für die Abgabe der Bestätigung des Maklerkunden, das Angebot auf Abschluss eines Maklervertrages anzunehmen, gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern "zahlungspflichtig bestellen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet hat.
2. Bei Vorliegen eines Vertragsschlusshindernisses gem. § 312j Abs. 4 BGB ist der Maklervertrag zunächst schwebend unwirksam und kann durch ein späteres Verhalten des Maklerkunden wirksam bestätigt werden.
Normenkette
BGB §§ 312j, 652
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 28.11.2022; Aktenzeichen 30 O 28/22) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.11.2022, Az. 30 O 28/22, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 29.303,75 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.10.2021 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 29.303,75 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um einen Maklerlohnanspruch.
1. Die Klägerin ist unter anderem als Immobilienmaklerin tätig.
Die damalige Eigentümerin des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Im ... 6 in K., U. F., erteilte der Klägerin am 15.06.2021 einen Auftrag zum Nachweis von Kaufinteressenten bzw. zur Vermittlung eines Kaufvertrags für das Objekt. Die Klägerin inserierte das Objekt auf den Internet-Websites ...24.de und ...welt.de.
Zu einem nicht genannten Zeitpunkt meldete sich der Beklagte telefonisch bei dem in den Inseraten als Ansprechpartner angegebenen Mitarbeiter der Klägerin T. H. und bat um Rückruf. In der Folge kam es zu einem Telefonat zwischen dem Beklagten und T. H., in dem der Beklagte um weitere Informationen über das Objekt bat.
Am 06.08.2021, 10:38 Uhr, erhielt der Beklagte eine E-Mail (K2), in der ihm mitgeteilt wurde, dass er jetzt das vollständige Web-Exposé für das Objekt Im ... 6 aufrufen könne. Es wurde in der E-Mail auf eine Käuferprovision von 3,57% hingewiesen.
Der Beklagte sendete am 06.08.2021, 10:54 Uhr, eine E-Mail (K6) an T. H., in der er sich für die Zusendung des Exposés bedankte und erklärte, einen Besichtigungstermin ausmachen zu wollen.
Am 06.08.2021 gegen 15:30 Uhr kam es zu einem Besichtigungstermin, an dem der Beklagte, T. H. und U. F. teilnahmen.
Der Beklagte sendete am 06.08.2021, 16:27 Uhr, eine E-Mail (K2) an T. H., in der er sich für die Besichtigung bedankte und um weitere Unterlagen zur "finalen Prüfung" bat. T. H. übersendete dem Beklagten mit E-Mail vom 06.08.2021, 17:05 Uhr (K2), weitere Unterlagen.
Mit E-Mail vom 09.08.2021, 09:34 Uhr (K2), übersendete der Beklagte T. H. ein Angebot über den Kauf des Objekts zu einem Kaufpreis von 900.000,00 EUR zur Weiterleitung an U. F.. Mit E-Mail vom 10.08.2021, 10:47 Uhr (K6), teilte T. H. dem Beklagten mit, dass U. F. das Angebot abgelehnt habe.
Aufgrund einer Beschwerde des Beklagten übernahm in der Folge die Mitarbeiterin der Klägerin C. E. die zuvor von T. H. wahrgenommene Betreuung des Beklagten.
Mit E-Mail vom 27.08.2021 (B7) an U. F. und an C. E. unterbreitete der Beklagte ein Angebot über den Kauf des Objekts zu einem Kaufpreis von 985.000,00 EUR. Mit E-Mail vom 01.09.2021, 12:06 Uhr (K12), übersendete der Beklagte C. E. eine von ihm unterzeichnete Reservierungsvereinbarung.
Mit E-Mail vom 01.09.2021, 14:44 Uhr (K12), bedankte sich C. E. für die Übersendung der Reservierungsvereinbarung. Gleichzeitig übermittelte C. E. dem Beklagten eine vorformulierte "Vermittlungs- bzw. Nachweisbestätigung" (K14) in Dateiform mit der Bitte, diese Bestätigung unterschrieben zurückzureichen. In der "Vermittlungs- bzw. Nachweisbestätigung" wird unter anderem Folgendes ausgeführt:
"Die [Klägerin] hat [dem Beklagten] wunschgemäß die Möglichkeit zum Kauf der folgenden Immobilie nachgewiesen bzw. vermittelt. [...]
1. Diese Bestätigung ist keine Ankaufsverpflichtung. Nur wenn das Objekt gekauft wird, wird der Interessent für den Nachweis oder die Vermittlung einer Provision von 2,98 % (inkl. 19 % MwSt.) vom Gesamtkaufpreis an die Sparkasse bezahlen.
2. Der Anspruch auf die Provision entsteht und ist fällig mit Abschluss des notariellen Kaufvertrages [...].
3. Der Interessent bestätigt, den Maklervertrag Interessent, die Informationen für den Verbraucher, die Widerrufsbelehrung, die Datenschutzhinweise so...